Für das Walzwerk von Hoesch Schwerter Profile gibt es einen Interessenten.

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Welche Chancen bietet der Hoesch-Kauf, wie will die Stadt ihn finanzieren?

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Die Stadt will das 250.000 Quadratmeter große Hoesch-Gelände kaufen und damit helfen, die Arbeitsplätze zu retten. Was hinter den Plänen steckt, und wie die Chancen zur Umsetzung sind.

Schwerte

, 13.01.2021, 17:10 Uhr / Lesedauer: 3 min

Was noch vor wenigen Wochen undenkbar schien, rückt jetzt in greifbare Nähe. Für die Arbeitsplätze der insolventen Firma Hoesch Schwerter Profile gibt es Hoffnung. Noch ist nicht alles ausverhandelt, aber die Stadt spielt bei dem Rettungsplan eine wichtige Rolle.

Am Dienstagabend beschloss der Rat in einer nicht öffentlichen Sitzung, dass die Stadt das Firmengrundstück kaufen solle. Der Kauf ist ein wichtiger Eckpunkt in den Sanierungsplänen.

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Bereits Mitte Dezember hatte die Stadtspitze Kontakt mit dem Insolvenzverwalter, einer Anwaltskanzlei aus Dortmund, aufgenommen. Dabei erfuhr man überraschenderweise, dass es einen Sanierungsplan für das Walzwerk gebe und man kurz vordem Durchbruch sei.

Die Stadt hatte sich zwar ein Vorkaufsrecht über die Grundstücke per Satzungsbeschluss gesichert, wollte aber lieber aktiv an den Verhandlungen teilnehmen. Und lotete bereits seit dem 20. Dezember 2020 die Möglichkeiten aus.

Neue Firma will nur das Walzwerk betreiben

Denn das Interesse für das Grundstück passte letztlich auch gut zu den Plänen der Sanierer. Das Walzwerk wollten nämlich die zwei Gabelstaplerfirmen Jungheinrich und KION, börsennotierte große Unternehmen, die auch Kunden beim Walzwerk sind, übernehmen und weiterbetreiben.

Aus Unternehmenskreisen hieß es: Man habe schon länger wieder relativ volle Auftragsbücher. Die Kunden, die bereit seit rund 30 Jahren von Hoesch Profile bezogen, hätten offensichtlich keinen geeigneten Ersatzlieferanten gefunden.

Auch städteplanerisch bietet der Kauf Chancen

Allerdings will das neuen Firmenkonsortium zwar das Walzwerk mit seinen rund 200 Beschäftigten übernehmen, nicht aber das Grundstück. Das sollte eine Immobilienfirma machen. Nun bewirbt sich aber auch die Stadt um den Kauf. Einzigartig sei das – zumindest im weiten Umkreis, sagt Bürgermeister Dimitrios Axourgos. Eine Stadt kauft ein Industriegrundstück, um Arbeitsplätze zu sichern.

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Doch der Verkauf, wenn er denn über die Bühne geht, hat für die Stadt Schwerte weitere Vorteile. Das 250.000 Quadratmeter große Areal, von der Innenstadt bis nach Wandhofen bietet städteplanerisch auch weitere Chancen. Schließlich reicht es von der geplanten neuen Sportanlage in Wandhofen bis zur Beckestraße.

„In Wandhofen könnte man einen Teil des Geländes an die Wirtschaftsförderung abtreten“, so Stadtplaner Christian Vöcks auf Anfrage. 9000 Quadratmeter könnten dort, als Gewerbefläche vermarktet werden. Und auch auf das historische Verwaltungsgebäude am Eingang zum Hoesch-Gelände an der Eisenindustriestraße könnten die Käufer des Walzwerks verzichten.

Das Verwaltungsgebäude an der Eisenindustriestraße will der künftige Betreiber des Walzwerks nicht nutzen.

