Vor 200 Jahren: Als fast der ganze Capeller Dorfkern abbrannte

Capelle

Vorsicht bei Trockenheit. Es besteht Brandgefahr. Das ist heute nicht anders als vor 200 Jahren, als ein Großbrand fast den ganzen Capeller Dorfkern vernichtete.

Capelle

, 13.06.2022, 05:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es ist 200 Jahre her, als ein Feuer in dem Haus der Gastwirtsfamilie Heinrich Soddemann ( jetzt Heimathaus) ausbrach und den Capeller Dorfkern vernichtete. Es war in den Abendstunden des 13. Juni 1822. Ausgelöst wurde der Brand wohl von Unachtsamkeit beim Flachstrocknen. Das berichtet Ludger Hanke vom Heimatverein Nordkirchen. Er hat in der Historie recherchiert.

„An dem Unglückstag war schon eine ungewöhnliche lange Zeit von Dürre und trocknen Winden vorausgegangen“, erzählt Hanke. „Die Folgen waren für Capelle und ihren Bürgern fatal.“

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Wohnhäuser und Stallungen rund um die Kirche standen sehr dicht zusammen und waren mit Stroh eingedeckt. Unter ihren Dächern befand sich schon ein Teil der Ernte, die für den Winter eingelagert war. So schildert Hanke die Situation damals.

30 Familien verloren Hab und Gut

„Innerhalb von kürzester Zeit haben 30 Familien ihr Hab und Gut verloren“, berichtet er. „Das Feuer hat sich in rasender Geschwindigkeit durch aufkommenden Wind rund um die Pfarrkirche und die Dorfstraße ausgebreitet. In wenigen Stunden sind 17 Wohnhäuser mit ihren Nebengebäuden sowie das Schulgebäude mit Lehrerwohnung und die Schmiede in Schutt und Asche gelegt worden. Auch der Dachstuhl des Langhauses und der Turm der St. Dionysius-Kirche ist an der Nordseite stark beschädigt worden.“

Die Nachricht von der Brandkatastrophe habe spontane Hilfe ausgelöst. „Es eilten viele Menschen mit Feuerspritzen aus den Nachbarorten Ascheberg, Herbern, Nordkirchen und Südkirchen um Hilfe bei den Löscharbeiten zu leisten. Aber sie konnten auf Grund des Wassermangels nicht viel ausrichten. Es sind nur wenige Gebäude verschont geblieben.“

Mittellos hätten die Capeller vor ihren rauchenden Brandtrümmern gestanden. Es sei überliefert, dass der Schuster Mersmann so starke Brandverletzungen hatte, dass er mehrere Wochen von dem Herberner Arzt Arnold behandelt werden musste. Zum Glück sei niemand durch das Feuer ums Leben gekommen. Der Bürgermeister Maybach aus Werne und der Landrat Johann von Schlebrügge hätten den obdachlosen Familien, die alles verloren hatten, ihre Hilfe zugesichert.

Unterstützungskommission

Weiter berichtet Ludger Hanke: Es wurde eine Unterstützungskommission gebildet die aus den Kolonen Jagetho, Berlemann, Vikar Meyworm und später Vikar Brüninghoff bestand. Sie organisierten die Verteilung der Spende an die Brandgeschädigten. „Man sagt, dass sich der Schaden auf über 600 Talern belief. Die meisten der Brandgeschädigten hatte ihren Besitz zu niedrig oder auch gar nicht versichert. Zur Auszahlung von der Versicherung an die Brandgeschädigten kamen nur 239 Taler.“

Zum Dank an alle, die versucht haben, die Not der vielen Menschen im Ort ein wenig zu lindern, aber auch an die, die bei den Lösch- und Aufräumarbeiten geholfen haben, die Baumaterialien, Möbeln, Kleidung, Hühner, Enten, Gänse und Geld zu Verfügung gestellt haben, luden die Einwohner von Capelle alljährlich zum ,,Capeller Sattessen“ ein.

„Im Laufe der Jahre hat sich dieser Tag zu einem kleinen Volksfest entwickelt“, führt Hanke aus. Er sei auch ,,Capeller Montag“ genannt worden. Nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges sei dieser traditionelle Brauch nicht wieder aufgelebt.

So sieht das Heimathaus Capelle heute aus.

So sieht das Heimathaus Capelle heute aus. © Arndt Brede (Archiv)

Und jetzt, 200 Jahre danach? Kann sich solch eine Katastrophe wieder ereignen? Ludger Hanke hat da eine ganz klare Meinung: „Das ganze Dorf abgebrannt? Heute kaum vorstellbar. Wir haben ja zum Glück die Freiwillige Feuerwehr.“