
© Berthold Fehmer
Camper-Rausschmiss: Kreisverwaltung macht es sich zu einfach
Meinung
Wegen Brandschutzmängeln untersagt der Kreis Wesel das Wohnen am Campingplatz „Hohes Ufer“. Im Winter, mitten in der Omikronwelle. Damit macht er es sich zu einfach, meint unser Autor.
Soll ein Behördenmitarbeiter oder eine -mitarbeiterin weggucken, wenn Gefahr für Leib und Leben droht? Nein! Deshalb ist es richtig, dass der Kreis Wesel auf die Brandschutzmängel am Campingplatz „Hohes Ufer“ hinweist. Und auch richtig, dass er irgendwann Maßnahmen ergreift, wenn die Gefahr besteht, dass ein Feuer zum Sicherheitsrisiko für viele Menschen werden würde.
Doch nicht nur das Was, sondern auch das Wie ist zu berücksichtigen. Dass die Mängel beim Brandschutz existieren, war spätestens seit Ende November klar. Vier Wochen gab man dem Betreiber, diese abzustellen. In einem Umfang, der offenbar nicht schaffbar war. Der Kreis wusste somit seit Längerem, dass die jetzige Situation eintreten könnte.
Diese Möglichkeiten hätte der Kreis gehabt
Statt den betroffenen Campern jetzt einfach eine Nutzungsuntersagung vor den Latz zu knallen und sie damit mitten im Winter, mitten in der Omikronwelle vor die Tür zu setzen in einem leer gefegten Schermbecker Wohnungsmarkt, hätte der Kreis dieses Szenario den Betroffenen frühzeitig ankündigen müssen. Und sich zwischenzeitlich um Hilfsangebote kümmern können, vielleicht in Zusammenarbeit mit der Kommune und anderen Trägern.
Beispielsweise gibt es eine Wohnungsnotfallhilfe der Caritas in Schermbeck. „Viele Menschen, die dort leben, bewegen sich im Laufe der Zeit in einer Spirale, die immer weiter nach unten geht“, sagte Guido Busch (Caritas) bei der Vorstellung dieses Hilfsangebots im Jahr 2019 über die damals rund 200 Menschen, die damals auf Schermbecker Campingplätzen wohnten. Das Problem war also lange bekannt.
Beim Wildwuchs Augen zugedrückt
Brandschutz und Wohnen auf Campingplätzen sind keine Themen, die nur im Kreis Wesel ein Problem sind. Lange wurden beim Wildwuchs der Häuser alle Augen zugedrückt und lange hat man zugelassen, dass die Situation so ist, wie sie jetzt ist. Fakt ist aber nun, dass viele Menschen mittlerweile auf Campingplätzen leben - manche aus ideellen Gründen (Natur usw.), aber viele eben auch, weil sie finanziell keine andere Möglichkeit haben.
Einen Teil der Probleme haben sich die Camper selbst zuzuschreiben. Aber alle Kommunen, in denen Campingplätze ähnliche Probleme wie in Schermbeck aufweisen, sollten nun dringend Strategien entwickeln, um Härten wie im jetzigen Fall zu vermeiden. Und es braucht dringend eine klare Rechtslage, die unzweideutig deutlich macht, ob das Wohnen auf einem Campingplatz oder Wochenendplatz oder wie auch immer man solche Plätze nennen will, nun erlaubt ist oder nicht. Die Unsicherheit, in der die Betroffenen in Schermbeck jetzt leben müssen, sollte es in Zukunft in dieser Form kein zweites Mal geben.
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