Das Verwaltungsgebäude an der Eisenindustriestraße will der künftige Betreiber des Walzwerks nicht nutzen. © Reinhard Schmitz

Erbpachtvertrag soll auf zehn Jahre angelegt sein

Sie wollen nämlich das Walzwerkgelände in Erbpacht übernehmen. Zehn Jahre mit Verlängerungsoptionen sollen ausgehandelt werden. Auch wenn die Vorzeichen gut sind, steht das ganze noch unter einigen Vorbehalten. So muss die Übernahme kartellrechtlich in der EU, der Türkei und China genehmigt werden. Und die Stadt muss zusehen, dass man sich beim Kaufpreis so einigt, dass man kein Loch in die Stadtkasse reißt.

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Dass man auch bei klammen Kassen ein derart großes Grundstück erwerben kann, liegt vor allem daran, dass städtische Haushalte Immobilienbesitz auf der Habenseite aufführen dürfen, und so der Kauf nicht die Bilanz belastet. Im Optimalfall könne der neue Kämmerer, Niklas Luhmann, durch den Kauf sogar ein Plus für die Stadtkasse verbuchen, hieß es.

Kaufen will übrigen die Stadt selbst und nicht ihre Immobiliengesellschaft. Allerdings wolle man mit den städtischen Töchtern gemeinsam vielleicht später eine Projektgesellschaft gründen. Schließlich gilt es riesige Flächen zu erhalten.

Die Stadt Schwerte will das Hoesch-Grundstück kaufen.

Die Stadt Schwerte will das Hoesch-Grundstück kaufen. © Bernd Paulitschke

Stadt hofft auch auf Zukunft weiterer Werksteile

Mit einer Rettung des Walzwerks hätte man zwar einen großen Teil der verbliebenen Hoesch-Arbeitsplätze gerettet, aber nicht alle. Die Stadt Schwerte strebe auch die Weiterführung anderer Betriebsteile wie Presswerk, Ziehwerk und Technikum an.

„Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht versprechen, dass uns das gelingen wird. Aber wir werden auch hier alles geben, um die Hoffnung auf eine Weiterführung erfüllen zu können“, so Axourgos.

Um sowohl bei der Suche von möglichen Investoren als auch bei einer möglichen Flächenentwicklung größtmögliches Knowhow zur Verfügung zu haben, soll eine Form der Zusammenarbeit mit Projektpartnern wie Wirtschaftsförderung, IEG und den Stadtwerken Schwerte ausgelotet werden. Die Zustimmung des Rates zu diesen Plänen bezeichnete Dimitrios Axourgos als „Meilenstein“.

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In einer Presseerklärung der Stadt, die am Mittwochnachmittag (13.1.) veröffentlicht wurde heißt es: „Mit seiner positiven Entscheidung stellte der Rat fest, dass die positiven Aspekte und die damit verbundenen Chancen größer sind als Risiken, die mit dem Erwerb des Grundstücks einhergehen.“

Diese Ansicht teilt auch Christian Vöcks, Technischer Dezernent der Stadt Schwerte. „Im Ergebnis überwiegen sehr eindeutig die Chancen, zumal es eine Kaufmöglichkeit dieser großen und zentralen Fläche in absehbarer Zeit nicht noch einmal geben wird und die Stadt die weitere Entwicklung aktiv mitgestalten kann“, sagte er.

Schließlich sei die Fläche komplett als Industriegebiet ausgewiesen. Wenn ein Käufer dort einen Logistikunternehmen eröffnen wolle, bekäme die Stadt schnell Probleme.

Im Juni war Hoesch eigentlich schon Geschichte

Im Juni 2020 hatte der Insolvenzverwalter erklärt, dass der Betrieb vermutlich im Mai 2021 eingestellt werde. Die verbliebenen 330 Mitarbeiter wurden vorsorglich gekündigt, etwa 130 von ihnen auch sofort frei gestellt.

Eigentlich sollten nur noch die letzten Aufträge abgearbeitet werden. Doch das entpuppte sich als Trugschluss. Denn die Kunden für die Profile, die überwiegend beim Bau von Gabelstaplern eingesetzt werden, blieben erhalten.

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