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Strategie gegen Wohnungsmangel? Timo Gätzschmann will Leerstandssteuer
Leerstandssteuer
Auf der einen Seite fehlt Wohnraum, auf der anderen stehen Gebäude leer: Eine Leerstandssteuer fordert deshalb Timo Gätzschmann (Die PARTEI) in Schermbeck. Eine gute Idee?
Der Vorschlag sei „eine ganz gute Lösung“, so Dieter Michallek (SPD): „Aber nicht für Schermbeck, sondern für größere Städte.“ Gefordert hatte Die PARTEI, dass ab 2023 die Gemeinde 20 Prozent der ortsüblichen Kaltmiete (nach dem Mietspiegel) oder 1 Prozent des Gebäudewerts pro Jahr von Hausbesitzern für unbewohnte Wohnungen erheben solle - ab dem vierten Monat des Leerstands. Außer wenn dieser durch Krankheit, Tod oder Eigentümerwechsel entstanden ist
„Ein Wohnungs- bzw. Immobilienmarkt ist nahezu nicht existent“, so die Begründung des Antrags zur Schermbecker Situation. Die Partei erwartet aufgrund steigender Immobilienpreise, dass es immer lukrativer werde, mit Immobilien zu spekulieren. Mit der Leerstandssteuer könne man dem Beispiel der Stadt Vancouver in Kanada folgen. „Wir haben in Schermbeck ein Problem“, so Timo Gätzschmann (Die PARTEI) im Rat der Gemeinde. Er bitte darum, dass man nun nicht nach Gründen suche, „warum man etwas nicht tut“.
„Das hört sich erst mal toll an“
„Das hört sich erst mal toll an“, sagte Rainer Gardemann (CDU) zum Vorschlag. Doch man müsse über Risiken und Hemmnisse sprechen: Es gebe Rechtsunsicherheiten und keine Daten darüber, welche Häuser in der Gemeinde davon betroffen sein könnten. Das herauszufinden, sei nicht in der Arbeitszeit der Verwaltung zu leisten. Und: „Eine Leerstandssteuer gibt es in Deutschland noch nirgendwo.“
„Wir haben keine Übersicht“, so Gerd Abelt, Vertreter des Bürgermeisters, dazu, wie viele Wohnungen derzeit leer stehen. Simon Bremer (FDP) bezweifelte, dass das Schermbecker Problem leer stehende Wohnungen sei, sondern „dass wir zu wenig Wohnungen haben“. Es gebe eine Zehn-Jahre-Bindungsfrist gegen Immobilienspekulation, ansonsten zahle man Spekulationssteuer. „Ich glaube nicht, dass jemand zehn Jahre leer stehen lässt, um die Spekulationssteuer zu umgehen.“
Abschreckende Wirkung auf Vermieter
Klaus Roth (BfB) hielt den Antrag für „absurd“. „Eigentum ist ein hohes Gut. Jeder muss selbst entscheiden können, an wen er eine Wohnung vermietet.“ Er kenne Schermbecker, „denen Leute für 20.000 Euro die Wohnung verwohnt haben“. Dieter Michallek (SPD) konnte sich vorstellen, dass eine solche Steuer eine „abschreckende Wirkung auf zukünftige Vermieter“ haben könne.
Zunächst einmal müsse man die neue Steuer einführen, was vom Innenministerium genehmigt werden müsse, so Hubert Große-Ruiken (CDU). Er wies auf einen „Grundwiderspruch“ hin. Laut Grundsteuergesetz des Bundes kann ein Besitzer eine Ermäßigung der Grundsteuer bei Leerstand verlangen, während gleichzeitig eine Leerstandssteuer erhoben werden solle.
„Warum soll ausgerechnet Schermbeck vorangehen?“
Große-Ruiken stellte fest, dass „Die PARTEI“ auch in anderen Städten solche Anträge gestellt hatte: „Warum soll ausgerechnet Schermbeck vorangehen, wenn gleichzeitig Anträge in Großstädten gestellt werden?“ Er empfahl: „Sollen die erst mal machen.“ Er glaube zudem nicht, „dass das Problem in Schermbeck der Leerstand ist“.
Aufwand und Ertrag einer Leerstandssteuer hätten nach Meinung von Jürgen Trick (Grüne) ein „Missverhältnis“. Zudem könne eine solche Steuer leicht umgangen werden, wenn etwa ein Verwandter seine Meldeadresse in der leer stehenden Wohnung angebe. „Juristisch dagegen vorzugehen, wird schwierig.“
Tricks Fazit zum Antrag der Satire-Partei: „Ich verstehe den Antrag nur als Satire.“ Bei der Abstimmung lehnte der Rat geschlossen gegen die Stimme von Gätzschmann den Antrag ab.
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
