Zehelein: Theaterlandschaft soll Weltkulturerbe werden
Der Deutsche Bühnenverein will dafür kämpfen, dass die durch Sparmaßnahmen gefährdete, in der Welt einmalige deutsche Theaterlandschaft von der Unesco den Status als immaterielles Weltkulturerbe erhält.

Der Bühnenverein will eine symbolträchtige Rettungsaktion in Gang setzen. Foto: Patrick Seeger
«Wir befinden uns in ganz schwierigen Zeiten», sagte der Präsident des Bühnenvereins, Klaus Zehelein, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Manche Häuser des Theatersystems seien existenzgefährdet. Er erwarte von der Jahreshauptversammlung des Bühnenvereins an diesem Wochenende in Kiel einen Beschluss, sich an die deutsche Unesco-Kommission zu wenden. «Ich rechne mit einem deutlichen Signal», sagte Zehelein.
Auch die problematischen Arbeitsbedingungen an den Bühnen dürften für heftige Diskussionen sorgen. Nach Ansicht Zeheleins sollten sich die Künstler besser gewerkschaftlich organisieren und in der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger engagieren. Diese sei Tarifpartner des Bühnenvereins und könne gezielt Probleme angehen. «Es ist für mich ein befremdlicher Trend, wenn solche Themen emotional aufgeladen im Internet abgesondert werden.» Er verwies in dem Gespräch auf die Facebook-Initiative «Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen und Auditionserlebnisse» sowie auf das Forum «artbutfair», das am Pfingstmontag freigeschaltet wurde.
«In den vergangenen 15 Jahren ist ein enormer Spardruck an den deutschen Bühnen entstanden», sagte Zehelein. Rund 6000 Arbeitsplätze seien abgebaut worden, die Zahl der Stellen sei von 45 000 auf etwa 39 000 gesunken. Dies betreffe alle Sparten, also Oper, Schauspiel, Orchester und Ballett. Außerdem habe sich die Zahl der freien Verträge von etwa 8000 auf etwa 22 000 fast verdreifacht. «Das ist eine Entwicklung, die uns Sorge macht. Die Sparmaßnahmen schlagen immer mehr auf die Personaletats durch.»
Um Institutionen das Überleben zu ermöglichen, habe der Bühnenverein Haustarifverträge mit Theatern und Orchestern an rund 30 Standorten - vor allem in den neuen Bundesländern - vereinbart. «Haustarifvertrag heißt: der teilweise Verzicht der technischen wie künstlerischen Mitarbeiter auf Erhöhungen und auch Abstriche beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld.» Notwendig sei aber auch, dass Künstler mit Freude und nicht nur unter Druck arbeiten können.
In Sachsen-Anhalt ist die Situation laut Zehelein dramatisch - «da brennt es». Obwohl eine Bestandsaufnahme durch den von der Landesregierung berufenen Kultur-Konvent sogar einen finanziellen Mehrbedarf der Theater und Orchester festgestellt habe, wolle die Landesregierung die Mittel für die Bühnen erheblich kürzen. «Und es brennt auch in Nordrhein-Westfalen: Viele Großstädte stehen unter Verwaltung des Regierungspräsidenten und können damit nicht mehr direkt selbst entscheiden, wie sie ihren Haushalt gestalten. Wir müssen aufpassen, dass Erosionen nicht wesentlich zu Lasten der Kulturetats passieren.»
Ein auf die Dauer massives Problem für die Bühnen sind laut Zehelein die normalen Tariferhöhungen. Etwa nur ein Drittel bekomme von Kommunen und Land Tariferhöhungen voll ausgeglichen, ein Drittel zum Teil und ein Drittel überhaupt nicht. Dies hätten auf sein Nachfragen bei der vergangenen Jahreshauptversammlung die rund 250 anwesenden Theatervertreter angegeben. «Eine Anerkennung des deutschen Systems mit öffentlich geförderten Bühnen und Orchestern als immaterielles Weltkulturerbe wäre zwar nur eine ideelle Würdigung, die erst einmal die Situation der Theater nicht verändert. Aber man würde diese unglaublich wunderbare Theater- und Musiklandschaft, um die uns viele beneiden, ernster nehmen.»
Zur Jahrestagung in Kiel am Freitag und Samstag (24./25.Mai) werden rund 250 Bühnenvertreter erwartet und zunächst intern beraten. Am Samstag steht eine Podiumsdiskussion zum Thema «Theater zwischen künstlerischem Anspruch und praktischer Sozialarbeit» im Mittelpunkt. Zum Abschluss informiert der Bühnenverein über die Ergebnisse des Treffens.