Peter Höck (l.) und Hendrik Voscort von der Schwerter Tafel stehen inmitten von Stapeln mit leeren Lebensmittelkisten. Die Tafel sucht händeringend nach Lebensmittelspenden - vor allem Obst und Gemüse sind rar.

Peter Höck (l.) und Hendrik Voscort von der Schwerter Tafel stehen inmitten von Stapeln mit leeren Lebensmittelkisten. Die Tafel sucht händeringend nach Lebensmittelspenden - vor allem Obst und Gemüse sind rar. © Martina Niehaus

Leere Kisten, lange Gesichter: Schwerter Tafel muss Angebot halbieren

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Gestiegene Lebensmittelpreise und mehr Kundschaft: Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges treffen auch die Schwerter Tafel. Jetzt ist auch noch ein großer Lebensmittelspender weggebrochen.

Schwerte

, 21.06.2022, 12:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Eine Tüte Brot, ein Bund Bananen, eine Paprika, eine Zitrone, ein Tütchen Mandeln und ein Glas mit Erdbeer-Joghurt, der bald abläuft: Diese wenigen Dinge liegen in der grünen Kiste, die Peter Höck und Hendrik Voscort in Händen halten.

Hinter den beiden, im Küchenbereich der Schwerter Tafel an der Ostenstraße 17, stapeln sich weitere grüne Kisten - die meisten von ihnen sind leer. „Wir haben einen massiven Zulauf von neuen Kunden, und gleichzeitig ist uns ein wichtiger Spender weggebrochen“, erzählt Peter Höck. Der 54-Jährige ist Standortleiter der S.I.G.N.A.L. gGmbH, die sich in Schwerte für besonders Benachteiligte und Bedürftige engagiert. Ein Bereich ist die Schwerter Tafel.

Küchenchef: „Ausfall kann man nicht kompensieren“

Rund ein Viertel des Obst- und Gemüseangebots hatte die Tafel durch Spenden des Real in Dortmund-Aplerbeck decken können. Doch der ist seit Anfang Juni geschlossen. „Wir hoffen, dass wir mit dem Nachfolger wieder eine Verabredung treffen können, aber jetzt wird dort sowieso erst mal ein halbes Jahr umgebaut. Das wird eine ganz schöne Durststrecke für uns“, sagt Höck.

Rund 700 bedürftige Personen werden gerade von der Schwerter Tafel mit Lebensmitteln versorgt, wie SI.G.N.A.L.-Standortleiter Peter Höck (l.) und Küchenchef Hendrik Voscort erklären.

Rund 700 bedürftige Personen werden gerade von der Schwerter Tafel mit Lebensmitteln versorgt, wie SI.G.N.A.L.-Standortleiter Peter Höck (l.) und Küchenchef Hendrik Voscort erklären. © Martina Niehaus

Küchenmeister Hendrik Voscort guckt ebenfalls besorgt auf die hohen Stapel leerer Kisten. „Gerade Obst und Gemüse sind im Zuge der Inflation so viel teurer geworden.“ Da sei es schlecht, wenn eine größere Spendenquelle wegbreche. Zumal gleichzeitig rund 300 Personen mehr von der Tafel versorgt werden - zusätzlich zu den 400 Menschen zuvor. „Bei knapp 50 Prozent mehr Nachfrage kann man diesen Ausfall nicht mehr kompensieren“, sagt Voscort. Die Tafel sucht deshalb dringend neue Spender.

Leute kaufen weniger und werfen weniger weg

Viele der neuen Kunden der Schwerter Tafel seien Geflüchtete aus der Ukraine. Und es werden mehr: Jede Woche meldeten sich rund zehn Familien oder Einzelpersonen an. „Seit diesem Monat bekommen die Leute Sozialleistungen, das wird die Situation hoffentlich bald entspannen“, sagt Höck.

Die gestiegenen Lebensmittelpreise haben auf die Tafeln gleich zwei negative Effekte: Einerseits steigt der Bedarf nach günstigen Lebensmitteln bei denjenigen, die sonst auch so nur knapp über die Runden kommen. „Die können sich das einfach nicht mehr leisten und kommen dann zu uns“, so Höck. Bei der Tafel kostet eine große Tüte mit Lebensmitteln pro Person zwei Euro.

Obst und Gemüse sind im Zug der Inflation viel teurer geworden.

