
© Berthold Fehmer
Kalte Nahwärme aus bis zu 200 Metern Tiefe soll Baugebiet in der Region beheizen
Kalte Nahwärme
Mit Erdwärme und Wärmepumpen soll im Baugebiet Spechort künftig geheizt werden. Dafür wird nun dort, wo später der Spielplatz sein wird, ein bis zu 200 Meter tiefes Loch gebohrt.
Kalte Nahwärmeversorgung“: So heißt das System, das in den 74 geplanten Wohneinheiten im Baugebiet Spechort in Dorstens Nachbargemeinde Schermbeck künftig eingesetzt werden soll. Mit einem großen Bohrgerät erkundeten drei Mitarbeiter der Firma Plängsken am Montag und Dienstag, welche Voraussetzungen dafür im Boden bestehen.
Das Prinzip funktioniere ähnlich wie ein Kühlschrank, so Hubert Große-Ruiken, Geschäftsführer der Gemeindewerke Schermbeck, die mit ihrem Fachpartner Gelsenwasser die Geothermie nutzen will. Beim Kühlschrank wird mit Strom einem Kältemittel Wärme entzogen und so der Kühlschrank gekühlt. Im Spechort soll es ebenfalls ein geschlossenes System geben: Der Wärmeträger wird tief in der Erde vom Grundwasser um etwa 5 Grad aufgewärmt und dann zu den Häusern geführt - Wärmepumpen heben dort die Temperatur weiter an (zum Heizen oder für warmes Wasser).
System kann im Sommer Häuser auch kühlen
Im Sommer kann dieses System auch die Häuser kühlen. Die abgeführte Wärme werde dann im Boden gespeichert, so Holger Lange von der Firma Plängsken, was zum Start der Heiz-Saison durchaus vorteilhaft sei.
Grundsätzlich, so Lisa Altieri von Gelsenwasser, gebe es im Boden in etwa 20 Metern Tiefe eine „neutrale Zone“. Heißt: Dort ist es unabhängig von jahreszeitlichen Schwankungen immer etwa 10 bis 12 Grad warm. Bohrt man tiefer, ergibt sich etwa alle 100 Metern eine Temperaturzunahme von drei Grad. Aber das sind Durchschnittswerte - wie genau die Verhältnisse unter dem Baugebiet Spechort sind, kann nur die Probebohrung zeigen. Davon hängt ab, wie viele Löcher gebohrt werden müssen und wie tief.
Förderantrag ist bereits gestellt
Geothermie werde gefördert, so Gruße-Ruiken. Ein Förderantrag ist bereits gestellt. Klar ist schon jetzt, dass im neuen Baugebiet Flächenheizungen (etwa im Fußboden) verbaut werden sollten, da diese besser mit der Wärmepumpen-Technik zu betreiben sind als kleine Heizkörper. Was die Bewohner des Baugebiets später für die Wärmeversorgung genau zahlen, kann man derzeit noch nicht sagen und hängt, wie Felix Schaack von Gelsenwasser sagt, dann auch vom Strompreis ab.
Den kann man übrigens nicht von der eigenen Photovoltaik-Anlage nehmen. Die Dachflächen seien für die Wärmepumpen zu klein, so Große-Ruiken. Zudem sei im Winter sowieso keine große Ausbeute aus Photovoltaik zu erzielen. Strom für die Wärmepumpen müsse von den Gemeindewerken bezogen werden, so Große-Ruiken.
Wie hoch ist die Ausfallsicherheit dieses Heizsystems? Wenn kein Strom fließt, funktioniert auch die Heizung nicht. „Das ist bei meiner Heizung aber auch jetzt schon so“, sagt Hubert Große-Ruiken. Falls es eine Havarie im Netz geben sollte, durch das das Wärmemittel fließt, gebe es in den Wärmepumpen einen Heizstab, der einen Notfallbetrieb sicherstelle, so Altieri. Kalte Nahwärme werde in Dorsten-Wulfen seit über 40 Jahren eingesetzt, so Große-Ruiken. „Die Eigentümer sind da top zufrieden.“
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
