Lippe-Überschwemmungsgebiet: Was Rainer Eickelschulte Hausbesitzern rät

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Lippe-Überschwemmungsgebiet: Was Rainer Eickelschulte Hausbesitzern rät

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Ein Überschwemmungsgebiet für die Lippe will die Bezirksregierung in Schermbeck festsetzen. Für Hausbesitzer könnte das üble Folgen haben. Was Bauamtsleiter Rainer Eickelschulte ihnen rät.

Schermbeck

, 28.01.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Flutkatastrophe im Jahr 2021 hat die Wichtigkeit des Hochwasserschutzes offensichtlich gemacht. Mit Überschwemmungsgebieten will die Bezirksregierung Düsseldorf sicherstellen, dass die Lippe im Falle eines Hochwassers genügend Platz findet. „Sie dienen sowohl dem Wasserabfluss als auch dem Wasserrückhalt (Retention)“, so das Zitat aus der Broschüre „Vorsicht Hochwasser!“ der Bezirksregierung.

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Für Schermbeck hat die Bezirksregierung ein Überschwemmungsgebiet ermittelt, das neben land- und forstwirtschaftlichen Flächen auch Einzelgebäude, Campingplätze, die Sportanlage des TuS Gahlen und Teile des Gewerbegebiets umfasst. Und hier sieht die Verwaltung Probleme auf die Betroffenen zukommen.

Welche Teile Schermbecks bei einem 100-jährlichen Lippehochwasser überflutet würden, zeigt die Karte der Bezirksregierung, die mit digitalen Geländemodellen arbeitet.

Welche Teile Schermbecks bei einem 100-jährlichen Lippehochwasser überflutet würden, zeigt die Karte der Bezirksregierung, die mit digitalen Geländemodellen arbeitet. © Bezirksregierung Düsseldorf

Zunächst aber: Wie kommt die Bezirksregierung auf das Überschwemmungsgebiet, das in der Karte blau eingezeichnet ist? Angenommen wurde dafür ein sogenanntes 100-jährliches Hochwasser (HQ 100), ein statistischer Wert für ein Hochwasser, das durchschnittlich einmal in 100 Jahren auftreten kann. Dies dürfe „nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch seltenere Hochwasser mit höheren Wasserständen auftreten können, die sich auch auf zusätzliche Flächen ausdehnen können“, so die Broschüre.

Digitale Geländemodelle wurden „geflutet“

Mit Vermessungen und Befliegungen wurde ein Modell des Flusslaufs und des umliegenden Geländes erstellt, mit einer Höhengenauigkeit von etwa zehn Zentimetern. Dieses Modell wurde dann digital am Computer mit einem HQ 100 „geflutet“. Die blau gefärbten Bereiche zeigen, welche Bereiche in diesem Fall unter Wasser stehen würden.

Die Karten und weitere Informationen liegen noch bis zum 16. März 2022 im Rathaus Schermbeck aus, sind aber auch digital auf den Seiten der Bezirksregierung verfügbar. Bis zu diesem Datum können Stellungnahmen eingereicht werden.

Würden alle blau markierten Flächen künftig zum Überschwemmungsgebiet erklärt, würde die dazugehörige Verordnung für dort lebende und tätige Menschen einige erhebliche Einschränkungen bringen. Neben dem Verbot zur Ausweisung von neuen Bauleitplänen und schwieriger werdenden Betriebserweiterungen in diesem Bereich wäre dort auch die Errichtung von Mauern, Wällen oder ähnlichen Anlagen quer zur Fließrichtung bei Überschwemmungen untersagt.

Hochwasserschutz für Häuser wäre verboten

Heißt im Klartext: Würde sich ein Hausbesitzer dazu entschließen, sein Haus mit einem Wall oder einer Mauer vor Hochwasser zu schützen, wäre ihm das verboten.

Das will die Verwaltung so nicht hinnehmen. Der Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschuss berät am 2. Februar über eine geplante Stellungnahme der Gemeinde. Im Beschlussvorschlag wird gefordert, dass die Bebauungspläne „Bricht Nr. 2 „Gewerbegebiet“ sowie Nr. 35 „Lippe-Sportanlage“ aus dem Überschwemmungsgebiet ausgeklammert werden. Zumal in Schermbeck noch reichlich andere Flächen bereitstünden.

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Ebenso sollen alle Einzelgebäude sowie die Freizeitanlagen im Bereich Gahlen/Im Aap vollständig ausgeklammert werden, also die Campingplätze, die Jugendfreizeitstätte, die Fläche der Feldbahnfreunde, „um ihnen einen sukzessiven Ausbau der Hochwasserschutzmaßnahmen weiterhin zu ermöglichen“. Dabei gehe es darum, so Eickelschulte, „geschaffene Lebenswerte“ schützen zu können.

Aus „kann“ soll ein „soll“ werden

Dass bei der Errichtung oder Erweiterung bestehender Gebäude die zuständige Behörde dies unter Betrachtung der wasserwirtschaftlichen Auswirkungen genehmigen kann, reicht der Verwaltung nicht. Sie schlägt vor, dass „bei unterschiedlicher Bewertung der wasserwirtschaftlichen Auswirkungen durch die Genehmigungsbehörde und den Antragsteller des beantragten Ausnahmevorhabens der Antragsteller mittels positivem Fachgutachten einen Soll-Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung gegenüber der Behörde erwirkt“. Statt „kann“ also „soll“ - ein kleiner, aber juristisch großer Unterschied.

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Falls die Politik den Einwendungen der Gemeinde zustimmt und diese so abgegeben werden - heißt das für Hausbesitzer im betroffenen Gebiet, dass sie sich jetzt zurücklehnen können? „Je mehr Stimmen das Gleiche fordern, desto mehr Gewicht bekommt ein Anliegen“, gibt Rainer Eickelschulte zu bedenken.

Betroffene sollten sich äußern

Das sieht auch Gerd Abelt, Vertreter des Bürgermeisters, so: Das öffentliche Beteiligungsverfahren biete auch Bürgern die Möglichkeit, ihre Einwendungen abzugeben. „Ob die Einwendungen zum Erfolg führen, ist ein anderes Paar Schuhe“, sagt Eickelschulte. „Jeder, der sich betroffen fühlt, sollte etwas dazu sagen.“

Sollten die Einwendungen keine Berücksichtigung finden, gibt es die Möglichkeit, mit einer Normenkontrollklage gegen die Festsetzung des Überschwemmungsgebiets zu klagen. Allerdings seien dann die Gerichtskosten zu hinterlegen, gibt Eickelschulte zu bedenken.