Joel Matip spricht über seinen S04-Abschied
Das Schalke-Interview
Zu Beginn seiner Profi-Karriere fand Joel Matip Interview-Termine ungefähr so prickelnd wie Zahnarztbesuche. Doch mittlerweile hat der 24-Jährige auch in diesem Bereich an Profil gewonnen - und so nimmt der Innenverteidiger im Interview mit Frank Leszinski erstmals ausführlich Stellung zu seinem Wechsel zum FC Liverpool und zu seinen Erwartungen im Endspurt der Bundesliga-Saison.

Joel Matip (l.) spricht im Interview über seine Schalker Jahre, Felix Magath und den FC Liverpool.
Nur noch neun Pflichtspiele haben Sie im Schalke-Trikot vor der Brust. Hat Sie schon etwas Wehmut ergriffen? Ich freue mich erst noch über die Zeit, die ich bis zum Sommer hier habe. Teilweise gucke ich schon ein bisschen zurück, aber da überwiegt die Zufriedenheit über die schöne Zeit hier auf Schalke.
Wie waren die Reaktionen der Fans, nachdem Sie ihren Abschied verkündet hatten? Die Mehrheit hat mich auch danach unterstützt und willkommen geheißen. Natürlich hätte sich aber auch der eine oder andere gewünscht, dass ich bleibe und ist enttäuscht. Es ist keine Entscheidung gegen Schalke, sondern eine dafür, etwas Neues kennenlernen zu wollen.
Musste Liverpools Trainer Jürgen Klopp viel Überzeugungsarbeit leisten, um sie zum Wechsel zu animieren? Liverpool ist ein toller Verein mit einem tollen Trainer. Und den Zeitpunkt für eine Luftveränderung fand ich jetzt auch genau richtig. Es war eine schwere Entscheidung für mich, aber eine richtige und gute. Davon bin ich überzeugt.
Wie lange haben Sie mit der Entscheidung gerungen, Schalke zu verlassen? Ich habe viele Nächte darüber geschlafen. Man hätte eine Liste machen können, was für und was gegen einen Wechsel spricht. Doch am Ende des Tages bin ich ein Bauchmensch. Irgendwann war mir klar: Du machst das.
Was hat Liverpool, was Schalke nicht hat? Es liegt in England. (lacht) Aber im Ernst: Ich würde eher die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Vereinen betonen. Die großartigen Fankulturen, die sportlichen Erfolge und die große Tradition, die weithin bekannt sind.
Auf Schalke haben Sie sechs Profi-Trainer erlebt. Wer hat Sie am meisten gefordert? Ich tippe auf Felix Magath. Richtig. Das war teilweise eine schwere Zeit für mich, aber im Nachhinein bin ich Herrn Magath sehr dankbar. Es war eine große Umstellung für mich, vom Jugend- in den Profibereich zu kommen und dann unter Magath das enorme Trainingspensum zu absolvieren. Das waren harte Lehrjahre, Magath war in jeder Hinsicht speziell.
Inwiefern? Er hat sehr viel gefordert und war nicht sehr kommunikativ. Aber gerade damit bin ich gut klargekommen, weil ich ja auch kein großer Redner bin. Magath gab klare Anweisungen und fertig.
Ihr aktueller Trainer André Breitenreiter hat viel Kritik einstecken müssen. Wie haben Sie das aufgenommen? Er musste gleich erkennen, wie schnell im Schalker Umfeld Unruhe aufkommt. Doch er macht das sehr gut, verbessert uns kontinuierlich. Ich bin guter Dinge, dass er noch lange für Schalke arbeitet.
Die Pfiffe der eigenen Fans gegen Sie im Donezk-Spiel hat Breitenreiter als hämisch empfunden. Und Sie? Es war ein schwarzer, schwerer Tag für mich. Vor allem das zweite Gegentor darf nicht so passieren. Das war hart für mich, aber so ist Fußball. Es tat mir sehr leid für die Mannschaft. Aber ich habe die Fehler nicht absichtlich gemacht.
Können Sie nach so einem Tiefpunkt einschlafen? Bei Abendspielen selten und diesmal überhaupt nicht. Ich habe die ganze Nacht wach gelegen. So etwas geht an mir nicht spurlos vorbei.
Ist Schalke jetzt so stabil, dass man in Berlin am Freitag bestehen kann? Die Berliner sind super drauf und stehen nicht umsonst auf dem dritten Tabellenplatz. Doch wir fahren nicht als Sparringspartner nach Berlin. Wir haben auch eine gute Mannschaft, die in den letzten Spielen Selbstvertrauen getankt hat. Aber wir stecken im Umbruch mit einer jungen Mannschaft. Deshalb sollten wir weiter befreit aufspielen und nicht zu viel Druck an uns heranlassen.