Diskussion an Wieschhofschule: Eltern stimmen über Unterrichtssystem ab

© Thomas Aschwer

Diskussion an Wieschhofschule: Eltern stimmen über Unterrichtssystem ab

rnStreit an Schule

Seit Jahren gibt es Diskussionen um den jahrgangsübergreifenden Unterricht an der Wieschhofschule in Olfen. Nun können die Eltern abstimmen, welchen Unterricht sie für ihre Kinder wollen.

Olfen

, 18.03.2022, 14:57 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Wieschhofschule in Olfen ist eine von nur noch wenigen Schulen in NRW, die die Kinder im jahrgangsübergreifenden Unterricht unterrichtet. Das System ist nicht neu, genauso wenig wie die Diskussionen zwischen Befürwortern und Gegnern dieses Unterrichtssystems. Nun lässt die Schule intern abstimmen, ob die Eltern das Regelsystem mit reinen Klassen 1 bis 4 oder mit gemischten Klassen 3/1 und 4/2 bevorzugen. Auch die Eltern der Kinder, die im Sommer eingeschult werden, können abstimmen.

Die Wieschhofschule hat den jahrgangsübergreifenden Unterricht vor einigen Jahren eingeführt. Zunächst konnten die Eltern wählen, ob ihre Kinder in reinen Klassen 1, 2, 3 und 4 unterrichtet werden sollen oder in gemischten Klassen mit Erst- und Drittklässlern und mit Zweit- und Viertklässlern zusammen. Inzwischen gibt es nur noch den jahrgangsübergreifenden Unterricht im 3/1- und 4/2-System. Auch daran, dass Eltern bei nur einer Grundschule im Ort nicht auswählen können, gibt es immer wieder Kritik von Eltern.

„Nichts für jedes Kind“

Viele verschiedene Erfahrungen mit den zwei Schulsystemen hat eine Mutter aus Olfen gemacht, die fünf Kinder hat. Ihren Namen möchte sie nicht öffentlich nennen, eine Tochter besucht die Wieschhofschule noch. Ihrer Erfahrung nach, ist der jahrgangsübergreifende Unterricht „nichts für jedes Kind“. Während ihre Tochter derzeit gut mit dem Unterricht zurecht kommt, kam ihr Sohn, der inzwischen die weiterführende Schule besucht, nicht damit klar. „Man muss ziemlich flexibel sein“, sagt die Mutter über den jahrgangsübergreifenden Unterricht. Kinder, die mehr Struktur bräuchten, wie ihr Sohn, gingen dabei leichter unter. „Ich glaube, für die große Mehrheit ist das Regelsystem besser.“

Daher habe sie sich damals entschieden, dass ihr Sohn besser mitten im Schuljahr an die Grundschule in Hullern wechseln sollte. Die kleine Grundschule dort sei optimal gewesen. So habe ihr Sohn mehr Hilfe beim Lernen bekommen. „Die Lehrerin hatte beim 3/1 dafür gar keine Zeit“, sagt die Mutter aus Olfen.

„Überraschende“ Abstimmung

Als nun die Abstimmung über das interne Schulsystem kam, sei sie ziemlich überrascht gewesen, sagt die Mutter. Schon bei der Einführung des jahrgangsübergreifenden Systems seien viele Eltern dagegen gewesen, sagt die Mutter. Doch die Eltern hätten das Gefühl gehabt, „die Schulleitung boxt das durch“.

Jetzt lesen

Es gibt aber auch Eltern, die den jahrgangsübergreifenden Unterricht positiv betrachten. Jan Leifkes etwa. Seine Tochter geht inzwischen in die 9. Klasse und gehörte bei ihrer Einschulung zu den ersten Kindern, die im jahrgangsübergreifenden Unterricht unterrichtet wurden. „Im Rückblick kann ich sagen, die Kinder haben da schon das Lernen gelernt“, sagt Jan Leifkes.

Grundsteine gelegt

Die jüngeren Kinder hätten sich von den Großen das Lernen abgeschaut. Es habe für jedes Kind der ersten Klasse einen Paten aus der dritten Klasse gegeben. Der sei bei Fragen da gewesen. Schon damals habe es Befürworter und Gegner dieses Unterrichtssystems unter den Eltern gegeben. „Wir fanden das ganz gut“, sagt Jan Leifkes. Die Tochter gehe ihren Weg auf der weiterführenden Schule gut. Dieser Grundstein sei in der Grundschule gelegt worden.

Die Wieschhofschule ist mit dem jahrgangsübergreifenden System eine Seltenheit in Nordrhein-Westfalen. Neben ihr gibt es noch sechs weitere Schulen mit jahrgangsübergreifenden Klassen, heißt es aus dem NRW-Schulministerium auf Anfrage. „Jahrgangsübergreifende Lerngruppen bieten günstige organisatorische Rahmenbedingungen für gelingende individuelle Förderung, bei der die Verschiedenheit der Schülerinnen und Schüler in besonderer Weise genutzt wird“, heißt es aus dem Ministerium. Beim gemeinsamen Lernen könnten die älteren Kinder aktiv die „Erklärerrolle“ einnehmen. Dabei entwickelten sie die Kompetenz, jüngeren Kindern bereits erlernte Sachverhalte zu erklären, so die Erklärung weiter.

Jetzt lesen

Dass es unter den Eltern Diskussionen über die Schulorganisation in Olfen gibt, ist auch der Stadtverwaltung nicht neu. Die derzeitige Umfrage an der Wieschhofschule hat Bürgermeister Wilhelm Sendermann zu einer öffentlichen Klarstellung beim sozialen Netzwerk Facebook veranlasst. „Die Stadt Olfen als Schulträger oder ich als Bürgermeister sind in diesem Klärungs- und Entscheidungsprozess (leider) nicht involviert“, schreibt Sendermann in einem öffentlichen Statement im sozialen Netzwerk Facebook.

Bürgermeister hofft auf Klärung und Ruhe

Er habe der Schulkonferenz aber eine begleitende Beratung durch ein geeignetes Institut angeboten. Er hoffe, „dass wir nach dem Klärungs- und Endscheidungsprozess endlich wieder Ruhe in dieser für Olfen wichtigen schulpolitischen Frage bekommen“, schreibt der Bürgermeister weiter. Entscheidungskompetenzen dazu habe aber weder er noch die Stadtverwaltung oder die Politik, stellt er klar.

Die Entscheidung über die Organisationsform der Schule trifft allein die Schulkonferenz. In dem obersten Beschlussgremium der Schule sitzen Vertreter von Lehrern, Schülern und Eltern. Sie tagt Ende März zum nächsten Mal. Die Politik in Olfen wird anschließend im Schulausschuss informiert, der das nächste Mal am 10. Mai tagt. Vorher will sich Schulleiterin Petra Deuker öffentlich nicht zu dem Thema äußern. „Das ist eine schulinterne Angelegenheit“, sagt sie auf Anfrage. Die Öffentlichkeit werde über den Schulausschuss informiert.

Lesen Sie jetzt