
Verdächtig: Dieser Behälter ist eigentlich der Papierkorb in unserem gemeinsam genutzten Büro. Habe ich etwa diesen ganzen Süßkram gegessen? Damit muss Schluss sein, allein wegen der Kosten. © Raulf
Zu teuer: Familie verzichtet ab sofort auf Süßigkeiten
Kolumne Papatastisch
Es reicht. Bei den Preisen macht der Einkauf im Supermarkt keinen Spaß mehr. Wo sparen? Bei den teuersten Sachen! Ab sofort gibt es bei uns keinen Süßkram mehr. Das wird allerdings auch nicht spaßig.
Diese Woche schreibe ich über Süßigkeiten. Als ich meine Planung für die aktuelle Kolumne am Küchentisch verkündete, fauchte meine älteste Tochter sofort mit funkelnden Augen zurück. „Was willste denn da schreiben? Wir haben doch nichts mehr. Wir haben noch nicht mal Kinderriegel hier!“ Ich habe in ein Wespennest gestochen.
Verzichten würde uns mal gut tun
Eine Geschichte über Süßigkeiten hätte ich eigentlich in der Fastenzeit machen müssen. Ich habe aber bewusst darauf verzichtet. Warum? Weil wir vor Ostern nicht bewusst verzichtet haben. Mal wieder.
Ich bin ehrlich: Bei uns gibt es praktisch keine Fastenzeit. Wir haben kein schlechtes Gewissen wegen der Kirche. Aber eigentlich würde es unserer Familie auch ganz gut tun, mal ein wenig kürzer zu treten bei unserem Laster: Zucker.

Am Grund eines gut genutzten Bällebads findet sich alles Mögliche, meist auch Bonbonpapier. Papatastisch-Autor Thomas Raulf findet solche Spuren heimlichen Süßigkeitenverzehrs auch zu Hause. © Udo Hennes
Der Anlass jetzt ist ein anderer. „Wahnsinn. So teuer“, sagte meine Frau letztens, als sie vom Einkaufen kam. Ja, wenn wir „Foodshopping“ betreiben für eine siebenköpfige Familie (inklusive Opa, Kleintiere nicht mitgerechnet), dann ist das nicht mehr vergnügungssteuerpflichtig. Vieles ist viel teurer geworden.
Ich glaube, bis hierher hatten die Kinder noch nicht richtig zugehört, ist ja nicht so spannend, wenn Erwachsene über Finanzen reden.
Doch die Mutter berichtete weiter und hatte auf einmal die Aufmerksamkeit auch der Jüngsten sicher: „Ich habe keine Süßigkeiten mehr gekauft.“ Da fielen aber Kinnladen. Das saß.
Bonbonpapier: ein stummer Hilfeschrei
Leider gehören Lutscher, Gummibärchen, Schokoriegel und das ganze andere Zeug bei uns seit jeher zum Alltag. Alle im Haus sind zum Glück rank und schlank, aber gut ist es trotzdem nicht, dass ständig zwischendurch genascht wird.
Es ist sogar ein Stück weit aus dem Ruder gelaufen. „Darf ich eine Süßigkeit?“, wurde früher oft gefragt. Die Antwort war meistens „Ja, okay, aber gib den anderen auch was ab“ oder so. Die Frage aber hört man hier im Haus immer seltener.
Tja, die Kleinen werden größer, der begehrte Schrank in der Küche ist längst auch für den Jüngsten erreichbar. Daher finden wir nun ständig Spuren von Zuckerverzehr, der ohne Genehmigung stattgefunden hat.
Achtlos weggeworfene, bunte Papierchen liegen in Kinderzimmern, auf der Couch, im Vorgarten. „War ich nicht!“, lautet meist die empörte Antwort, wenn ich jemanden mit diesem verdächtigen Müll konfrontiere.
Ich glaube, diese Hinterlassenschaften sind eigentlich ein Hilferuf. Die Kinder wollen verzichten. Ja, so wird es sein. Okay, dann lass uns das jetzt mal durchziehen. Weniger Kosten, weniger Müll, mehr Gesundheit. Wir können alle nur gewinnen.
Wenn wir als „Bestimmer“ nur nicht selbst betroffen wären... Im Papierkorb in unserem Büro finde ich auch jede Menge „Hilferufe“. Die eine oder andere Portion Nervennahrung hat sich letztens wohl doch in den Einkaufswagen geschmuggelt. „Genau“, triumphieren die Kinder, „ihr mampft selbst jede Menge Süßigkeiten.“ Es hat ja niemand behauptet, dass das einfach wird.
Teilen würde uns auch gut tun
Eines möchte ich nicht unerwähnt lassen. Während ich hier so schön philosophieren kann, was uns Lebensmittel kosten, haben viele Menschen damit ernsthafte Probleme.
Wir jammern auf hohem Niveau, andere können sich bei den rasant steigenden Preisen vieles tatsächlich nicht mehr leisten, und da geht es nicht um Luxusgüter. Es bringt mich auf eine Idee: Wir können beim Süßkram auf die Bremse treten und ein bisschen spenden für Menschen, die im Moment wirklich eine schwere Zeit haben. Ich werde es bei nächster Gelegenheit vorschlagen am Küchentisch.
So. Kolumne fertig geschrieben... Ein Stück Schokolade wär‘ jetzt gut... Hoppla. Erwischt!
Jahrgang 1979, stammt aus dem Grenzgebiet Ruhr-Sauerland-Börde. Verheiratet und vierfacher Vater. Mag am Lokaljournalismus die Vielfalt der Themen und Begegnung mit Menschen. Liest immer noch gerne Zeitung auf Papier.
