Eine Zeitreise ohne Handy zum Final-Reporter von 1997

Schalke-Moment des Jahres

Schalke schwelgt in der ersten Jahreshälfte 2017 in Erinnerungen. Auch weil es aktuell gerade nicht viel zu feiern gibt, wird der 20. Jahrestag des sensationellen UEFA-Cup-Gewinns von 1997 im Mai zu so etwas wie dem königsblauen Jahres-Höhepunkt. Sogar der Ehrgeiz des Autors dieser Zeilen mutiert angesichts der Feierlichkeiten rund um die Eurofighter geradezu auf Europacup-Niveau. Ein Treffen mit Reporter-Legende Werner Hansch muss her. Zumindest ist das der Plan.

Gelsenkirchen

, 24.12.2017, 09:12 Uhr / Lesedauer: 2 min
Huub Stevens (l.) und Rudi Assauer präsentieren den Uefa-Pokal im Parkstadion. Werner Hansch hatte das Rückspiel im Finale in Mailand kommentiert.

Huub Stevens (l.) und Rudi Assauer präsentieren den Uefa-Pokal im Parkstadion. Werner Hansch hatte das Rückspiel im Finale in Mailand kommentiert. © dpa

Für eine Sonderpublikation zum Schalker UEFA-Cup-Sieg soll Hansch, der das zweite Finalspiel in Mailand damals live fürs Fernsehen kommentierte, den wohl größten Schalker Triumph der Vereinsgeschichte Revue passieren lassen. Alles kein Problem. Man kennt sich ja. Ein Anruf, schnell aufs Band gesprochen, tatsächlich ruft Werner Hansch zeitnah zurück.

Der erste Versuch

Der Treffpunkt ist rasch vereinbart und mit der Kneipe „Der Schalker“ am Trainingsgelände natürlich optimal gewählt. 17. Januar, 11 Uhr. Wer nicht kommt, ist Werner Hansch. Nicht um 11 Uhr, nicht um 11.30 Uhr, nicht um 12 Uhr. Hätte er ja wenigstens mal anrufen können, knurrt der Autor dieser Zeilen. Und macht sich verwirrt vom Acker.

Werner Hansch ruft später an. Entschuldigt sich formvollendet, eine gesundheitliche Unpässlichkeit sei ihm dazwischengekommen. Alles klar, kein Problem.

Neuer Anlauf am 24. Januar, 11 Uhr. Gleicher Treffpunkt, das gleiche Spielchen. Kein Werner Hansch in Sicht. Gegen 12 Uhr kommt eine Kellnerin vom „Schalker“ und lässt ausrichten, dass Herr Hansch im Restaurant vom Schloss Berge auf mich warten würde. Nun gut. Im Affenzahn hingebraust, um an der Rezeption zu erfahren: Herr Hansch hat das Schloss gerade verlassen. Hätte er doch wenigstens mal anrufen können, knurrt der verwirrte Autor.

Auch Nummer zwei klappt nicht

Am Nachmittag ruft Werner Hansch an, entschuldigt sich, wieder formvollendet. Er sei davon ausgegangen, dass wir uns im Schloss Berge verabredet hätten. Kein Problem. Kann ja alles passieren. Eigentlich undenkbar, aber vielleicht hatte ich mich ja sogar geirrt...

Dritter Versuch: 31. Januar, 10 Uhr, diesmal wirklich Schloss Berge in Gelsenkirchen. Der Autor wird zum Frühaufsteher, ist schon um 9 Uhr auf dem Parkplatz. Nur nichts und niemanden verpassen. Tatsächlich: Auch Werner Hansch kommt schließlich, endlich hat es geklappt. Und das Warten hat sich gelohnt. Wenn der heute 79-Jährige über den Schalker UEFA-Cup-Sieg plaudert, ist noch heute jedes Wort wie eine packende Live-Reportage.

Selbst die anderen Gäste hören mit

Während des gemeinsamen Frühstücks im Schloss zieht Hansch mit seinen Erinnerungen und seiner unverwechselbaren Stimme selbst die Zuhörer in seinen Bann, die an anderen Tischen sitzen. Das Treffen mit dem Kult-Reporter gehört zu den Terminen, die mehr sind als einfach nur eine Zeitreise 20 Jahre zurück. Ein Termin, der einfach nur Spaß, aber auch nachdenklich macht – vor allem, wenn Werner Hansch über den an Alzheimer erkrankten Rudi Assauer spricht, den Vater des Erfolges, den Schalke nun, 20 Jahre später, feiert.

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Das Interview ist längst geschrieben und erschienen, als die „Eurofighter“ am 21. Mai noch einmal auf Schalke zu ihrem Jubiläumsspiel auflaufen. Auch Werner Hansch ist natürlich eingeladen und hat offenbar nicht vergessen, dass es drei Versuche brauchte, bis wir endlich zusammen fanden. Dem festen Händedruck und dem „Danke für das Interview“, lässt er nämlich noch ein augenzwinkerndes „Hat ja alles gut geklappt...“ folgen.

Plötzlich war 1997 ganz nah

Hat es ja auch. Wenn man die Umstände bedenkt. Denn auf die Frage, warum er sich nicht einfach telefonisch kurz gemeldet habe, um die ersten beiden Termine abzusagen, hatte Werner Hansch im Januar geantwortet: „Ganz einfach: Ich habe kein Handy.“

Kein Handy. Und das im Jahr 2017. Irgendwie beneidens- und bewundernswert. Plötzlich war 1997, als ein Handy noch nicht selbstverständlich war, ganz nah. Und das Termin-Triple mit Werner Hansch mehr als „nur“ eine schöne Zeitreise in die königsblaue Glückseligkeit.

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