Enkeltrick-Betrüger üben nach Einschätzung der Polizei im Kreis Coesfeld einen derart großen emotionalen Druck auf die Seniorinnen und Senioren aus, dass viele ältere Menschen den Tätern Geld geben. Die Schadenssumme ist erneut stark gestiegen.

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Verbrechen: Corona-Pandemie hat andere Auswirkungen als erwartet

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Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf Straftaten im Kreis Coesfeld? Am Montagnachmittag hat die Polizei die Zahlen für 2020 vorgelegt. Sie präsentierte dabei einige Überraschungen.

Olfen

, 08.03.2021, 20:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wirtschaftlich schwierige Situationen, dazu Homeoffice, Homeschooling und andere ungewohnte, belastende Rahmenbedingungen: Aus Sicht von Experten können derart ungewöhnliche Situationen zu einem Anstieg häuslicher Gewalt führen. Während landesweit tatsächlich die Zahlen gestiegen sind, konnten für den Kreis Coesfeld Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr und Vertreter der Polizei im Kreis Coesfeld am Montagnachmittag ein Stück weit Entwarnung geben.

Im Gegensatz zum Landestrend ist im Kreis die Zahl der (angezeigten) Fälle im Vergleich zu 2019 um rund 5,5 Prozent auf 325 Fälle zurückgegangen. „In 239 Fällen handelte es sich dabei um eine einfache Körperverletzung“, sagte Kriminaloberrat Guido Meinert, Leiter der Direktion Kriminalität. Dieser Rückgang sei vor allem mit Blick auf das Jahr 2016 sehr erfreulich, seinerzeit wurden im Kreis Coesfeld 412 Fälle angezeigt. Allerdings haben sich andere Hoffnungen der Polizei in 2020 nicht erfüllt.

Kreis Coesfeld gehört zu den sichersten in Nordrhein-Westfalen

Abteilungsleiter Thomas Eder räumte auf der Pressekonferenz ein, dass die Polizei insgesamt rückläufige Zahlen erhofft, vielleicht sogar erwartet hatte. Festgemacht hatte sie das an verschiedenen Punkten: Wenn es fast keine Feste und keine Möglichkeiten zum Discobesuch gibt, sollte es doch auch weniger Handgreiflichkeiten geben. Und wenn viele Menschen auch tagsüber zu Hause sind, müsste doch eigentlich die Zahl der Einbrüche zurückgehen.

Die vorliegenden Zahlen sprechen allerdings eine andere Sprache. Insgesamt weist die Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr 10.612 angezeigte Straftaten aus, 48 mehr als in 2019. „Damit gehört der Kreis Coesfeld weiterhin zu den sichersten Kreisen in der Region“, sagt Landrat Christian Schulze Pellengahr. In der Region könne nur der Kreis Warendorf bessere Zahlen vorlegen. Schulze Pellengahr stellte zudem die unverändert hohe Aufklärungsquote von 52,86 Prozent heraus.

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Allerdings räumte der Landrat auch ein, dass es Bereiche gibt, die dem Kreis und der Polizei große Sorgen bereiten. Mit Blick auf die Enkeltrickbetrüger sprach Kriminaloberrat Guido Meinert von „professionellen Banden, die oft vom Ausland aus agieren.“ Meinert bescheinigte den Tätern dabei eine „perfide Professionalität“. Nur auf den ersten Blick ist die Zahl erfreulich, dass von 766 angezeigten Taten am Ende „nur“ 24 vollendet werden konnten. Doch der entstandene Schaden in diesen Fällen ist gewaltig. Im Vergleich zu den Vorjahren hat er sich dabei ein weiteres Mal extrem erhöht.

Enkeltrick-Betrüger verursachen enormen Gesamtschaden

Betrug die Schadenssumme in 2018 knapp 25.000 Euro erhöhte er sich im Folgejahr auf gut 124.000 Euro. In 2020 stieg der Gesamtschaden auf fast 390.000 Euro. „Teilweise werden Senioren um ihr gesamtes Gesparte gebracht“, sagte Meinert. Mit weiterer Aufklärung werde die Polizei versuchen, Senioren zu schützen. Meinert gestand aber auch ein, dass die Anrufe oft einen „enormen emotionalen Druck aufbauen“ und dabei auch andere Stimmen einspielen, um so den Eindruck zu erwecken, dass es sich wirklich um einen in Not geratenen Enkel handelt.

Fragen wirft auch die Statistik zu den Sexualstraftaten auf. Deren Zahlen sind in 2020 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen. Auf 93 und damit mehr als verdreifacht hat sich die Zahl der Taten rund um pornografische Erzeugnisse. Im Mittel der letzten fünf Jahre liegt hingegen die Zahl der versuchten (4) und vollzogenen (22) Vergewaltigungen. Müssen Frauen im Kreis Coesfeld Angst haben, in der Dunkelheit vor der Tür zu treten. Wohl eher nicht. „In 24 der insgesamt 26 Fälle gab es eine Täter-Opfer-Beziehung“, sagt Guido Meinert. Er konnte zum Schluss seiner Ausführung noch von einer erfreulichen Entwicklung berichten. Immer mehr Einbruchsversuche werden abgebrochen oder scheitern - in 2020 waren es rund 45 Prozent.