Wie sich der Job einer Bochumer Filmvorführerin veränderte

Aussterbender Beruf

Wer sich mit Elvira Hölz unterhalten will, muss gut zu Fuß sein. Die 58-Jährige ist immer am Rödeln. Die Filmvorführerin hat genauso viel zu tun wie früher. Die Aufgaben aber, die haben sich in letzter Zeit verändert. Der Grund: die Digitalisierung. Schlechter als früher ist es dadurch aber nicht geworden.

BOCHUM

, 16.05.2015, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
Elvira Hölz mag das Kino 7 des Union Filmtheaters am liebsten wegen der riesengroßen Bühne vor der Leinwand. „Außerdem sitzt man hier so schön.“ Dafür hat die 58-Jährige allerdings selten Zeit.

Elvira Hölz mag das Kino 7 des Union Filmtheaters am liebsten wegen der riesengroßen Bühne vor der Leinwand. „Außerdem sitzt man hier so schön.“ Dafür hat die 58-Jährige allerdings selten Zeit.

Mit 17 Jahren fing Elvira Hölz an, als Filmvorführerin zu arbeiten. Zunächst in Essen im Kino 7. Ihre Schwester machte dort den Einlass und nahm sie mit. Zufällig wurde dort gerade ein Filmvorführer gesucht. Sie probierte sich darin und blieb, denn die Atmosphäre des Kinos, "diese Welt für sich", wie Hölz es nennt, hatte sie da längst gepackt.

Präzises Arbeiten

Eine Ausbildung zur Filmvorführerin gab es allerdings nicht. Die junge Frau brachte sich alles selbst bei. Wie man die Rollen, auf denen jeweils etwa 20 Minuten des Films waren, in die beiden nebeneinanderstehenden Projektoren einlegt und wie man diese dann präzise auf die Sekunde genau überblendet, damit der Zuschauer nichts merkt. Als Hilfe dienten ihr winzige Zeichen am Bildrand, die nur ganz kurz auf der Leinwand sichtbar waren. "Bei manchen Filmen fehlten die aber auch. Dann haben wir uns selbst welche mit einem Locher reingestanzt", erinnert sie sich. Denn diesen Moment der Überblendung durften sie und ihre Kollegen nicht verpassen. "Denn dann wurde die Leinwand weiß und die Leute meckerten."

Im Gegensatz zu den Hauptfilmen mussten die kurzen Werbefilme nicht überblendet, sondern zu einem Film zusammengeklebt werden. Mit einem Tippex-Klecks markierte Elvira Hölz sich die Naht. "Mittwochs mussten die Filme dann alle wieder auseinandergenommen werden, weil sie am nächsten Tag abgeholt wurden. Manchmal saßen wir bis 2 Uhr daran und waren am Donnerstag wieder um 7 Uhr hier, weil dann die neuen Filme kamen."

Technische Neuerungen

Ein großer Aufwand, der durch technische Neuerungen nach und nach reduziert wurde. Mit Erfindung des Spulenturms und des Filmtellers reichte ein Projektor fortan aus, und die Rollen mussten nicht mehr gewechselt werden.

Der größte Umbruch für die Filmvorführung war jedoch die Digitalisierung. "Dadurch hat sich alles geändert", sagt Elvira Hölz. Heute kommen keine 30 Kilogramm schweren Pakete mit Rollen im Union Filmtheater mehr an, sondern Festplatten. Darauf sind die Kinofilme, die nur noch auf den Server gespielt und durch eine Pin freigeschaltet werden müssen. Die Werbefilme lädt Elvira Hölz aus dem Internet herunter und erstellt aus ihnen, den Trailern und dem Hauptfilm eine Show. "Danach läuft alles vollautomatisch."

Mädchen für alles

Die neu gewonnene Zeit nutzt Elvira Hölz nun für andere Aufgaben. Sie geht durch die Säle, überprüft Licht, Bestuhlung und Toiletten, macht den Einlass. "Ich bin Mädchen für alles. Filmvorführerin würde ich das nicht mehr nennen."

Einfacher sei ihr Job im Kino geworden und leichter, im wahrsten Sinne des Wortes. "Die schweren Kartons mit den Rollen hätte ich ja gar nicht bis zur Rente schleppen können." Dennoch vermisst sie die alten Zeiten ein wenig, vor allem den Geruch. "Es roch nach dem Kampfer, den Kartons mit den Filmrollen beilag, nach Zelluloid, nach Kino eben."Jennifer Riediger

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