Ein Familiendrama breitete sich vor kurzem vor der 13. Strafkammer des Landgerichts in Münster aus. Auf der Anklagebank saß ein 25-jähriger in Kamen geborener und jetzt in Werne lebender Mann. Laut Staatsanwaltschaft soll er seine Adoptivmutter in Nordkirchen um 7600 Euro betrogen haben. Das Amtsgericht Lüdinghausen verurteilte ihn dafür zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten und zur Einziehung des Geldes. Dagegen ging er in Berufung, über die nun in Münster verhandelt wurde.
Vom 2. August bis 8. September 2021 hatte der Werner seine Mutter in Nordkirchen besucht und mehrfach deren EC-Karte genommen. Die Pin besorgte er sich aus einem Aktenordner. Damit hob er mehrfach, zum Teil binnen weniger Minuten, dreistellige Beträge vom Volksbankkonto der Mutter ab. Als die das bemerkte, zeigte sie den jungen Mann an.
Adoptivvater tot aufgefunden
In der Berufungsverhandlung erklärte der Verteidiger des Werners, dass die Abhebungen mit Zustimmung der Mutter erfolgt seien. Mit der Anzeige wolle sie ihren Sohn von sich fern halten. Der junge Mann, der seine leiblichen Eltern nicht kennt, habe schwere Schicksalsschläge einstecken müssen.
Alles begann, als er vor sieben Jahren seinen Adoptivvater tot auffand. Das habe ihn aus der Bahn geworfen. Er sei an Drogen und Alkohol geraten und habe seine Lehre abgebrochen. Der Adoptivvater habe ihm und der Mutter ein hohes sechsstelliges Vermögen hinterlassen: mehrere Häuser und viel Bargeld.
Seine Hälfte des Erbes habe der junge Mann notariell auf die Mutter übertragen. Dabei, so der Rechtsanwalt, habe die Frau die Notlage des jungen Mannes ausgenutzt. Ihr Argument: Bei seinem Lebenswandel werde er das Erbe schnell durchbringen.
Richter: Aussagen „lebensfremd“
Darum ging es aber für die Strafkammer nicht. Sie musste nur die als mehrfachen Computerbetrug bewerteten Abhebungen am Geldautomaten bewerten. Der Vorsitzende Richter hielt die Einlassungen der Verteidigung für nicht glaubwürdig, ja für „lebensfremd“.
Er legte dem Angeklagten nahe, die Berufung zurückzunehmen. Die Kammer könne zwar die Strafe nicht verschärfen, weil die Staatsanwaltschaft keine Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt hatte. Allerdings könne das Landgericht jetzt Bewährungsauflagen erteilen, zum Beispiel Arbeitsstunden. Daraufhin beriet sich der Verteidiger kurz mit seinem Mandanten und zog die Berufung zurück.
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