Für Schermbecks Finanzen sieht es in den nächsten Jahren übel aus, wenn Bund und Land keine nachhaltigen Lösungen für die kommunalen Herausforderungen auf den Weg bringen.
Der 768 Seiten umfassende Etat-Entwurf weist für 2024 zwar ein kleines Plus von 170.000 Euro aus, aber auch nur, weil Grundstücksverkäufe (328.000 Euro) berücksichtigt wurden. „Das geht nur einmal und ist keine fortlaufende Einnahme“, relativierte Kämmerer Alexander Thomann die eigentlich positive Bilanz. „Und die Zahl der Grundstücke ist begrenzt.“
Allein durch den geplanten und dringend notwendigen Schulneubau in Höhe von 32 Millionen Euro und weitere Flüchtlingsunterkünfte rechnet der Kämmerer mit einer Neuverschuldung von 45 bis 50 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren. Solche Prognosen hat es in Schermbeck noch nie gegeben.
Der Zinsaufwand der laufenden Kredite wird sich von 360.000 auf 1,5 Millionen Euro pro Jahr erhöhen, aber es gibt noch weitere Kostentreiber, auf die die Gemeinde keinen Einfluss hat. Vier Beispiele:
- Die Kosten für den Schülerspezialverkehr erhöhen sich von 525.000 auf 745.000 Euro.
- Die Sozialleistungen für Flüchtlinge verdoppeln sich fast - von 671.700 auf 1,2 Millionen Euro.
- Neue Unterunterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge werden etwa 365.000 Euro kosten, rund 165.000 Euro mehr als 2023.
- Preise für Bau-, Dienst- und Lieferleistungen sind gestiegen, ebenso die Energiekosten.
Die Folge: ein strukturell unterfinanzierter Haushalt in den nächsten Jahren. Das Delta wird laut Bürgermeister Mike Rexforth immer größer werden. Am Ende reiche es hinten und vorne nicht. Das könne bedeuten, dass eigentlich notwendige Projekte verschoben werden müssen.
Steuererhöhungen ab 2024
Seit Monaten ist bekannt, dass die Gemeinde Schermbeck die Grundsteuer A von 300 auf 400 Punkte und die Grundsteuer B von 495 Punkten auf 750 Punkte erhöhen will. Die Gewerbesteuer wird wohl von 460 auf 510 Punkte klettern.
Im Rathaus sind hunderte Einwände eingegangen. Rexforth bestätigt, dass bereits einige Gewerbetreibende an Standorte umgezogen sind, die kostengünstiger sind.
Der Kreis Wesel habe der Gemeinde Schermbeck indes schon seit Jahren geraten, die Bürger mehr zur Kasse zu bitten, so Rexforth, „aber wir haben uns immer dagegen entschieden“. Doch nun lasse es sich nicht länger vermeiden.
Auch die fortlaufend steigenden Kosten für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen aus der Ukraine müssen mit eingerechnet werden. Schließlich sind alle 396 Städte und Gemeinden in NRW laut § 1 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes verpflichtet, ausländische Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen.
Rexfoth hat deshalb, wie fast alle NRW-Bürgermeister, einen Brandbrief an Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) unterschrieben. Der Fortbestand der kommunalen Selbstverwaltung stehe auf dem Spiel, vielen Städten und Gemeinden drohe der finanzielle Kollaps, heißt es darin unter anderem.
Denn 2024 falle auch die Bilanzierungshilfe weg, die Kommunen angesichts von Zusatzkosten für Corona und Ukraine-Krieg eingeräumt wurde. Laut Rexforth bieten Bund und Land aber noch keine Alternative an, um den Kommunen in dieser schwierigen finanziellen Lage zu helfen.
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