So hat sich ein Nordkirchener selbständig gemacht
Mit Wein und Fachwissen
Die Zahl der Existenzgründungen im Kreis Coesfeld ist 2015 um 4,2 Prozent gestiegen. Der jahrelange Rückgang im Münsterland sei laut IHK Nord Westfalen damit vorerst gestoppt. Auch in Nordkirchen scheinen die Voraussetzungen für Existenzgründer günstig. Einer, der davon aus erster Hand berichten kann, ist Heinz Ferkinghoff.
Im November 2015 hat das Geschäft „Burgundermann“ an der Schloßstraße in Nordkirchen eröffnet. Bis es soweit war, musste Ferkinghoff, der zuvor 40 Jahre lang als Installateurmeister in der Nachbarstadt Olfen gearbeitet hatte, zunächst das Ladenlokal renovieren und passend zu seiner Geschäftsidee umgestalten.
Etwa ein Jahr habe es gedauert, die Baustruktur wieder im Originalzustand herzustellen, berichtet der Weinhändler. Die Mühe habe sich gelohnt, sagt Ferkinghoff. Schon jetzt habe sich gezeigt, dass seine Idee, französische und andere Weine anzubieten, verbunden mit Weinproben und einer fachmännischen Beratung, gut angenommen wird.
Was die Schwierigkeiten waren:
Auch aus seiner bisherigen Erfahrung als Installateurmeister weiß Heinz Ferkinghoff, dass Existenzgründungen immer schwierig seien. Risikokapital in Deutschland zu bekommen sei nie einfach. Die Unterstützung der zuständigen Akteure in Nordkirchen sei dagegen von Anfang an groß gewesen, lobt Ferkinghoff das System in der Schloßgemeinde, zu dem allem voran der Nordkirchener Wirtschaftsförderer Manuel Lachmann gehört.
Heinz Ferkinghoff sagt: „Man wollte mich und über das, was ich mir vorgestellt oder gewünscht habe war immer Gesprächsbereitschaft da“, erinnert sich Ferkinghoff. „Man hat mir niemals Steine in den Weg gelegt – das habe ich in anderen Städten auch schon anders erlebt“, fügt er hinzu.
Was die Gemeinde Nordkirchen tut:
Für die Gemeinde Nordkirchen sei diese Unterstützung für Betriebe, Selbstständige und solche, die es werden wollen, wichtig, erklärt Bürgermeister Dietmar Bergmann auf Anfrage dieser Redaktion. Dadurch, dass die Gemeinde Unternehmen und Geschäftsgründer mit Know-How unterstützt, erhält sie einerseits Arbeitsplätze und erhält beziehungsweise vergrößert auch das Angebot vor Ort.
Ein Beispiel sei der neue Rossmann-Markt im Mühlenpark, der sich letztlich auch durch viele persönliche Gespräche und Besuche zwischen den Verantwortlichen des Unternehmens und der Verwaltung realisieren ließ. Auch wenn die Unternehmen und Existenzgründer der Gemeinde „nicht die Bude einrennen“, wie Dietmar Bergmann sagt – die Nachfrage sei da.
Das ist eine Einschätzung, die sich bei den Existenzgründungen auch auf Kreisebene bestätigt: Bereits im April hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen Zahlen zu Firmenzgründungen in ihrem Bezirk veröffentlicht. Demnach wurden im Münsterland im Jahr 2015 insgesamt 4621 Unternehmensgründungen registriert, fast 2 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Kreis Coesfeld landet dabei mit plus 4,2 Prozent hinter dem Spitzenreiter Kreis Borken (plus 13 Prozent) und dem Kreis Warendorf (plus 6,1 Prozent) auf dem dritten Platz.
Münsterland macht Minus aus Münster wett
Was die Stadt Münster eingebüßt habe (minus 12 Prozent), haben die anderen Kreise im Münsterland wieder wettgemacht. In der Region sei die Selbstständigen-Quote ohnehin hoch, wie Guido Krüdewagen, Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer in Münster erklärt. „Der Kreis Coesfeld ist sehr stark im Landesvergleich“, kommentiert Krüdewagen die Entwicklung.
