Nach tödlichem Unfall auf A40: Was tun gegen Geisterfahrer? Tipps für Autofahrer

Nach tödlichem Unfall auf A40: Was tun gegen Geisterfahrer?
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Bei einem schweren Unfall ist am Freitagmorgen (21. Oktober) eine 54-jährige Frau auf der A40 in Bochum in falscher Fahrtrichtung gefahren. Dabei wurde ein 35-jähriger Familienvater tödlich verletzt – er hinterlässt eine Frau und zwei kleine Kinder.

Auch die Geisterfahrerin selbst ist bei dem Unfall getötet worden. Ein 36-jähriger Mann wurde schwer verletzt. Wie die Polizei am Wochenende mitteilte, war die Frau wohl absichtlich falsch gefahren. Demnach hatte sie vor dem Unfall auf der Autobahn gewendet. Das Schicksal des getöteten Familienvaters und Hobbyfußballers Jens Koslowski berührt die Menschen in der Region zutiefst. Viele Fußballvereine in und um Bochum haben zu Spenden aufgerufen.

Über 1800 Fälle in einem Jahr - Schwerpunkt NRW

Leider ist der schreckliche Unfall in Bochum kein Einzelfall. Immer wieder sind auf deutschen Autobahnen Geisterfahrer unterwegs – wenn auch nicht immer mit tödlichem Ausgang. 1830 Fälle zählen Verkehrsexperten des ADAC alleine für das Jahr 2021. Das ist ein Anstieg von 5,7 Prozent zum Vorjahr. 80 Mal ist es dabei zu einem Unfall gekommen, 24 Menschen kamen dabei insgesamt ums Leben.

NRW gehört in dieser Statistik im Bundesvergleich neben Bayern zu dem Land mit den meisten Falschfahrern. 335 Fälle wurden in NRW gezählt, in Bayern waren es sogar 353. Nach NRW folgt mit einigem Abstand Niedersachsen (191 Fälle).

Die meisten Fälle passieren dabei laut ADAC im August und Dezember. März und Mai sind dagegen die Monate mit den wenigsten Falschfahrer-Meldungen.

Rettungskräfte stehen auf der A40.
Rettungskräfte stehen auf der A40 nach dem tödlichen Unfall mit einer Geisterfahrerin. © picture alliance/dpa/TNN

Wie kann es zu so vielen Falschfahrern kommen?

Bei der Vielzahl an Fällen jedes Jahr stellt sich automatisch die Frage, wie es dazu kommen kann. Laut einer Studie der Uni Wuppertal gehen viele Falschfahrten auf falsches Linksabbiegen an Kreuzungen vor Autobahnauffahrten und Anschlussstellen zurück. Trotz vieler Verkehrsschilder verwechseln Verkehrsteilnehmer die Einmündung und fahren entgegen der Fahrtrichtung auf die Autobahn.

Außerdem kann es sein, dass manche Geisterfahrer nicht wirklich in der Lage sind ein Fahrzeug zu führen. Das könne daran liegen, dass sie psychische Probleme haben, unter Medikamenteneinfluss fahren oder vor der Fahrt Drogen genommen haben, erklärt Jürgen Gerlach von der Uni Wuppertal im WDR. Ein weiterer Grund für eine Falschfahrt kann ein Suizid sein.

Beide Möglichkeiten werden im aktuellen Fall des Unfalls auf der A40 untersucht. Eine Obduktion der Geisterfahrerin soll Aufschluss darauf geben, ob sie möglicherweise unter Alkoholeinfluss oder Drogen stand.

Was kann man gegen Falschfahrer tun? – Warnschilder in Österreich

In Österreich warnen seit einigen Jahren große neonfarbene Schilder Autofahrer davor, in die falsche Richtung auf die Autobahn zu fahren. In Bayern wurde 2011 ein ähnliches Projekt gestartet. Dabei stellte man an ausgewählten Autobahnanschlussstellen und Rastplätzen insgesamt 36 „Falschfahrerwarntafeln“ auf.

Ob die Schilder einen positiven Effekt hatten, ist bislang nicht belegt. Andere Bundesländer haben die Warntafeln jedenfalls noch nicht übernommen. Auch in Bayern stehen sie nur an einigen wenigen Autobahnabschnitten.

