
© Grafik Leonie Sauerland
Heimatverein Nordkirchen: Zivilcourage in der Nazi-Zeit würdigen
Retter von Marga Spiegel ehren
Das Gedenken an die Opfer des Nazi-Regimes muss weitergehen. So sieht es der Heimatverein Nordkirchen und hat ein neues Projekt in Arbeit, bei dem es um Marga Spiegel und ihre Retter geht.
Stolpersteine gibt es in vielen Gemeinden und Städten Europas, auch in der italienischen Hauptstadt Rom oder in Tromsö in Nordnorwegen. Auch in Nordkirchen könnte man sich vorstellen, die Aktion des Berliner Künstlers Gunter Demnig in der Schlossgemeinde umzusetzen. Das war auch schon Thema in einer Ratssitzung. Schon vor einiger Zeit habe man versucht, herauszufinden, ob jüdische Familien in Nordkirchen gelebt haben, so Pressesprecher Karim Laouari auf Anfrage. Doch man wurde nicht fündig.
Vor Deportation gerettet
Auch wenn damit die Stolpersteine keine Gedenk-Aktion für Nordkirchen werden können, hat der Heimatverein eine andere Idee, wie man an Menschen, die sich in der Nazi-Zeit für Verfolgte einsetzten, erinnern kann. Und da kommen die Familien ins Spiel, die von 1943 an zwei Jahre lang Marga Spiegel bei sich versteckt haben, um sie vor einer Deportation in ein KZ zu retten. Diese Familien sollen im Mittelpunkt einer Aktion stehen, an der der Heimatverein Nordkirchen arbeitet, wie dessen Vorsitzender Hubert Kersting auf Anfrage sagt.

Marga Spiegel 2013 im Alter von 101 Jahren bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes NRW. Vor acht Jahren, am 11. März, starb sie in Münster. © picture alliance / dpa
Marga Spiegel tauchte mit ihrem Mann und ihrer Tochter bei katholischen Bauernfamilien unter - in Südkirchen, Nordkirchen, Werne und Herbern. Die Geschichte dieser Rettung wurde verfilmt - mit Veronica Ferres und Armin Rohde in den Hauptrollen des Films „Unter Bauern“.
„An diese Familien, die Marga Spiegel versteckt haben, würden wir gern erinnern. Im neuen Baugebiet in Südkirchen wird ja schon eine Straße nach Marga Spiegel benannt und auch nach den Familien Südfeld und Silkenböhmer, die ihre geholfen haben, ich würde gern vorschlagen, dass eine weitere Straße nach der Familie Josefine und Hubert Pentrop benannt wird, die ebenso wie Therese und Heinrich Silkenböhmer und Franziska und Hermann Südfeld Marga Spiegel versteckt hielten.“
Als Zeichen für gelebte Zivilcourage solle an die mutigen Münsterländer Landwirte erinnert werden. „Es gibt nicht so viele Menschen in Deutschland, die den Mut hatten, jüdische Mitbürger zu verstecken und so vor dem Holocaust zu retten“, so Kersting. Er hatte die Gemeinde Nordkirchen auch darauf hingewiesen, dass die Familie Pentrop noch nicht erwähnt worden war.
„Garten der Gerechten unter den Völkern“
Kersting war beeindruckt von der „Allee der Gerechten“ in Yad Vashem, der Holocaust-Gedenkstätte in Israel. Dort wurde für Menschen, die Verfolgte im Nazi-Regime versteckt und gerettet haben, ein Baum gepflanzt. Aus Platzmangel konnte das nicht für jeden „Gerechten“ geschehen. Im „Garten der Gerechten unter den Völkern“ wurde für jede Person eine Plakette angebracht. „Auch die fünf Familien aus dem Münsterland wurden so geehrt“, sagt Kersting.
Er würde sich wünschen, dass es in Nordkirchen demnächst auch ein Denkmal für die drei Familien aus der Gemeinde gibt. Die Heimatfreunde aus Südkirchen sind dabei, zusammen mit der Gemeinde einen passenden Platz zu finden. Die Retter sind auch in dem Buch über „1000 Jahre Nordkirchen“ ein Thema.
„Wir überlegen, wie so ein Denkmal gestaltet werden kann.“ Möglich wären ebenso Stelen wie ein Stein mit den Namen der fünf Familien. Auch beim Material sei man sich noch nicht einig. Aber daran arbeite man nun. Die Gemeinde Nordkirchen begrüßt das Engagement des Heimatvereins. Pressesprecher Laouari: „Wir finden das sehr gut. Jedes Gedenken an die Opfer der Nazis ist wichtig.“
In der Zwischenzeit hat der Heimatverein Nordkirchen noch wichtige Termine. Am Freitag (11. März) findet um 19 Uhr im Heimathaus die Jahreshauptversammlung mit Wahlen statt. Und am Samstag (12. März) wird um 15 Uhr an der Nepomuk-Kapelle, gegenüber des „Plettenberger Hofs“, eine Edelstahl-Stele im Rahmen der 1000-Jahr-Feier von Nordkirchen der Öffentlichkeit übergeben. Stellvertretend für insgesamt drei Stelen - eine für jeden Ort der Gemeinde.
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
