Rund 2000 Studierende lernen an der Hochschule für Finanzen (HSF) im Schloss Nordkirchen alles über das Steuerrecht. Mehr als doppelt so viele angehende Mitarbeiter in den Finanzämtern besuchen die Staatliche Steueruniversität der Ukraine in Irpin nahe Kiew - in normalen Zeiten.
Doch bereits zu Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als einem Jahr wurden die Gebäude der Universität und die Studentenunterkünfte stark beschädigt. „Von der Hochschule sind nur Ruinen übrig“, machte NRW-Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk jetzt deutlich. Gemeinsam mit der ukrainischen Generalkonsulin in Düsseldorf, Iryna Shum, war er jetzt in Nordkirchen zu Gast, denn beide Hochschulen haben eine Absichtserklärung über eine gemeinsame Kooperation in der Zukunft unterzeichnet.

Hilfe beim EU-Beitritt
„Das ist der Anfang einer bereichernden Partnerschaft, die auf viele Jahre ausgelegt ist. Unsere Partnerschaft kann der ukrainischen Finanzverwaltung zudem dabei helfen, steuerpolitische EU-Standards zu implementieren, und so einen raschen Beitritt zur Europäischen Union fördern“, kündigte der Minister an. Die Studierenden sollen sich in gemeinsamen Seminaren austauschen können. Das Institut für Internationales Steuerrecht Ifitax an der HSF hat bereits begonnen, Veranstaltungen für Studierende aus der Ukraine zu öffnen, bis zu 600 Teilnehmende sollen virtuell künftig zugeschaltet werden können. Eine Expertenrunde beider Hochschulen berät zudem, wie neue Vorlesungen und Module auf die Bedürfnisse der angehenden Steuerfachleute aus der Ukraine angepasst werden können.
Dmytro Serebrianskyi, der Direktor der Staatlichen Steueruniversität, machte bei seinem Besuch in Nordkirchen deutlich: „Bildung kann nicht warten, wir müssen jetzt handeln.“ Für die Studierenden und Lehrenden sei es wichtig, endlich aus dem akuten Krisenmodus herauszukommen und nach vorn zu schauen. „Es ist unsere Pflicht, allen Hochschulen ein Beispiel der effektiven Zusammenarbeit zu geben“, blickte er bereits voraus. Generalkonsulin Iryna Shum betonte den mittelfristigen Aspekt der Kooperation: „Diese Synergie ist für die Unterstützung in schwierigen Zeiten von großer Bedeutung, aber auch als Austausch von Erfahrungen für die Zukunft, die die Ukraine beim Wiederaufbau nach dem Krieg und bei der europäischen Integration benötigen wird“.

Besondere Geschenke
HSF-Leiterin Claudia Potthoff-Kowol freut sich laut eigener Aussage bereits sehr auf die Zusammenarbeit mit der Universität in Irpin. „Wir wollen die Studierenden zusammenbringen, um ihr gegenseitiges Verständnis und die persönlichen Beziehungen nachhaltig zu stärken“, machte sie deutlich. Die ukrainische Delegation hatte aus Irpin ein ganz besonderes Geschenk mitgebracht, eine Art Tarnnetz, unter das Soldaten im Krieg gut Waffen verstecken können, mit der deutschen und ukrainischen Flagge. Im Gegenzug überreichte Minister Optendrenk Bücher über NRW und Nordkirchen.

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