Zwei Frauen im Niemandsland
Im Kino
Ein Szenario wie im Endzeit-Drama. Geisterstädte, Ruinen, Trümmer, kaum Vegetation. Halden aus Plastiksäcken, Container, in denen alte Leute ihr Leben fristen. Die Schwarzweiß-Fotografie verstärkt den Eindruck des Unwirklichen.

In poetischen Schwarzweiß Bildern erzählt Doris Dörrie, wie Marie (Rosalie Thomass, l.) und Satorni (Kaori Momoi) im Film „Grüße aus Fukushima“ Freundschaft schließen.
Und doch ist alles höchst real. Doris Dörrie hat am Ort der Katastrophe gedreht, sie schickt uns beklemmende "Grüße aus Fukushima". Es ist ein Film, der spüren lässt, dass die Japan-Kennerin Dörrie sich den Menschen dort verbunden fühlt, ein Film gegen das Vergessen.
Mehr Zen als Drama
Es hätte ein flammendes Manifest werden können, ein Klagegesang über die Fehler von Regierung und Atomindustrie. Doris Dörrie geht den besseren Weg: Sie bleibt an den kleinen Leuten, sucht und findet das große Ganze in deren Gesichtern. Statt Pathos regiert melancholische Poesie, eingebunden in einen Erzählrhythmus meditativer Ruhe - mehr Zen als Drama.
Im Kern ist der Film ein Zwei-Personen-Stück. Rosalie Thomass (gut) spielt eine Deutsche, die nach Japan kommt, um mit der Truppe "Clowns 4 help" Evakuierte zu bespaßen, die nach dem Unglück in Notquartieren hausen. "Das ist absolut peinlich!", empört sich Marie und will abreisen.
Dünnes Nervenkostüm
Maries Nervenkostüm ist dünn, ihre Hochzeit ist geplatzt: "Dachte ich, es geht mir besser, wenn ich bei Leuten bin, denen es schlecht geht?" Am Bahnhof dreht sie um und fährt zu einer Japanerin, die wieder in ihr zerstörtes Haus in der Sperrzone eingezogen ist. Da sind sie nun, der Trampel aus dem Westen und die Geisha (Japans Mega-Star Kaori Momoi), die Marie Demut und Gelassenheit lehrt.
Wunde Seelen in einer Trümmerlandschaft. Sie werden Freunde, stellen sich ihren Dämonen, die mehr sind als nur Hirngespinste. Aus Schamanismus, japanischer Weisheit und Tradition mixt Dörrie uns einen Cocktail, der durch kleine Komik-Spritzer sehr belebend wirkt. Menschlichkeit ist das Gegengift zur Depression in Fukushima. Fein gespielt, warmherzig und rührend, dazu starke Bilder.
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