Renate Hohmann (71) hilft nach traumatischen Erlebnissen „Körper muss sich sicher fühlen“

Renate Hohmann (71): „Körper muss sich sicher fühlen“
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In ihrem Buch „Emma im Spiegel“ verarbeitete Renate Hohmann kürzlich erst traumatische Erlebnisse, die sie ein Leben lang begleitet haben. Offen schrieb die Autorin aus Schermbeck über den erlebten Missbrauch als Kind, aber auch den Weg raus aus der Lethargie, dem Gefühl der immer wiederkehrenden Unsicherheit.

„Emma im Spiegel“ sollte in erster Linie anderen Betroffenen helfen, mit schlimmen Erfahrungen umzugehen. Renate Hohmann wollte vor allem Mut machen. Jetzt will die 71-Jährige offen gebliebene Fragen mit ihrem neuesten Werk beantworten.

Wie hat sich Renate Hohmann schließlich selbst geholfen? Welche Möglichkeiten gibt es in solchen Situationen? Was spielt sich im Kopf des Betroffenen ab und wie schafft man es, sein autonomes Nervensystem zu trainieren? Kurz: Wie erlangt man die körperliche Sicherheit?

Die Suche nach Sicherheit

All diese Fragen beantwortet Renate Hohmann im kürzlich erschienenen Buch „Gestatten, Hüter ...“. Aus Sicht des autonomen Nervensystems – oder eher aus Sicht des Hüters, wie die Autorin es bezeichnet – unterstützt sie die Leser, die Betroffenen, auf der Suche nach Sicherheit.

„Ich kann den Menschen helfen, wenn sie wieder sicher werden. In sich selbst, im Körper, ihrem Denken und ihrem Gefühl“, sagt Renate Hohmann. Sicherheit kann dabei auf verschiedene Arten erlangt werden.

Ob dies durch die Sinne, die Bewegung oder Beziehungen geschieht, sei erstmal nicht wichtig. Vielmehr kommt es darauf an, das Bewusstsein gezielt einzusetzen.

Das Cover des Buches "Gestatten, Hüter ..." von Autorin Renate Hohmann.
Das Cover des Buches „Gestatten, Hüter ..." von Autorin Renate Hohmann © Sebastian Jentsch

„Darüber zu sprechen, bleibt immer ein gutes Mittel der Aufarbeitung. Das, was aber traumatisch wirkt und noch lange Zeit über den Auslösepunkt hinauswirkt, sind die Wunden, die auf der Körperebene passiert sind, also das, was im Unbewussten weiterläuft. Man kann nicht einfach sagen: ‚Ich bin jetzt sicher.‘ Der Körper muss sich sicher fühlen“, betont die Schermbeckerin.

Werkzeugkasten des Hüters

Ganz entscheidend sei laut Renate Hohmann das Leben und Wahrnehmen der Sinne im Augenblick. Nur dann könne die Erfahrungsgrundlage verändert werden. „Ich habe es geschafft, indem ich wieder ins Hier und Jetzt eingetaucht bin. Ich bin achtsam und aufmerksam mit mir selbst und habe dadurch ein anderes Selbstbewusstsein. Das ist der beste Schutz gegen Missbrauch und Trauma“, sagt sie.

Erst während der Coronazeit sei Renate Hohmann erst richtig mit sich selbst ins Reine gekommen. Die Ruhe um sie herum, das Leben in ihrer eigenen Oase war das letzte Puzzleteil in der Trauma-Bewältigung.

Als Stilmittel nutzt Renate Hohmann den sogenannten „Werkzeugkoffer des Hüters“. Ganz oben in diesem Werkzeugkasten liegt nun die Sicherheit, die zuvor immer ganz unten gelegen habe.

Renate Hohmann erklärt: „Bei Menschen, die etwas Traumatisches erlebt haben, ist es typisch, dass zunächst andere Dinge oben im Werkzeugkasten des Hüters liegen. Da ist Verdrängung, das schnelle Weitermachen und Ablenkung.“

In einfachen Worten vermitteln

Mit „Gestatten, Hüter ...“ will Renate Hohmann eine klare Botschaft senden. „Wir können wieder handlungsfähig werden. Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, können selber was daran machen.“

Das versucht die Autorin, indem sie eine komplexe wissenschaftliche Thematik so einfach wie möglich rüberbringt. „Das Denken ist nur ein Anteil der Gesamtleistung des Gehirns. Das meiste kommt aus dem Körper. Eine neurowissenschaftliche Abhandlung wie ein Geheimcode. Um das Thema verständlicher zu machen, habe ich die Metapher des Huts gewählt“, sagt Renate Hohmann.

Seit zwei Wochen ist „Gestatten, Hüter...“ (ISBN: 978-3-948342-88-3) in allen Buchhandlungen sowie im Onlinehandel und beim herausgebenden Verrai-Verlag erhältlich. Das 93 Seiten umfassende Buch kostet 13,90 Euro.

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