Die Besucherempore des Ratsaals in Schwerte ist am Mittwoch (26.4.) voll: Bei der Sitzung des Integrationsrates wird im öffentlichen Teil ein Statement der Schwerter Politik zum Eklat beim Kinderfest „23 Nisan“ erwartet, der sich am Sonntag zuvor ereignet hatte. Ein Mitglied des als Veranstalter fungierenden Integrationsrates ist des Geländes der Moschee verwiesen worden.
Zum Hintergrund: Engin Izgi (SPD) ist Werbeunternehmer und Deutscher. Er ist auch bekennender Muslim, aber in die Schwerter Moscheen darf er nicht. Seit 2016 schwelt ein Streit zwischen ihm und der Diyanet-Moschee-Gemeinde. Damals gab es einen Putsch-Versuch in der Türkei. Der dortige Staatschef Recep Tayyip Erdoğan machte Anhänger der Gülen-Bewegung für den Aufstand verantwortlich, und sein Geheimdienst verfasste eine Liste mit 300 Namen, die man dem Bundesnachrichtendienst gab. Auf der Liste stand auch Engin Izgi.
Viele Aspekte kommen seit Sonntag in der Diskussion zum Tragen: Die Rolle der Integration und die des Integrationsrates in Schwerte, die rechtliche Grundlage zwischen öffentlichem Fest und privatem Hausverbot. Darüber hinaus die Tatsache, dass der Schauplatz des Eklats ein internationales Kinderfest war, dessen Ziel es sei, interkulturelle Gemeinschaft zu fördern.
Yavuz: „Ich habe nicht richtig gehandelt“
Warum er überhaupt Hausverbot auf dem Gelände der Moschee habe, fragt Engin Izgi (SPD) in der Sitzung des Integrationsrates an die Vorsitzende Aynur Yavuz (CDU) gewandt. Eine Antwort dazu bekommt er an der Stelle nicht: „Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe es nur weitergegeben“, sagt sie. Richtig gehandelt habe sie hierbei nicht, gibt sie zu. Sie war es gewesen, die Izgi gebeten hatte, das Moschee-Gelände zu verlassen.
Gleichzeitig Vorsitzende des Integrationsrates zu sein und als Organisatorin handeln zu wollen, habe zu einem Konflikt geführt: „Ich habe als Vorsitzende des Integrationsrates nicht richtig gehandelt. Ich habe es als Organisatorin in dem Moment als richtig erachtet“, sagt sie. Für den Vorfall hat es vor allem im Netz reichlich Kritik gegeben. Auch die Schwerter Politikerinnen und Politiker sowie die Verwaltung finden in der Ratssitzung deutliche Worte.
„Ausdrückliche Missbilligung“
Tim Frommeyer, Sozialdezernent der Stadt Schwerte etwa, formuliert ganz klar, dass unter diesen Rahmenbedingungen das Moschee-Gelände nicht mehr als Veranstaltungsort für städtisch ausgerichtete Veranstaltungen infrage komme und drückt seine „ausdrückliche Missbilligung“ für den Vorfall aus.
Yavuz habe deeskalierend handeln wollen, mit dem Wunsch, dass es ein unvergesslicher Tag für die Kinder werden sollte, erklärt sie in ihrem Statement. „Politische Ausgrenzungen liegen mir fern“, richtet Yavuz das Wort an die Anwesenden im Ratssaal. Es sei vielmehr noch ihr Bestreben, die Integration in Schwerte voranzutreiben. Sie hatte zu Beginn des Fests der SPD AG Migration und Vielfalt mitgeteilt, dass ein Hausverbot für ihr Mitglied Engin Izgi weiter bestehe. Ob das an ihn weitergeben worden ist, entziehe sich ihrer Kenntnis.
Mehr noch: In ihren Augen habe Engin Izgi als Mitglied des Integrationsrates fahrlässig gehandelt. Er hätte im Vorhinein etliche Möglichkeiten gehabt, die Problematik anzusprechen oder sich als Mitverantwortlicher bei der Organisation des Festes zu beteiligen, erklärt sie.
Fehler des Integrationsrates
Ebenfalls im Vorhinein hätte der Integrationsrat prüfen müssen, ob es bei der Austragung des Festes zu einer solchen Problematik führen könnte, führt Achim Riggert (SPD) aus. Die Kommunikation sei nicht optimal gelaufen.
Nach Einschätzung der SPD hätten solche Zwistigkeiten bei einem internationalen Fest keine Rolle spielen dürfen. Das Hausverbot hätte für den Tag zurückgenommen werden müssen. Da dies aber nicht geschehen sei, ist das Fazit: „Es war eine Fehlentscheidung, das Fest dort auszurichten“, sagt Riggert. Izgi auszuschließen, habe nicht dem Geist von Integration entsprochen. „In einer Stadt mit gelungener Integration kann das so gegenüber einem Mitglied des Integrationsrates nicht passieren.“
Hausverbot bleibt Hausverbot, ist dagegen die Meinung der CDU: „Wenn ich in meiner Firma ein Hausverbot erteile, dann ist das Grundstück nicht zu betreten“, sagt Egon Schrezenmaier. Gleiches gelte für das Fest: Das Moschee-Gelände dürfe bei bestehendem Hausverbot auch dann nicht betreten werden. „Das Zusammenleben hier funktioniert gut, das hat niemanden zu stören.“
„Nehmt euch ein Beispiel an den Kindern“
FDP und Grüne haben die Stellungnahme von Aynur Yavuz als Entschuldigung aufgenommen, als eingestandenen Fehler. Jetzt müsse mit Blick in die Zukunft eine Lösung gefunden werden, so Marco Sorg (Grüne). Der Integrationsrat müsse ein Angebot machen, nach Wegen zu suchen, die Konflikte auszuräumen. Wenn das Moschee-Gelände künftig nicht mehr Veranstaltungsort sein könnte, wäre das schade. „Gut wäre es, die Situation zu überwinden.“
Renate Goeke (FDP): „Nehmt euch ein Beispiel an den Kindern, sie machen es vor, im Sinne der Integration aufeinander zuzugehen.“ Doch wie verhärtet die Fronten sind, hat sich nicht nur beim Kinderfest gezeigt, sondern zeigt sich auch im Ratssaal.
Fronten verhärtet
„Sehen Sie einen Fehler bei sich, wie Sie die Situation hätten vermeiden können?“, fragt Ömer Kars von der Liste der IPM an Engin Izgi gerichtet. Denn auch seiner Meinung nach hätte im Vorhinein ein Gespräch stattfinden müssen. „Das steht gar nicht zur Debatte, was hätte ich tun können?“, entgegnet Izgi. „Das ist eine öffentliche Veranstaltung und da kann ich auch hinkommen.“ An Egon Schrezenmaier gewandt ergänzt er: „Ein Besucher kann nicht einfach ausgegrenzt werden. Da greift das Antidiskriminierungsgesetz. Das ist öffentlich, da möchte ich dabei sein.“
Die Diskussion endet am Mittwochabend ergebnisoffen. Einstimmig wird beschlossen, diese an dem Abend in der Sitzung nicht fortzuführen. Es solle einen anderen Rahmen dafür geben, etwa an einem runden Tisch, um Detailfragen zu klären.
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