In Nordkirchen sieht Burgundermann-Betreiber Heinz Ferkinghoff in vielerlei Hinsicht Potenzial: Einerseits ist er davon überzeugt, dass die Händlerschaft durch die Tourismusförderung noch weiter profitieren wird, andererseits will er auch sein Geschäft weiterentwickeln. Im Moment denkt Ferkinghoff darüber nach, sein Geschäft zu erweitern. Wie genau, das sei noch nicht konkret. Fest steht für Ferkinghoff: „Da ist noch viel Luft nach oben.“
Der IHK-Bezirk Nord Westfalen umfasst die Kreise Borken, Coesfeld, Recklinghausen, Steinfurt, Warendorf und die kreisfreien Städte Bottrop, Gelsenkirchen und Münster.
Bei den Firmengründungen im Jahr 2015 lag im Münsterland nur der Kreis Steinfurt mit minus 0,2 Prozent leicht im negativen Bereich.
Im gesamten Gebiet verzeichnete die IHK ein Minus von rund 2 Prozent.
„In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Gründungen in der Region fast halbiert“, sagt Joachim Brendel, Leiter des Geschäftsbereichs Branchen und Infrastruktur der IHK Nord Westfalen.
Laut IHK liegt das unter anderem an der günstigen Situation am Arbeitsmarkt – viele Fachkräfte arbeiten lieber als Angestellte als selbstständig, heißt es in einer Pressemitteilung.
Lesen Sie auf der zweiten Seite ein Interview mit Bürgermeister Dietmar Bergmann - und davon, wie die Gemeinde Nordkirchen Existenzgründer unterstützen will.
Das Thema Wirtschaftsförderung ist für die Gemeinde Nordkirchen ein wichtiger Aspekt, um das Gewerbe vor Ort zu unterstützen und auch Existenzgründungen zu fördern. Bürgermeister Dietmar Bergmann erklärt, wie diese Unterstützung genau aussieht und warum sie für Nordkirchen so wichtig ist.
Wie unterstützt die Gemeinde Existenzgründer ganz konkret?
Wenn wir hören, dass sich jemand selbstständig machen will, manchmal kommt der Hinweis von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, dann gehen meistens Herr Lachmann (Manuel Lachmann ist der Wirtschaftsförderer der Gemeinde Nordkirchen, Anm. der Redaktion) und ich gemeinsam dort hin - so war das zum Beispiel bei Herrn Ferkinghoff - und fragen vor Ort, wie wir denjenigen in dieser Phase unterstützen können.
Dazu gehören aber auch andere, wie die neue Eisdiele am Ludwig-Becker-Platz. Da haben wir zum Beispiel die Kontakte für Fördermöglichkeiten hergestellt. Wir haben in anderen Fällen mit den Kreditinstituten gesprochen. Dafür ist die Wirtschaftsförderung in der Gemeinde da, deshalb haben wir uns auch seit mehreren Jahren so aufgestellt, dass wir die Leute begleiten, bis der Betrieb aufgemacht ist.
Wir haben aber auch schon bei manchen Betrieben vermittelt, die auf uns zugekommen sind, weil sie gemerkt haben, dass es an der ein oder anderen Stelle hakt. Gerade bei Existenzgründungen ist es unsere Aufgabe jeden zu begleiten, der auf uns zukommt. Aber auch nachzuhaken und zu fragen: Läuft es?
Wird ausschließlich mit Know-How unterstützt oder auch finanziell?
Nein, das gibt es bewusst nicht, weil es aus unserer Sicht genug Fördertöpfe für Existenzgründer gibt, zum Beispiel auf Landesebene mit der NRW-Bank. Auch wenn wir finanziell nicht unterstützen, gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den örtlichen Kreditinstituten – der Volksbank und der Sparkasse.
Wie sieht diese Zusammenarbeit aus?
Wenn die Existenzgründer das wollen, geht Herr Lachmann im Regelfall mit zu den Terminen und bespricht, was vielleicht noch fehlt, wer das Businesskonzept erstellen könnte und so weiter.
Wie wichtig ist es für eine Gemeinde wie Nordkirchen, sich so intensiv um Existenzgründer zu kümmern?
Nicht umsonst ist entschieden worden, dass wir einen Wirtschaftsförderer brauchen. Wir wollten eine Person, die ganz gezielt dieses Rundum-Sorglos-Paket liefern kann. Wir haben zwar nicht die ganz großen Unternehmer, aber viele Mittelständler zum Beispiel Einzelhandel auf der Schloßstraße und auch keine Leerstände an dieser Stelle.