
© Berthold Fehmer (A)
Bohrungen für Kalte Nahwärme: Warum darf das nicht jeder Hausbesitzer?
Baugebiet Spechort
Probebohrungen für die Versorgung des geplanten Baugebiets Spechort starten in wenigen Tagen. Thomas Pieniak (BfB) fragt, warum anderen Hausbesitzern die Nutzung von Erdwärme verboten wird.
Eine öffentliche Kalte Nahwärmeversorgung plant die Gemeinde Schermbeck für das Baugebiet Spechort unter Federführung der Gemeindewerke. Deren Geschäftsführer Hubert Große-Ruiken kündigte im Rat an, dass Probebohrungen auf dem Feld in einigen Tagen starten sollen, um Daten, wie etwa die Temperatur des Wassers, zu erhalten. Diese entscheiden am Ende darüber, ob die Wärmeversorgung wirtschaftlich betrieben werden kann. Die Grundwasserwärme soll mit Unterstützung von Wärmepumpen (betrieben mit Photovoltaik-Strom) die Häuser heizen.
In einer „Satzung über die öffentliche Kalte Nahwärmeversorgung in der Gemeinde Schermbeck für das Baugebiet Spechort“ wird unter anderem der Anschluss- und Benutzungszwang geregelt. Die Bewohner des geplanten Baugebiets könnten sich beispielsweise dann nicht mehr für eine Gasheizung entscheiden.
Wirtschaftlichkeit wird zuerst geprüft
Klaus Roth (BfB) hakte nach, warum der Rat jetzt über eine Satzung zum Thema entscheiden solle, wenn die „wirtschaftlichen Dinge noch gar nicht auf dem Tisch liegen“. Gerd Abelt, Vertreter des Bürgermeisters, entgegnete, dass die Satzung erst bekannt gemacht werde, „wenn klar ist, dass das Projekt umsetzbar ist“. Vor der Bekanntmachung tritt die Satzung nicht in Kraft.
Thomas Pieniak (BfB) erinnerte daran, dass wie in anderen Bereichen Schermbecks am Bösenberg Anwohnern untersagt worden sei, Erdwärme zu nutzen. „Ein paar Meter weiter“ solle aber nun „in großem Stil abgeteuft werden“.
„Wir gehen auf 100 Meter runter“
„Die Qualität der Bohrungen ist eine ganz andere, als wenn sie ein Privater machen würde“, sagte Große-Ruiken. Im Wasserschutzgebiet seien dafür „zig Genehmigungen“ einzuholen, was „für eine Privaten so nicht erreichbar“ sei. „Wir gehen auf 100 Meter runter. Das ist schon eine Nummer.“
Der Wasserversorger sei dabei der „größte Bedenkenträger“. Gerd Abelt wies darauf hin, dass für Privatleute Aufwand und Nutzen bei diesem Verfahren in keinem Verhältnis mehr stehen würden. „Private Bohrungen sind mit diesen Standards nicht zu finanzieren.“
Mögliches Pilotprojekt für andere Wohngebiete
Insgesamt könnten für 80 Wohneinheiten über 150 Bohrungen notwendig werden. Politisch müsse man sich Gedanken machen, ob diese neue Art der Wärmeversorgung grundsätzlich für neue Wohngebiete ins Auge gefasst werden müsse, so Abelt.
Der Rat beschloss gegen die Stimmen von Klaus Roth und Thomas Pieniak die Satzung. Vor Bekanntmachung muss die Gemeinde den Gemeindewerken die Konzession erteilen und die Gesellschafterversammlung der Gemeindewerken beschließen, das Projekt zu realisieren.
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
