Es wird langsam Winter. Während es in Deutschland bei der Weihnachtsmarkteröffnung einigen noch zu warm für einen Glühwein gewesen sein dürfte, fällt in der Ukraine in diesen Tagen bereits der erste Schnee. Was ansonsten viele Kinder freut, ist in diesem Jahr eine große Herausforderung für die Soldaten in dem durch den seit Ende Februar laufenden Krieg gebeutelten Land.
Natalia Kalantarian und Alona Levytska kennen die Winter, in denen Temperaturen von minus 20 Grad keine Seltenheit sind. Die beiden Ukrainerinnen sind vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen und haben sich in Südkirchen getroffen. „Ich wohne im Zentrum des Landes auf halber Strecke zwischen Kiew und Odessa. Weil sich dort die großen Verkehrsachsen kreuzen, ist es gefährlich. Dort ist ein guter Platz für die Russen, um sich aufzuhalten“, erklärt die 36-jährige Alona Levytska. Sie hat ihre beiden zwölf und neun Jahre alten Töchter mitgenommen, ihre Mutter und ihr Mann sind dagegen in der Ukraine geblieben. Zuletzt sei es schwieriger geworden, mit ihnen zu kommunizieren. „Strom und Telefon funktionieren nicht immer, ein Elektrizitätszentrum wurde zerstört“, berichtet sie.
Natalia Kalantarian lebt mit ihrem 15 Jahre alten Sohn und ihrer Mutter in Südkirchen. „Wir haben uns bei einem Treffen in der Pankratiuskirche kennengelernt“, erklärt sie. Sie stammt aus einer Stadt nahe der belarussischen Grenze westlich von Kiew, wo die Russen eine der ersten Attacken des Krieges gestartet haben.

Initiative hilft Soldaten
Mit den Gedanken sind beide natürlich bei ihren Landsleuten im Krieg. Beide wollen aus der Ferne helfen, so gut es ihnen möglich ist. Deshalb engagieren sich beide in der Initiative „Blau Gelbes Herz“ aus Dortmund. Dort treffen sich viele Ukrainer, die in der Region leben, unter anderem zu Straßenmärkten und Konzerten, deren Erlöse genutzt werden, um Kleidung, Essen oder Medikamente für Soldaten im Krieg zu kaufen.
„Nach einiger Zeit haben wir verstanden, dass wir nicht einfach hier sitzen und nichts tun können. Alle 14 Tage fährt ein Bus aus Dortmund in die Ukraine. Das ist das mindeste, was wir machen können“, erzählt Alona Levytska. Viele handgemachte Gegenstände finden den Weg zu einer bestimmten Soldatengruppe, zu der ein Mitglied der Initiative engen Kontakt hat. Auch ihre ältere Tochter Kristina habe unter anderem schon einige Armbänder und Engel in den Nationalfarben gelb und blau gebastelt. „Sie hat große Angst, dass ihr Vater im Krieg kämpfen muss, und versucht alles zu tun, damit der Krieg endet“, beobachtet ihre Mutter.

Großer Dank für Hilfe
Aktuell basteln die Ukrainer und Ukrainerinnen vor allem besondere Kerzen. Aus alten Kerzen, Kartons, Dosen (zum Beispiel für Konserven) und Paraffin werden diese gefertigt und wärmen besonders lange. „Sie brennen zwei bis fünf Stunden“, weiß Natalia Kalantarian. Weil aber Dosen aktuell nicht immer in ausreichender Zahl vorhanden sind, hat sie sich in verschiedenen Facebook-Gruppen an die Menschen in Nordkirchen und Umgebung gewandt und sie um Unterstützung gebeten. Viele hätten sich bereits gemeldet, freuen sich die beiden Frauen. Ganz wichtig ist es ihnen, sich bei den Menschen in ihrer derzeitigen Heimat zu bedanken: „Vom ersten Tag an fühlen wir uns hier sehr gut aufgenommen und sicher. Die Kinder hatten viel Angst, als Bomben in die Fenster krachten.“ Hilfe bräuchten nun vor allem die Soldaten in der Ukraine. „Jede Dose hilft. Vier Dosen bedeuten zwölf Stunden mehr Wärme, das ist einfache Mathematik“, rechnet die 36-Jährige vor.
Obwohl sie die damit unterstützten Soldaten nicht persönlich kenne, fühle sie sich ihnen unter anderem durch deren Dankesvideos eng verbunden. „Sie machen alles für mich möglich, damit ich nach Hause zurückkehren kann. Durch die Kerzen spüren sie die Wärme der Zivilbevölkerung“, würdigt sie den Einsatz.
Derzeit besuchen ihre Kinder die Schule in Nordkirchen, die beiden Mütter besuchen einen Deutschkurs in Lüdinghausen. Wann der Krieg endet, ist leider weiter völlig offen. „Als wir nach Deutschland gingen, dachten wir, dass der Krieg im Frühjahr enden würde. Jetzt ist klar, dass es noch dauern wird“, ist Alona Levytska klar. Die beiden Ukrainerinnen werden ihre Heimat aus Südkirchen weiter unterstützen.
Wer die Aktion unterstützen möchte, kann sich bei Alona Levytska (WhatsApp 00380 638000191) melden.