Unnas bekanntester Schalke-Fan: „Selbst Messi, Ronaldo und Mbappé hätten uns nicht helfen können“

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Unnas bekanntester Schalke-Fan: „Selbst Messi, Ronaldo und Mbappé hätten uns nicht helfen können“

rnBundesliga-Abstieg

Martin Klüting hat mit dem FC Schalke viele schwere Stunden erlebt. Auf den jüngsten Abstieg war er vorbereitet. Die Szenen, die sich nach der Partie abgespielt haben, verurteilt er aufs Schärfste.

Unna

, 23.04.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Martin Klüting kann schon wieder lachen, als ihn die Redaktion mit ein bisschen Abstand zum besiegelten Schalke-Abstieg anruft. „Man ist als Schalker doch viel gewohnt“, sagt er. Das vergangene Spiel des FC Schalke 04 am Dienstagabend bei Arminia Bielefeld, das mit 0:1 verloren ging und den bevorstehenden Abstieg in die 2. Bundesliga endgültig perfekt machte, hat der Unnaer Wirt einfach nur noch so hingenommen.

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„Das Spiel war genauso trostlos und öde wie die letzten 60 Spiele auch. In der Mannschaft steckt einfach kein Herz. Wenn die Spieler bald wechseln, dann funktioniert es bei ihren neuen Vereinen wahrscheinlich wieder. Ich glaube, selbst Messi, Ronaldo und Mbappé hätten uns diese Saison nicht helfen können“, führt der Dauerkartenbesitzer aus.

Geweint habe er nicht. „Hör auf“, sagt er mit einem Lachen auf die entsprechende Frage. „Ich bin 58 Jahre alt und hab vor Freude geweint, als ich erfahren habe, dass ich Opa werde.“ Früher hätten ihn solche Nackenschläge wie am Dienstag zurückgeworfen. „Da hätte man mich nicht ansprechen dürfen“, sagt er.

Martin Klüting

Martin Klüting © Archiv

„Der FC Schalke ist längst nicht mehr für mein Seelenheil verantwortlich.“
Martin Klüting, Unnaer Wirt und Schalke-Fan

Wie etwa 2001 bei der Vier-Minuten-Meisterschaft. „Das Spiel haben wir mit 150 Menschen bei uns im Saal geschaut. Als feststand, dass wir doch nicht Meister waren, habe ich mich nur noch die Wand runtergleiten lassen und zwei Stunden mit dem Kopf geschüttelt“, sagt der Inhaber der Gaststätte Klüting‘s an der Gerhart-Hauptmann-Straße in Unna.

Heute ist das nicht mehr so: „Der FC Schalke ist längst nicht mehr für mein Seelenheil verantwortlich. Mein Herz hängt viel mehr am Amateurfußball - auch wenn Schalke natürlich ein Teil meines Lebens ist. Das wird auch immer so sein.“ Mit Schadenfreude könne er inzwischen auch viel besser umgehen. „Das kann ich tolerieren“, sagt er. Und die 2. Liga habe ja auch Vorteile: So würde Klüting endlich mal seine langjährigen Freunde aus Nürnberg wiedersehen.

Und trotzdem: Ein bisschen aufregen wollte sich Martin Klüting dann doch. Über die Mannschaft, die wirtschaftliche Lage und besonders die Außendarstellung des Vereins. „Den Spielern wäre es sogar egal gewesen, wenn 60.000 Fans im Stadion gewesen wären. Bis auf Timo Becker hat das doch niemanden gejuckt. Der war der Einzige, der auf dem Platz geweint hat“, sagt Klüting.

Martin Klüting: „Es war klar, dass es eskaliert“

Er sieht zudem die wirtschaftliche Pflicht, schnell wieder aufzusteigen. „Der Klub kann es sich nicht erlauben, lange in 2. Liga zu bleiben. Wenn wir nicht schnell wieder hochkommen, gehen wir den gleichen Weg wie 1860 München oder der 1. FC Kaiserslautern.“ Beide Traditionsvereine dümpeln inzwischen in der 3. Liga rum.

Martin Klüting besitzt eine Dauerkarte. Die bitterste Stunde mit dem FC Schalke erlebte er 2001 aber in seiner Gaststätte mit 150 blau-weißen Fans.

Martin Klüting besitzt eine Dauerkarte. Die bitterste Stunde mit dem FC Schalke erlebte er 2001 aber in seiner Gaststätte mit 150 blau-weißen Fans. © Udo Hennes

Die Szenen, die sich nach dem Spiel an der Arena in Gelsenkirchen abgespielt haben, verurteilt Klüting aufs Schärfste: „Es war klar, dass es eskaliert. Der Verein hätte das wissen müssen und hätte die Mannschaft gar nicht erst wieder zum Stadion fahren dürfen. Die Aktion, die eigenen Spieler zu verkloppen und zu jagen, geht natürlich gar nicht.“ Klüting wirft vor diesem Hintergrund einen Blick voraus: „Wie will der Verein denn mit neuen Spielern verhandeln? Die wissen jetzt alle, wenn wieder was passiert, müssen sie Angst haben, einen auf die Fresse zu kriegen.“

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All das passe perfekt in die ohnehin schon schlechte Außendarstellung des Vereins. Klüting: „Von dem Umgang mit den eigenen Mitarbeitern fangen wir erst gar nicht an, da könnte man ein Buch drüber schreiben.“ Am Ende des Gesprächs bringt Klüting es auf den Punkt: „Es ist eben Schalke, da ist immer Chaos.“

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