Obst und Gemüse sind im Zug der Inflation viel teurer geworden. © Martina Niehaus

Außerdem hat sich das Kaufverhalten der Leute geändert - und damit auch die Berechnung der Läden: Insgesamt werden weniger Lebensmittel gekauft und weggeworfen. Dadurch kalkulieren die Geschäfte weniger Waren ein - und am Ende bleibt weniger für Bedürftige übrig. „Es ist ja gut und nachhaltig, dass die Leute weniger Lebensmittel wegwerfen“, betont Hendrik Voscort. „Aber damit kommt hier auch nicht mehr viel an.“

„Die Leute sehen die leeren Kisten und sind frustriert“

Der Küchenchef bekommt das direkt mit. „Die Menschen machen schon lange Gesichter, wenn sie hierherkommen und die leeren Kisten sehen“, erzählt er. „Sie sind dann frustriert. Wir erklären ihnen, warum das so ist.“ Gegenseitige Schuldzuweisungen gebe es nicht, im Gegenteil: Beim Einkauf oder beim Frühstück, das dreimal wöchentlich angeboten wird, gebe es immer einen guten Austausch unter den Kunden.

„Wir versorgen die Menschen nicht nur mit Nahrungsmitteln - auch die Kommunikation ist wichtig. Viele leben ja alleine oder gehen kaum aus, weil sie sich einen Cafébesuch nicht leisten können“, sagt Peter Höck.

Der Tisch für das Frühstück ist schon eingedeckt.

Der Tisch für das Frühstück ist schon eingedeckt. © Martina Niehaus

Auch Mittagessen bietet die Schwerter Tafel an - momentan wegen der Pandemie allerdings nur zum Mitnehmen. Beim Frühstück sei es nicht so voll, da könne man auch im Raum sitzen. Gerade sind die Tische in dem gemütlichen Fachwerkhaus schon wieder eingedeckt - mit Kaffeetassen, kleinen Tellern mit Süßigkeiten und hübscher Dekoration.

Neuregelung: Nur noch alle zwei Wochen

Um die weggefallenen Spenden und den Neuansturm zu bewältigen, haben sich die Verantwortlichen jetzt vorübergehend zu einer Regelung entschlossen: Die ansonsten wöchentliche Lebensmittelausgabe erfolgt vorerst nur noch alle zwei Wochen abwechselnd. Die Ausgabetage bleiben die gleichen, werden aber in zwei Gruppen aufgeteilt: Ausweisnummer 1 bis 550 kommt an geraden Kalenderwochen, Nummer 551 bis 800 an ungeraden. „Dann sind die Körbe beim Einkauf auch wieder voller“, kündigt Hendrick Voscort an.

Auch soziale Kontakte sind bei der Tafel wichtig - im Essensraum stehen auch Bücher in Regalen. Inzwischen kann man wieder gemeinsam frühstücken.

Auch soziale Kontakte sind bei der Tafel wichtig - im Essensraum stehen auch Bücher in Regalen. Inzwischen kann man wieder gemeinsam frühstücken. © Martina Niehaus

Die Regelung beginnt ab nächster Woche, Dienstag (28.6.). Dann dürfen nur noch die Ausweisnummern 1 bis 550 einkaufen. „Wir werden diese Reglung zwei bis drei Wochen aufrecht erhalten und dann schauen, wie es weitergeht“, sagt Peter Höck. Und er betont: „Wir wollen keinen Aufnahmestopp, das sind alles Menschen in Notlagen.“ Sein Küchenchef Hendrik Voscort ergänzt: „Niemand soll hier vor geschlossenen Türen stehen. Dann müssen wir halt den Blumenkohl halbieren.“

Die Schwerter Tafel: Spender gesucht

  • Die Lebensmittelausgabe an der Schwerter Tafel erfolgt immer dienstags, mittwochs und freitags zwischen 13 Uhr und 14.30 Uhr, mittwochs extra für Senioren. Ein Einkauf kostet pro Person 2 Euro.
  • An der Ostenstraße 17 wird auch frisch gekocht: Frühstück gibt es dienstags, mittwochs und freitags (1 Euro), Mittagessen (zum Mitnehmen) gibt es montags (1,50 Euro für ein Bistro-Gericht) und donnerstags (2 Euro für ein Drei-Gänge-Menü).
  • Unterstützt wird die Schwerter Tafel von diversen Restaurants, Tankstellen, Drogerien, Geschäften und Einzelpersonen.
  • Regelmäßige Spender, die täglich Waren liefern, sind der Aldi, der Rewe und der Netto (alle aus Geisecke), der Lidl in Westhofen, die Bäckerei im Netto, der Rewe aus Ergste sowie das griechische Restaurant Olympia-Grill.
  • Weitere Spender (Lebensmittel oder Geld) sind dringend gesucht. Wer kann, darf sich gern direkt bei der Schwerter Tafel unter (02304) 21 95 26 melden oder Peter Höck per Mail kontaktieren: p.hoeck@signal-schwerte.de
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