Ebenfalls in Bayern, auf der A9 zwischen Nürnberg und München, befindet sich auf einer Strecke von knapp 140 Kilometern ein sogenanntes „digitales Testfeld“. Dabei sollten ursprünglich Programme für automatisierte Fahren oder Parkleitsysteme für Lkw getestet werden. Zwischen 2015 und 2017 wurden dort aber auch ein Warnsysteme zur Verhinderung von Geisterfahrten erprobt.

Laut Bundesamt für Straßenwesen war das Warnsystem im Untersuchungszeitraum jedoch anfällig für Fehler. Auch die Warnschilder hätten demnach keinen messbaren Effekt gehabt. Ob die Warnsysteme auch bei Menschen mit suizidalen Absichten oder unter Alkohol- oder Drogeneinfluss funktionieren ist ebenfalls fragwürdig.

Geisterfahrer unterwegs: So verhält man sich richtig

Um einen Unfall mit einem Falschfahrer zu vermeiden, sollten sich Autofahrer an einigen wichtige Tipps halten. Vorausgesetzt wird dabei, dass man Informationen zu Geisterfahrern über den Verkehrsfunk erhält.

Wer während der Fahrt keinen Radiosender mit Verkehrswarnungen laufen hat, Musik über Bluetooth, MP3 oder CD hört, oder das Radio am liebsten ganz aus hat, sollte die Funktion „Radio Data System“ (RDS) aktivieren. Dann unterbricht der Verkehrsfunk bei Warnmeldungen automatisch das laufende Programm. Wer sein Radio sehr leise gestellt hat, bekommt die Warnung auch dann zu hören, da sie auf normaler Lautstärke abgespielt wird.

Wenn ein Falschfahrer auf der Strecke, auf der man sich befindet, gemeldet wurde, sollte man...

  • ...das Tempo drosseln.
  • ...nicht mehr überholen und einen größeren Abstand zu vorausfahrenden Autos halten.
  • ...den rechten Fahrstreifen benutzen. Allerdings nicht den Seitenstreifen! Der muss für den Notfall zum Ausweichen frei bleiben.
  • ...an der nächsten Abfahrt, einem Parkplatz oder einer Raststätte die Autobahn verlassen.
  • ...auf den Verkehrsfunk achten, wann die Gefahr vorüber ist.

Kommt einem der Geisterfahrer entgegen, sollte man ihn durch Lichthupe und Warnblinklicht auf sich aufmerksam machen. Außerdem muss die Geschwindigkeit weiter gedrosselt und der Abstand zu anderen Fahrzeugen vergrößert werden. Ist der Geisterfahrer vorbei, sollte man schnellstmöglich die Polizei über 110 informieren.

Auf dem Display eines Navigationssystems ist eine dringende Verkehrsmeldung zu einem Falschfahrer zu sehen.
Bei Fahrten auf der Autobahn sollte der Verkehrsfunk eingeschaltet sein. © picture alliance / dpa

Was tun, wenn man selbst zum Falschfahrer geworden ist?

Auch wenn die meisten Autofahrer es für unmöglich halten zu einem Geisterfahrer zu werden, kann es dennoch theoretisch jeden treffen. Vor allem Schlafmangel, Dunkelheit oder ungünstige Witterungsbedingungen können dazu führen, dass man Schilder nicht richtig sieht und falsch auf Autobahnen auffährt.

Ist das passiert, muss man sich an diese Verhaltensregeln halten:

  • Ruhe bewahren und Geschwindigkeit drosseln.
  • Licht und Warnblinker anschalten.
  • Auf keinen Fall wenden oder rückwärtsfahren!
  • Am nächstgelegenen Fahrbahnrand anhalten und Fahrzeug dicht neben der Schutzplanke abstellen.
  • Vorsichtig aussteigen, Warnweste anziehen und sich hinter die Schutzplanke begeben.
  • Über die 110 die Polizei verständigen und auf Hilfe warten.

Um zu vermeiden, dass man selbst zum Geisterfahrer wird, sollte man sich an einfache Regeln halten, wie niemals alkoholisiert oder müde Auto zu fahren. Außerdem sollte man sich nie blind auf Navigationsgeräte verlassen, sondern immer noch die Beschilderung und Straßenführung im Auge behalten.

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