Der Vorstand des DRK-Schwerte hat sich in seiner Sitzung im Dr.-Werner-Voll-Haus mit verschiedenen Möglichkeiten zur Verbesserung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung in der Ruhrstadt befasst. © DRK-Schwerte

DRK Schwerte

Gefahrenbewusstsein stärken: Das kann Schwerte aus der Flutkatastrophe lernen

Die Flutkatastrophe ist Monate her – doch in den Köpfen der Schwerter DRK-Helfer ist sie noch immer präsent. Der Ortsverein plant nun Schulungen, von denen alle Schwerter profitieren können.

von Hanna Lecking

Schwerte

, 26.02.2022 / Lesedauer: 4 min

Insgesamt 13 Tage lang waren Mitglieder des Schwerter Ortsvereins des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im vergangenen Jahr in den Hochwassergebieten vor Ort – in Fröndenberg, Erftstadt und Bad Neuenahr-Ahrweiler.

In dieser Zeit sei die primäre Aufgabe des DRK die Verpflegung der Flutopfer gewesen, erzählt Oliver Herrmann, Rotkreuz-Leiter in Schwerte. Das Essen sei außerhalb der Katastrophengebiete abgefüllt worden und das DRK habe es dann in die betroffenen Ortschaften gebracht.

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„Auf dem Parkplatz von Haribo in der Gemeinde Grafschaft wurde ein sogenannter ‚Verpflegungsplatz 10.000‘ eingerichtet“, berichtet Oliver Herrmann von seinen Erfahrungen aus dem Hochwassergebiet. Der Name komme dadurch zustande, dass dort 10.000 Mahlzeiten am Tag ausgeteilt werden konnten.

Darüber hinaus wollten die DRK-Mitglieder Präsenz zeigen, für die Flutopfer da sein. Oliver Herrmann selbst war bereits Anfang August, also kurz nach der Katastrophe, vor Ort und habe oft einfach nur mit den Menschen gesprochen.

„Das kann man sich gar nicht vorstellen“

Dabei sei er oftmals überrascht gewesen, was den Menschen gefehlt habe. „Kein Wasser, kein Strom, kein Gas – die komplette Infrastruktur war zerstört. Das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man nicht selbst dort war“, erzählt Oliver Herrmann.

Auch das Internet oder Telefone seien nicht funktionsfähig gewesen und nur eine von sieben Brücken über die Ahr sei intakt geblieben. Dies habe das Einkaufen oder gar Besuche sehr kompliziert gemacht.

Völlig zerstört war diese Brücke über die Ahr in Ahrweiler nach der Flutkatastrophe. (Luftaufnahme mit einer Drohne). © picture alliance/dpa

An manchen Stellen habe er auch frei hängende Bahnschienen gesehen, unter denen der Bahndamm weggespült worden sei. „So etwas habe ich noch nicht erlebt. Und ich bin immerhin schon 37 Jahre beim Deutschen Roten Kreuz“, sagt Oliver Herrmann. „Ich habe mir auch oft einfach nur die Geschichten der Betroffenen angehört oder Handy-Videos angesehen.“

Dabei habe er auch Geschichten gehört, wie tote Haustiere und sogar Leichen an den Flutopfern vorbeigeschwommen seien. „So belastend es auch war, es gab trotzdem auch schöne Momente“, erinnert sich Oliver Herrmann. Besonders beeindruckt habe ihn, dass Helfer aus ganz Deutschland gekommen seien, von der Feuerwehr bis hin zu Familien mit Schaufeln sei alles dabei gewesen.

Es gab auch spaßige Momente

„Es war ein gutes Miteinander und wir hatten auch oft einfach mal Spaß“, berichtet Oliver Herrmann. Dadurch habe man die schlimmen Gedanken hin und wieder vergessen können.

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Zu den Menschen im stark von der Flutkatastrophe betroffenen Ahrweiler Ortsteil Bachem, Hauptwirkungsstätte des Schwerter Roten Kreuzes, wurden inzwischen sogar freundschaftliche Kontakte geknüpft, die bis heute anhalten.

