Im November 2006 wurde an der Beckestraße der Grundstein zur Moschee gelegt. Ein großes Ereignis war das damals mit vielen Ehrengästen und Gratulanten. Gelobt wurde damals immer wieder, dass in Schwerte verhältnismäßig geräuschlos eine Moschee gebaut wurde, während das anderswo hoch strittig diskutiert wurde. Schließlich bestand die Diyanet-Gemeinde damals bereits seit mehreren Jahrzehnten.
2016 erste Risse
Und zunächst gingen auch etliche Jahre ins Land, in denen die Gemeinde an interkulturellen Festen genauso teilnahm wie bei Aktionen wie Schwerte putzt. Doch 2016 zeigten sich erste Risse im Verhältnis. Im Juli war es in der Türkei zu einem Putschversuch gekommen. Als Urheber hatte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan den Prediger Fethullah Gülen ausgemacht. Der lebte zwar in den USA, hatte aber auch in Deutschland Anhänger. Der türkische Geheimdienst übergab den deutschen Behörden Listen mit Verdächtigen.
Auf einer dieser Listen befand sich nach eigener Aussage der Schwerter Engin Izgi. Er sei zwar Sympathisant von Gülens Ideen, aber stehe der Bewegung nicht nahe. Gleichzeitig kam es zu Reibereien zwischen Aleviten, Christen und der Moschee-Gemeinde, die bis September 2016 gemeinsame interreligiöse Friedensgebete organisiert hatten. Izgi wurde bei einer dieser Veranstaltungen der Zutritt zur Moschee an der Hagener Straße verwehrt.
Bei Diyanet hatte man das zunächst als „Unglücksfall“ gewertet. Aber schon im März 2017 zog sich die Gemeinde komplett aus den Friedensgebeten zurück. Ausschlaggebend war angeblich die Anweisung des JVA-Pfarrers, sich die Hände zu reichen. Eine Geste, die für Muslime, die in der Moschee ja nach Geschlechtern getrennt beten, in diesem Zusammenhang undenkbar sei. Bei der Moschee-Gemeinde wurde das als mangelnde Achtung vor ihrer Religion gewertet.
„Bespitzelungssystem“?
Längst wurde Engin Izgi auch der Zutritt zur Moschee an der Beckestraße verwehrt. Der tat das wiederum auf sozialen Netzwerken kund und warf der Gemeinde eine große Nähe zum türkischen Staat vor und beklagte sich, dass es hier vor Ort ein Bespitzelungssystem gebe.
Das bestätigten damals auch andere türkischstämmige Schwerter bei RN-Recherchen. Gegner Erdoğans und mutmaßliche Gülen-Anhänger würden in Schwerte regelrecht verfolgt. Der Besitzer eines Döner-Grills habe sein Geschäft schließen müssen, andere bangten darum, nicht mehr in die Türkei einreisen zu dürfen. Seitens der Gemeinde wurde das abgestritten. Man sei kein politischer Verein.
Streit im Integrationsrat
Im Integrationsrat kam es im Februar 2019 zum Eklat: Die CDU-Vertreter um Jürgen Paul erhoben Vorwürfe gegen die Diyanet-Gemeinde, auch weil man gegen Izgi beim vergangenen 23-Nisan-Fest auf dem Rohrmeisterei-Gelände vorgegangen sei und sich geweigert habe, ihm dort Speisen zu verkaufen. Die CDU verließ den Integrationsrat. Daraufhin wurde Paul in sozialen Netzwerken Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen. Die CDU kehrte bereits einen Monat später in Person von Egon Schrezenmaier in das Gremium zurück.
Krach mit der CDU
Während der Kommunalwahl 2020 kam es dann innerhalb der CDU zum Streit. Denn während Engin Izgi Mitglied bei der SPD ist, war sein Bruder Murat CDU-Mitglied. Und als solches sei er für eine Ratskandidatur vorgesehen gewesen. „Ich sollte für den Wahlkreis 7120 (Mitte 5) nominiert werden“, schrieb er damals auf Facebook. Doch dann habe man ihm nahegelegt, nicht zu kandidieren, und als Kandidatin für den Wahlkreis Aynur Yavuz gewählt, die auch zur Ditib-Gemeinde gehöre.

Wenn die CDU gehofft hatte, über Aynur Yavuz, die auch Vorsitzende des türkischen Elternbundes ist, den Wahlbezirk, in dem sich auch die beiden Moscheen befinden, direkt zu gewinnen, ging der Plan nicht auf. Der Wahlkreis ging an die SPD.
Integrationsratsvoristzende
Einen großen Wahlerfolg feierte Aynur Yavuz dagegen bei der Wahl zum Integrationsrat. Die Liste IPM („Integration, Partizipation, Miteinander – für unser Schwerte“), für die sie nominiert war, gewann mit großer Mehrheit. In der ersten Sitzung wurde sie zur Vorsitzenden gewählt. Engin Izgi, der für die SPD-Liste Migration und Vielfalt antrat, wurde stellvertretendes Mitglied im Integrationsrat.
Am Sonntag (23.4.) kam es dann erneut dazu, dass die Diyanet-Gemeinde Izgi von ihrem Gelände verwies. Allerdings diesmal in Person von Aynur Yavuz, die als Veranstalterin zumindest formell die Mitglieder des Integrationsrates zu dem Fest eingeladen hatte.
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