Wache in Schwerte unterbesetzt

Frau schlägt Kind - und Polizei kann nicht kommen

Eine Frau schlägt am Montagabend in Schwerte ein Kind mit der Faust ins Gesicht, das daraufhin aus Nase und Mund blutet. Ein Mann wird Zeuge und ruft die Polizei. Am Telefon sagen ihm die Beamten jedoch, dass kein Streifenwagen zur Verfügung stehe. Wir haben bei der Polizei nachgefragt, wie das sein kann.

SCHWERTE

, 30.05.2017 / Lesedauer: 3 min

Polizeiautos vor der Schwerter Wache an der Hagener Straße.

Wer in Schwerte abends die Polizei ruft, bekommt nicht zwangsläufig direkt Hilfe. Der Grund ist schlicht die knappe Personalausstattung. Wie viele Streifenwagen abends im Einsatz sind, will die Polizei nicht sagen. Fest steht, dass es manchmal nicht genug sind.

Diese Erfahrung musste ein Schwerter Familienvater am Montagabend am Olympia-Grill an der Schützenstraße machen. Neben ihm warteten noch weitere Kunden auf ihre Bestellung. Darunter auch zwei Frauen in Begleitung von Kindern, erzählte der Zeuge am Dienstag im Gespräch mit unserer Redaktion. 

Mit der Faust ins Gesicht

Eine der beiden Frauen sei mit einem zwischen fünf und sieben Jahre alten Jungen in Streit geraten. Der Streit schaukelte sich hoch und die Frau schlug das Kind mit der Faust ins Gesicht. „Der Junge blutete sofort aus Nase und Mund“, so der Zeuge. Während er dazwischen ging, ließen sich die anderen Anwesenden nichts anmerken.

Jetzt lesen

Das andere Kind habe ihn noch beschimpft, ein junger Mann mit seiner Bestellung eilig den Grill verlassen. Während die Frau seelenruhig ihre Bestellung abholte und später auch wegfuhr, wollte der Zeuge die Polizei rufen.

"Es gibt nur einen Streifenwagen und der ist derzeit im Einsatz"

An der Leitstelle erhielt er die Auskunft: „Das tut uns leid. Es gibt nur einen Streifenwagen und der ist derzeit im Einsatz.“ Die Beamten empfahlen dem Mann, zur Wache zu gehen und den Vorfall anzuzeigen.

Man könne auch einen Wagen aus Dortmund rufen, das könne aber dauern. Als die Polizei nicht kam, fotografierte der Zeuge das blutende Kind, die Frau und das Kennzeichen ihres Autos und erstattete auf der Wache Anzeige.

„Dort hat man mich freundlich behandelt“, so der Familienvater, der selbst zwei kleine Kinder hat. Man habe ihm gegenüber erklärt, dass die Beamten selbst mit der personellen Ausstattung unzufrieden seien. Polizeisprecherin Ute Hellmann bestätigte am Dienstag die Anzeige. Man ermittele wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Die Halterin des Fahrzeugs sei bereits gefunden.

Jetzt lesen

Sie lobte den Zeugen ausdrücklich. Er habe richtig gehandelt und die Fotos würden bei der Ermittlung helfen. „Das Jugendamt der Stadt Schwerte wurde ebenfalls eingeschaltet“, so Hellmann. Die Frau werde zur Vernehmung einbestellt.

Die Polizeisprecherin bestätigte ebenfalls, dass man an diesem Abend keinen Streifenwagen zum Tatort schicken konnte. Wenn mehr Einsätze eingehen, als Autos vorhanden sind, müsse die Leitstelle abschätzen, welcher Einsatz vorrangig sei.

"Kinder werden im Stich gelassen"

Wie viele Streifenwagen abends in Schwerte im Einsatz sind, dazu wollte die Polizeisprecherin am Dienstag aus taktischen Gründen nichts sagen. Die Ehefrau des Zeugen hat jedenfalls eine deutlich Meinung zu diesem Thema: „Ich bin zutiefst erschüttert. Dort muss sich dringend was ändern. Kinder werden im Stich gelassen“, formulierte sie in einer E-Mail, in der sie die Redaktion auf den Vorfall aufmerksam machte.

So haben wir weiter berichtet:

Jetzt lesen

 

 

Unser Redaktionsleiter Heiko Mühlbauer kommentiert das Thema:

Sicherheitsgefühl und Blitzermarathon

Natürlich hat Innere Sicherheit viel mit Empfindungen zu tun. Und natürlich ist es nicht billig, sich Polizisten zu leisten, die in einer kleineren Stadt vielleicht mal gerade nichts zu tun haben. Aber wer die Polizei ruft, um festzustellen, dass die gerade nicht kommen kann, dessen Sicherheitsgefühl sinkt schnell, deutlich und zu Recht.

Vor allem nachts und an Feiertagen kommt es immer wieder dazu, dass man telefonisch von der Polizei aufgefordert wird, selbst zur Wache zu fahren. Aber auch dort ist die Personaldecke offensichtlich dünn, und so mancher Anzeigenkunde verbringt dann einige Zeit in dem nicht gerade schmuckvollen kleinen Warteraum vorm Pförtner.

Und wenn man nach geraumer Wartezeit dort endlich fertig ist und auf dem Heimweg an einer Reihe von Polizisten vorbeifährt, die gerade mit dem Blitzermarathon beschäftigt sind, dann ist der erste Gedanke nicht: Ich fühle mich jetzt im Verkehr sicherer.