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Sexting im Kreis Coesfeld: Wenn das Smartphone zum Tatort wird
Sexting
Es klingt so harmlos: Mal eben eine Nachricht aufs Smartphone der Mitschülerin schicken. Je nachdem, welchen Inhalt diese Nachricht hat, kann sich da auch schon mal die Polizei einschalten.
Sexting, also das Verfassen und Schicken von Nachrichten und Fotos mit sexuellem Inhalt per Smartphone, nimmt auch im Kreis Coesfeld zu. Das hat die Kreispolizeibehörde Coesfeld jüngst während der Präsentation der Kriminalitätsstatistik mitgeteilt. Die Kreispolizeibehörde Coesfeld hat zudem gesagt, dass auch an zwei Schulen im Kreis Coesfeld Sexting-Fälle bekannt geworden seien.
„Insgesamt bereitet uns die gestiegene Anzahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Sorgen“, sagt Kreisdirektor Dr. Linus Tepe. Die Fallzahlen im Kreis Coesfeld seien jährlich von 127 im Jahr 2017 über 158 (2018), 173 (2019) und 238 (2020) auf 280 im Jahr 2021 gestiegen. Das habe insbesondere mit dem Anstieg der Fälle des Besitzes, Verschaffens und Verbreitens pornografischer Erzeugnisse zu tun. Allein 139 der gesamten Sexualstraftaten seien 2021 diesem Deliktsbereich zuzuordnen gewesen.
Von 93 Taten, in denen es speziell um Kinderpornografie ging, waren 46 Täter unter 21 Jahren. In diesem Zusammenhang bereite der Polizei das Sexting Sorgen, sagt der Kreisdirektor. „Hier stellen wir leider immer wieder fest, dass das Unrechtsbewusstsein bei Kindern und Jugendlichen fehlt.“ In der Pflicht seien die Erziehungsberechtigten. „Sie müssen das Medienkonsumverhalten bei ihren Kindern ansprechen und deren Medienkompetenz fördern.“
Prävention
Auch die Kreisverwaltung sei an diesem Thema sehr intensiv dran, berichtet Tepe. „Der Kreisjugendtag wird im Bereich der Prävention sexualisierter Gewalt einen Thementag in digitalen Medien veranstalten. Und auch das regionale Bildungsbüro habe bereits mit der Ausbildung von Medienscouts in den Schulen intensiv dazu beigetragen zu sensibilisieren.“ Schülerinnen und Schüler werden in diesem Projekt gezielt angelernt, dieses Thema sensibel in den Schulen vorzustellen, führt der Kreisdirektor aus.
Die Anzahl der Tatverdächtigen in diesem Deliktsfeld zwischen 14 und 18 Jahren sei gerade was das Thema Jugendpornografie betreffe, deutlich gestiegen. Und zwar von zwei im Jahr 2020 auf acht im Jahr 2021.
„Alle Fälle, bei denen Kinder einschließlich 13 Jahren auf Bildern zu sehen sind, sind strafbar. Egal, ob man diese Bilder besitzt oder weiterverbreitet. Wenn also ein 16-Jähriger ein entsprechendes Bild einer 13-Jährigen bekommt, macht sich der 16-Jährige bereits strafbar wegen des Besitzes dieses Bildes.“ Bei Jugendlichen ab 14 Jahren sei es eine Abwägungsentscheidung, die von der Polizei und der Staatsanwaltschaft getroffen werden müsse. Es komme auf den Einzelfall an. Und auch das Thema des Einverständnisses sei dabei zu berücksichtigen.
Ermittlungsverfahren eingeleitet
2021 habe es zwei Fälle gegeben, bei denen es kinder- und jugendpornografisches Material in einer WhatsApp-Gruppe einer Schulklasse gegeben habe. „Es sind entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet worden“, führt Linus Tepe aus.
Schulische Maßnahmen
Erzieherische Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen sind im Paragrafen 53 des Schulgesetzes NRW geregelt. Begeht ein Schüler oder eine Schülerin eine Pflichtverletzung beziehungsweise wird eine Pflichtverletzung bekannt, so können erzieherische Maßnahmen ergriffen werden. Ist die Pflichtverletzung so schwerwiegend, dass erzieherische Maßnahmen nicht ausreichen, können Ordnungsmaßnahmen verhängt werden. Erzieherische Einwirkungen (§ 53 Absatz 2 SchulG) sind insbesondere:- das erzieherische Gespräch,
- die Ermahnung,
- Gruppengespräche mit Schülern und Eltern,
- die mündliche oder schriftliche Missbilligung des Fehlverhaltens,
- der Ausschluss von der laufenden Unterrichtsstunde,
- die Nacharbeit unter Aufsicht nach vorheriger Benachrichtigung der Eltern,
- die zeitweise Wegnahme von Gegenständen,
- Maßnahmen mit dem Ziel der Wiedergutmachung angerichteten Schadens
- und die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, das Fehlverhalten zu verdeutlichen.
- der schriftliche Verweis,
- die Überweisung in eine parallele Klasse oder Lerngruppe,
- der vorübergehende Ausschluss vom Unterricht von einem Tag bis zu zwei Wochen und von sonstigen Schulveranstaltungen,
- die Androhung der Entlassung von der Schule,
- die Entlassung von der Schule,
- die Androhung der Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes durch die obere Schulaufsichtsbehörde,
- die Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes durch die obere Schulaufsichtsbehörde.
„Wir empfehlen als Kreispolizeibehörde, beim Empfang solcher Dateien mit der Polizei in Kontakt zu treten beziehungsweise den automatischen Download von Bildern im Messengerdienst zu deaktivieren.“
Wie geht eine Schule eigentlich mit dem Thema Sexting um? Hat es bereits Fälle gegeben? Was wäre, wenn es einen Fall von Sexting in der Schule gäbe? Ist Sexting Thema im Unterricht? An wen können sich Opfer wenden? Fragen, die wir dem Leiter der Nordkirchener Johann-Conrad-Schlaun-Gesamtschule, Ulrich Vomhof, gestellt haben.
„Nein“, antwortet Vomhof auf die Frage, ob ein solcher Fall in seiner Schule, schon vorgekommen ist. Wie würde die Schule aber in einem solchen Fall umgehen? „Wir würden den Schulsozialarbeiter und den schulpsychologischen Dienst, eventuell auch die Polizei, einschalten.“ Der Fall würde dann in Gesprächen mit Täter und Opfer, mit den Klassenleitungen und mit den jeweiligen Eltern aufgearbeitet. Und: Den Täter erwarten disziplinarische Konsequenzen nach Paragraf 53 Schulgesetz.
Thema im Unterricht
Sexting ist auch Thema des Unterrichts an der Nordkirchener Gesamtschule. So sei die Klasse 7 an einem Projekt mit externen Partnern zum Thema Cybermobbing und Sexting beteiligt. Zur Förderung der Medienkompetenz arbeite die Gesamtschule mit dem „Medienkompetenzrahmen“ des Landes NRW als Bestandteil des Unterrichts aller Jahrgangsstufen. Dieser sieht ausdrücklich auch die kritische Schulung der Medienkompetenz vor.
Wie nimmt die Schule die Eltern bei dem Thema mit? Dazu gebe es im Rahmen des Projekts einen Elternabend zum Thema Cybermobbing und Sexting, berichtet Ulrich Vomhof.
Und an wen können sich Opfer in der Gesamtschule wenden? Beratungslehrerinnen stehen laut dem Schulleiter als ständige Ansprechpartnerinnen für Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern zur Verfügung. Die Beratungslehrerinnen ziehen bei Bedarf auch außerschulische Partner hinzu.