Wiederentdeckung einer Bauhaus-Künstlerin
Kunstsammlung NRW zeigt Anni Albers
Die Kunstsammlung NRW zeigt in einer Retrospektive, wie Bauhaus-Künstlerin Anni Albers abstrakte Kunst und Handwerk versöhnte.

„Knot“, eine Gouache auf Papier von Anni Albers, entstand 1947. © Albers Foundation
Josef Albers und seine Auseinandersetzung mit dem Quadrat kennt fast jeder, der sich je mit Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts befasst hat. Aber Anni Albers, seine Frau? Sie ist bis heute die große Unbekannte unter den bedeutendsten Künstlern, die das vor 100 Jahren durch Walter Gropius gegründete, stilprägende Bauhaus hervorgebracht hat.
Die Künstlerin sprühte vor Erfindungsreichtum
Die vor Erfindungsreichtum sprühende Künstlerin ist zum Bauhaus-Jubiläum endlich wiederzuentdecken. Die Kunstsammlung NRW widmet ihr eine beeindruckende Retrospektive. Wer die Ausstellungshalle am Düsseldorfer Grabbeplatz betritt, taucht bei gedämpftem Licht ein in eine entrückte Atmosphäre.
Die meisten der mehr als 300 Exponate aus europäischen und amerikanischen Museen sind so lichtempfindlich, dass sie öffentlich selten zu sehen sind.
„Pass für Amerika“
Inspiriert durch Paul Klee und Wassily Kandinsky, wollte Anni Albers (1899-1994) zunächst Malerin werden. Doch am Bauhaus in Weimar stand ihr einzig die Weberei als typische Frauenklasse offen. Am Standort Dessau erhielt sie 1930 als erste Frau ein Bauhaus-Diplom. Ihre rekonstruierte Diplom-Arbeit, eine Licht und Lärm abweisende silbrige Tapisserie aus Seide, Raffia und Chenille, drängt sich unter den Prachtstücken der Ausstellung am wenigsten auf.
Ein Mitarbeiter des New Yorker Museums of Modern Art bezeichnete die abstrakte Kunst und Handwerk geschickt versöhnende Tapisserie als „Pass für Amerika“, als Anni Albers mit ihrem Mann 1933 aus Nazi-Deutschland in die USA emigrierte.
Das Schlichte verbindet sich mit Raffinesse
In ihren gewebten Wandbehängen, den „Pictorial Weavings“, modernen Tapisserien, den Raumteilern und Vorhang-Entwürfen, die sie von 1933 bis 1949 am legendären Black Mountain College in North Carolina entwickelte, verbindet sich das Schlichte mit dem Reiz höchster Raffinesse.
Eines der schönsten Beispiele ist der 1946 entstandene Wandbehang „With Verticals“ aus Baumwolle und Leinen. Unterschiedlich lange Linien heben sich senkrecht ab von einer zurückhaltenden Grundierung durch diagonale Streifen. An den Nahtstellen der Bahnen von unterschiedlicher Breite entstehen spitze Pfeilformen.
Präkolumbische Kunst
Anni Albers hat nicht nur mit Naturstoffen wie Baumwolle, Wolle, Leinen, Seide, Bast, Jute und Hanf, sondern nur zu gern auch mit Silberfäden und damals völlig neuen synthetischen Geweben experimentiert. Die Ausstellung zeigt anschaulich, welche Anregungen sie in der Begegnung mit präkolumbischer Kunst bei Reisen durch Mexiko und Peru empfing. Und wie eng sie mit Architekten kooperierte.
Als das Weben für sie Ende der 60er zu mühevoll wurde, entdeckte sie die „neue Freiheit“ der Drucktechnik. Ausgefallene Zinkblech-Prägungen auf Metall-Laminat und als letzte Arbeit die edle Serie weißer Prägedrucke mit dem Titel „Mountainous“ zeigen ein bis ins Alter ungebrochenes, verfeinertes Formgespür.
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