
Sylvia Stadtmann (r.) ist Patin von der Ukrainerin Anna (Mitte) und ihren Kindern Emir (l.) und Emiliia (r.). Sie unterstützt die Familie dabei, in ihrer neuen Heimat Schwerte richtig anzukommen. © Irina Höfken
Neuanfang in Schwerte: Arbeitskreis Asyl sucht Paten für geflüchtete Familien
Ukraine-Krieg
Der Krieg zwingt zum Neustart: In Schwerte finden zwei ukrainische Familien ein neues Zuhause. Ohne Hilfe hätte das nicht geklappt. Der Arbeitskreis Asyl unterstützt und sucht weitere Helfer.
„Papa, Papa, bring uns hier bitte endlich weg!“ Hätten die Söhne das nicht verlangt, wären sie vermutlich noch länger in Kiew geblieben, sagt Dmytro Ivanchenko. Aber Danylo (9) und Nasar (5) haben es wegen des Kriegs nicht mehr in der Ukraine ausgehalten.
Wenn eine Bombe in der Nähe eingeschlagen sei, haben die Fensterscheiben gewackelt, erzählt ihre Mutter Valentyna. Die Söhne und auch sie selbst hatten Angst. Unter Bombardierung sind sie geflohen.
Jetzt sitzt die Familie am Esstisch von Familie Marks in Schwerte. Hans-Bernd Marks vom Arbeitskreis Asyl ist einer der ersten Ansprechpartner für Geflüchtete, die nach Schwerte kommen. Und das bereits seit 30 Jahren, denn er ist eines der Gründungsmitglieder des Arbeitskreises.
Dieser vermittelt geflüchteten Familien, die Unterstützung in ihrer neuen Heimat suchen, Paten aus der Ruhrstadt. Aktuell werden wieder neue Paten gesucht. Am 12. September plant der Arbeitskreis eine Infoveranstaltung und hofft, dass viele Interessierte kommen. Sie findet um 19.30 Uhr im Gemeindehaus St. Christopherus am Rosenweg 75 statt.
Ukrainische Familie ist dankbar für jede Unterstützung
Zu den aktuellen Paten gehören Stephanie Jandrich-Bednarz und ihre Familie. Ihr Sohn Jonathan ist etwa im gleichen Alter wie Danylo und Nasar, er ist sechs Jahre alt. In der Zeitung hatte die Familie im März von dem Aufruf gelesen, dass Paten für Geflüchtete gesucht werden.
„Die Vorstellung, mit meinem Kind ins Nichts zu fahren, berührt mich. Wenn ich etwas tun kann, um die Ankunft zu erleichtern, dann ist das wichtig für mich“, sagt sie. Anfang Mai haben die Familien dann zusammengefunden. Und seitdem hat Stephanie Jandrich-Bednarz beim Umzug geholfen, neue Möbel organisiert, Formulare ausgefüllt und Ausflüge geplant.
„Für unsere Familie war das auch eine Herausforderung, aber es macht Freude zu sehen, dass wir etwas erreichen können“, sagt die Schwerterin. Die Sprachkurse von Familie Ivanchenko sind jetzt gestartet, bisher müssen sich die Familien aber noch mit ihrem Smartphone behelfen, um zu kommunizieren.
Stephanie Jandrich-Bednarz spricht auf Deutsch in die Übersetzungsapp, die wiederum übersetzt auf Ukrainisch und wieder umgekehrt. Das klappe überraschend gut, sind sich beide Familien einig. Was die Eltern aber schon auf Deutsch sagen können, ist „Danke – danke Stephanie“. Und das sagen sie im Gespräch mit unserer Redaktion immer wieder.
„Ohne Unterstützung wäre das alles gar nicht machbar“
„Ohne Unterstützung wäre das alles gar nicht machbar“, sagt Sylvia Stadtmann. Auch sie ist Patin. Mittlerweile von drei ukrainischen Familien. Die Wohnungssuche etwa sei durch die Vorgaben des Kreises Unna schwerer als ohnehin schon. Denn die Quadratmeterzahl muss passen, ebenso wie die finanziellen Vorgaben.
Vermieter fragen sich außerdem, wie lange das Mietverhältnis wohl andauert und ob die Sprachbarriere ein Problem darstellt, schildert auch Hans-Bernd Marks vom Arbeitskreis Asyl. Denn die meisten wollen irgendwann wieder zurück. So auch Valentyna Ivanchenko. Aber ihre Jungs haben sie bisher drei zu eins überstimmt, denn die wollen aus Schwerte nicht mehr weg.
Ukrainerin Anna ist glücklich, dass Sylvia Stadtmann ihre Patin geworden ist. „Sie ist hier meine Mama“, sagt sie auf Englisch. Ihre siebenjährige Tochter Emiliia habe am Anfang Startschwierigkeiten gehabt, erzählt sie. Aber jetzt taue sie so langsam auf. Sohn Emir (1) strahlt, wenn er bei Patin Sylvia auf dem Arm ist.
Zusätzlich hat sich Sylvia Stadtmann dafür eingesetzt, dass Annas Schwester nach Schwerte kommen kann, was Anna überglücklich macht. Annas Eltern müssen weiterhin in der Ukraine bleiben, weil sie krank sind. Wenn ihr Zustand schlimmer wird, muss die Ukrainerin zurück in die Heimat. Die Vorstellung mache ihr Angst, sagt sie. Aus Schwerte wolle sie gar nicht mehr weg.
Arbeitskreis Asyl hofft auf viele neue Paten für Geflüchtete
„Wir wollen möglichst viele Paten gewinnen“, sagt Hans-Bernd Marks. Jeder könne so viel oder so wenig machen, wie er möchte, unterstreicht er. Eine Wohnung zu finden, sei schon der Königsweg.
Hilfe werde auch für das Sachspendenlager, die Begegnungscafés oder die Hausaufgabenhilfe gebraucht.
„Hömma, hasse dat schon gehört?“ So (oder so ähnlich) beginnen die besten Geschichten aus dem Pott, wo ich zu Hause bin. Es gibt nichts Besseres, als diese aufzuspüren und dann in Text, Bild und Video festzuhalten.
