Gidon Kremers „Ersatzmann“ am Klavier überzeugte
Altmeister und Jungstar beim Klavier-Festival Ruhr
Finaler Höhepunkt beim Montagskonzert des Klavier-Festival Ruhr in der Philharmonie Essen sollte das neue Konzert für Violine, Klavier und Orchester von Daniil Trifonov sein. Durch einen Fahrradunfall des Russen in New York wurde nichts daraus, kam statt seiner der polnisch stämmige Pianist Jan Lisiecki und mit ihm ein weitgehend geändertes Programm.

Gidon Kremer spielte beim Klavier-Festival. © Frank Mohn
Aber auch so gab’s das Beste zum Schluss, denn Lisiecki spielte das zweite Chopin-Konzert – eine seiner Paradenummern. Mit schlankem, gefühlvollem Anschlag und fein perlenden Läufen beseelte der 23-Jährige das Werk.
Pianist harmonierte sehr mit dem Kremerata Baltica
Zugleich hatte der um transparenten Klang bemühte Pianist stets das Ohr beim Orchester, der ohne Dirigent spielenden Kremerata Baltica, sodass sich das Miteinander sehr harmonisch gestaltete.
Für den Rest des Abends stand der Flügel zugeklappt an der Seite – ein ungewohntes Bild fürs Klavier-Festival. Im Fokus dafür: das von Stargeiger Gidon Kremer gegründete baltische Kammerorchester in reiner Streicherbesetzung. Engagiert trugen die jungen Musiker „Symphone“ für Streicher und Percussion des estnischen Komponisten Lepo Sumera vor – eine musikalische Visitenkarte.
Mendelssohns Oktett fehlte es an Kraft
Mendelssohns Oktett dagegen klang in der Streichorchesterfassung allzu weichgespült, ließ weitgehend nicht nur die Intimität, sondern auch die Kraft des Originals vermissen.
Gidon Kremer selbst machte Schuberts große C-Dur-Fantasie für Violine und Klavier zum Ereignis, die in der raffinierten Ensembleversion von Victor Kissine erklang. Der 71-Jährige spielte dabei in sich ruhend, mit feinem, seidigem Ton in den langsamen Abschnitten, pointiert, kernig und mit virtuosem Understatement in den schnellen.
Eine überzeugende Leistung. Und direkt danach kam Lisiecki.