Wladimir Putin und Gerhard Schröder – zwei Männer, die sich schätzen und vertrauen. Diese Tatsache sollte die Welt nutzen, meint unser Kommentator.

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Meinung zum Ukraine-Krieg: Putin-Freund Gerhard Schröder kann zum Retter Europas werden

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Alt-Kanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder kassiert noch immer viel Geld vom deutschen Staat. Soll man das streichen? Unser Kommentator sagt Nein und fordert: Macht ihn zum Retter Europas.

27.02.2022, 07:12 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es grummelt im Land. Seit Wladimir Putin seinen Angriffskrieg führt, Bomben auf die Ukraine wirft und Menschen tötet, werden die Rufe auch nach harten Sanktionen gegen Gerhard Schröder lauter. Er ist zur Zielscheibe massiver Kritik geworden. Die Forderungen, ihm den staatlichen Geldhahn zuzudrehen, sind unüberhörbar. Ist so eine Forderung klug?

Schauen wir zunächst auf die Fakten. Gerhard Schröder gilt seit seiner Zeit als Bundeskanzler (1998 bis 2005) als enger Freund von Wladimir Putin. Nur Monate nach dem Ende seiner Kanzlerschaft nahm er ein Angebot vom staatlichen russischen Energiekonzern Gazprom an und trat bei dessen Tochterfirma „Nord Stream“ zu einem üppigen Gehalt in dessen Dienste.

Aufsichtsrats-Chef bei Rosneft und Kandidat bei Gazprom

Im Laufe der Jahre wurden Schröders Verflechtungen mit der russischen Energiewirtschaft immer enger. 2017 schließlich wurde er Aufsichtsrats-Vorsitzender des staatlichen Energiekonzerns Rosneft. Aktuell ist er für den Aufsichtsrat von Gazprom nominiert. Die Entscheidung darüber fällt im Juni.

Von Anfang an zog Schröder für seine Männer-Freundschaft mit Putin und seinem Engagement für die russische staatliche Energiewirtschaft heftige Kritik auf sich. Bisher – und in diesem Punkt ähneln sich Schröder und Putin in verblüffender Weise – perlt alle Kritik an ihm ab wie Wasser von einer Öljacke. Gegenwind scheint ihn eher zu beflügeln als zu bremsen.

Nun hat sich seit Beginn der Ukraine-Krise, die zum Krieg eskalierte, die Kritik massiv gesteigert. Die Vorwürfe gegenüber einem Ex-Kanzler sind scharf: Er verrate mit seinem Handeln die Interessen seines eigenen Landes, hofiere einen Diktator und Agressor, lasse sich von ihm kaufen. Man müsse ihm alle staatlichen Gelder kürzen und öffentlich ächten, also aus der Gemeinschaft der anständigen Menschen in diesem Land ausschließen. Noch einmal die Frage: Ist das wirklich klug?

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Dazu zwei Aspekte:

1. 25 Jahre lang hatte Schröder gut dotierte öffentliche Ämter inne. Er war Abgeordneter im niedersächsischen Landtag und im Bundestag, war Ministerpräsident in Niedersachsen (1990 bis 1998) und zuletzt Bundeskanzler (1998 bis 2005). Er hat sich dadurch Pensionsansprüche erworben, die alles in allem monatlich rund 8.700 Euro betragen dürften.

Als ehemaliger Bundeskanzler hat er zudem Anspruch auf ein eigenes Büro in Berlin, für das ihm der Staat 2021 die Personalkosten von – wie das Handelsblatt jüngst berichtete – 407.000 Euro für fünf Planstellen erstattete.

Rechtsstaat darf nicht willkürlich handeln

Viele argumentieren: Mit seinem Engagement in staatlichen Energiekonzernen Russlands verdiene er genug Geld. Es sei daher unnötig und eine Schande, dass man ihn noch mit Steuergeldern unterstütze.

Emotional habe ich für eine solche Haltung volles Verständnis, aber: Ich kämpfe entschieden dafür, dass Schröder diese Gelder weiter erhält. Ich bin unendlich froh, dass wir – anders als in Russland – in einem Rechtsstaat leben, wo man nicht einfach mal willkürlich jemandem das ihm von Rechts wegen Zustehende einkassieren kann.

2. Man mag Gerhard Schröder ja menschlich nicht gerade für – sagen wir mal vorsichtig – den Prototypen eines Vorbilds halten, aber: Möglicherweise ist Schröder einer der ganz wenigen Menschen auf dieser Erde, die noch die Chance haben, in diesem fürchterlichen, neu aufgebrochenen Konflikt zwischen Ost und West zumindest die Sprachlosigkeit zu überwinden.

Putin fühlt sich seit Jahrzehnten vom Westen betrogen, verweist immer wieder auf die aus seiner Sicht bei den Verhandlungen um die deutsche Wiedervereinigung gegebenen Zusage, dass sich die Nato nicht nach Osten erweitern werde. Die sei seither mindestens 14 Mal gebrochen worden.

Konflikt wuchert wie ein Krebsgeschwür

Der Westen bestreitet eine solche direkte Zusage und verweist seinerseits auf das auch von den Russen damals akzeptierte Selbstbestimmungsrecht jedes Landes, über sein Schicksal selbst zu entscheiden.

Im Ukraine-Krieg ist dieser seit mehr als drei Jahrzehntem gärende Konflikt, der wie ein Krebsgeschwür im Verlauf der Jahre immer schlimmer wurde und daher immer schwerer zu lösen ist, endgültig aufgebrochen. Wenn es hier keine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung gibt, wird das Krebsgeschwür weiter wuchern mit unabsehbaren Folgen für die Zukunft Europas und der ganzen Welt.

Es gibt nicht viele Menschen auf der Welt, die als Vermittler in diesem Konflikt taugen würden. Vielleicht ist Gerhard Schröder zur Zeit sogar der einzige, da er beide Betrachtungsweisen verstehen kann und das Vertrauen Putins genießt. Es mag in der aktuellen Situation, in der Menschen im Bombenhagel sterben, skurril klingen, aber Gerhard Schröder könnte zum Retter Europas werden. Auch wenn es schwerfällt: Ihr Länder der freien Welt, geht auf Schröder zu und bittet ihn um Hilfe.

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