„Ich war kurz vor Weihnachten zuletzt dort und habe gefragt, was noch gebraucht wird“, erzählt der Rotkreuz-Leiter. Zu diesem Zeitpunkt habe sich jedoch relativ wenig getan. In den vier Monaten zwischen der Flutkatastrophe und Weihnachten sei der Wiederaufbau eher schleppend verlaufen.

Ein von der Flut zerstörtes Haus in Altenahr: Monate nach der Flutkatastrophe im Ahrtal warten viele Flutopfer noch immer auf zugesagte Hilfsgelder. © picture alliance/dpa

Die Flutkatastrophe sei mittlerweile in Vergessenheit geraten, so Oliver Herrmann. Vier Monate später seien deutlich weniger Helfer vor Ort gewesen, für den Wiederaufbau brauche man jedoch ohnehin qualifizierte Handwerker und die seien momentan nun einmal schwer zu kriegen.

DRK will Selbsthilfefähigkeit und Gefahrenbewusstsein stärken

„Diese Flutkatastrophe hat uns aber auch gezeigt, dass in der Vergangenheit bewährte Strukturen und Prozesse in einer sich rasch verändernden Welt einer ständigen Überprüfung bedürfen. Deshalb wollen wir als DRK-Ortsverein in diesem Jahr die Stärkung der Selbsthilfefähigkeit und des Gefahrenbewusstseins der Bevölkerung in der Ruhrstadt zu einem Schwerpunkt unserer Arbeit hier vor Ort machen“, betonen die beiden Schwerter Rotkreuz-Leiter Oliver Herrmann und Thomas Wollmeiner.

Ein erfolgreiches Krisenmanagement könne aus Sicht des heimischen DRK-Vorstandes aber nur gelingen, wenn die handelnden Personen das Unvorstellbare trainieren und aus zurückliegenden Ereignissen lernen. Dazu gehöre auch die Einbindung von Laienhelfern.

Willkommenskultur schaffen und Eigengefährdung verhindern

„Wichtig ist, für diese Helferinnen und Helfer eine Willkommenskultur zu schaffen, deren Potentiale zu nutzen, Wertschätzung für die geleistete Arbeit zu zeigen und gleichzeitig eine Eigengefährdung zu verhindern“, berichten Oliver Herrmann und Thomas Wollmeiner über ihre gemachten Erfahrungen in den Hochwassergebieten.

Die Räumlichkeiten des Dr.-Werner-Voll-Hauses, der Heimat des Schwerter DRK an der Lohbachstraße, bieten für die Durchführung von Schulungen und Weiterbildungen ideale Voraussetzungen, die das DRK der Ruhrstadt künftig verstärkt nutzen will.

Eine besondere Bedeutung kommt aber auch der Integration des Themas Selbsthilfe in der schulischen Bildung zu. Insbesondere in den Grundschulen biete der Sachkundeunterricht eine ideale Möglichkeit, das Thema im Stundenplan zu berücksichtigen.

Schulungen und Ersthelferausbildungen an Schulen besonders wichtig

„In den weiterführenden Schulen sollten neben der Erste-Hilfe-Ausbildung Themen wie Brandschutz sowie Vorbereitung und Verhalten in Notfällen Bestandteil des Unterrichts werden“, meint auch DRK-Chef Heinrich Böckelühr.

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Das Rote Kreuz hat in den zurückliegenden Jahren bereits an der Grundschule Villigst sowie den beiden Gymnasien und an der Gesamtschule im Gänsewinkel erfolgreich Schulungen und Ersthelferausbildungen durchgeführt.

Im Rahmen der Vorstandsklausurtagung im März wollen sich die Schwerter DRK-Verantwortlichen intensiv mit der Erarbeitung konkreter Maßnahmen zur Stärkung der Selbsthilfefähigkeit in der Ruhrstadt befassen.

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