48 Euro mehr im Monat: Die versprochene Kindergelderhöhung ist "papatastisch", meint Autor Thomas Raulf. Und das Beste ist: Über die Verwendung muss er sich als Allerletzter Gedanken machen.

48 Euro mehr im Monat: Die versprochene Kindergelderhöhung ist "papatastisch", meint Autor Thomas Raulf. Und das Beste ist: Über die Verwendung muss er sich als Allerletzter Gedanken machen. © Raulf/Archiv

Treckerführerschein oder Süßigkeiten: Unser Plan fürs Kindergeld

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Der Staat vergisst ein Kind, aber wir wollen zufrieden sein. Mehr Kindergeld: Einen Anlageberater werde ich deswegen nicht brauchen, dafür sorgen die Kinder mit guten Investitionsvorschlägen.

Unna

, 09.09.2022, 14:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Je 18 Euro plus, für das dritte Kind immerhin 12 - das ist doch nett. Auch wir sollen demnächst mehr Kindergeld bekommen, das wurde nun als Teil eines weiteren „Entlastungspakets“ beschlossen. Wir sprechen über insgesamt 48 Euro mehr im Monat. Das ist gut, und über die Verwendung muss ich mir keine Gedanken machen.

Die Kinder haben Investitionsvorschläge

Was machen wir mit der Kindergeld-Erhöhung? Als die Anhebung der monatlichen Zahlung bekannt gegeben wurde, habe ich familienintern rumgefragt. „Kannste alles mir geben“, erklärt mein Großer. Das Geld werde sinnvoll investiert, dieser junge Mann hat ein bodenständiges Ziel: den Treckerführerschein. Seine jüngere Schwester bekommt auch große Augen und schlägt eine Auszahlung als Taschengeld vor. Investments sollen hier wahrscheinlich spontan getätigt werden - Rossmann liegt am Rand des Schulwegs. Schwester Nummer 2 denkt noch praktischer: „Nutella kaufen. Da wolltet Ihr ja sparen.“

Der Jüngste hat halt Pech. Die Erhöhung gibt es nur für die ersten drei Kinder. „Wie blöd sind die denn?“, kommentiert der arme Letztgeborene mit pochender Halsader, „ich brauche doch genauso viel Klamotten!“

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Mein Sohn muss nicht zum Wutbürger werden, das steht mal fest. Für das vierte Kind bekommt eine Familie ohnehin schon einen höheren Satz. Überhaupt wollen - und müssen - wir nicht jammern, denn uns als Familie geht es gut.

Geld loswerden ist kein Problem

Geld loswerden, das ist allerdings kein Problem für einen sechsköpfigen Haushalt. Dass wir alle essen müssen, ist klar. Ebenso brauchen wir Kleidung, die auch gewaschen werden muss mit immer teurer werdender Energie. Und noch? Es läppert sich, wenn ich mal so überschlage ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Jeder Handyvertrag kostet einen Zehner im Monat. Das ist nicht nötig, muss aber sein, sonst gibt es Stress. Vier Pakete Corona-Schutzmasken habe ich kürzlich für 39,96 Euro erstanden. Mögen sie lange halten. Und für den Kleinen kaufe ich wie von der Grundschule (!) verlangt gern noch unterjährig ein zusätzliches Englischbuch: 11,25 Euro. Hello. My name is Thomas. God save the school.

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Das Buch gibt es günstiger als das Motto-T-Shirt, das das Kind für die Klassenfahrt „braucht“. Klassenfahrten sind eh krass, wenn man mal addiert. Möhnesee 219 Euro, Nordsee 280 Euro. Die Jungs reisen vergleichsweise günstig, sie kommen für zusammen 215 Euro bis kurz vor die holländische Grenze beziehungsweise in den Teutoburger Wald. Und nach der Fahrt ist vor der Fahrt. Der Große muss als nächstes nach Berlin, wie ich höre, die Stufenpflegschaft diskutiert bereits, ob das wohl noch unter 300 Euro möglich sein wird bei den galoppierenden Preisen. Wo auch immer die Pauschale landen wird: Dafür wird es Programm, Unterkunft aber nur Frühstück geben. Fehlen also bei einem Heranwachsenden mindestens drei weitere Mahlzeiten, die in der Hauptstadt gekauft werden müssen. Es wird empfohlen, den Kids ausreichend Taschengeld mitzugeben - oder direkt meine Karte mit PIN? Vielleicht wäre das einfacher.

Teurer Backofen als Single-Variante

Und dann sind da noch diese fiesen Tricks der Industrie. Wenn ich einen neuen Backofen kaufe, wie kann es dann bitteschön sein, dass dieses Neugerät nur ein Backblech hat? Soll das die Single-Variante sein? Die vier (!) Bleche aus dem leider kaputt gegangenen Ofen passen in den neuen natürlich nicht rein. Wer also in Familienmengen Muffins und Plätzchen herstellen will, muss Bleche nachkaufen. Geschickt.

Das Gute ist also: Wenn auf unserem Konto irgendwann diese 48 Euro mehr vom Familienministerium auftauchen, dann werde ich mir keine Gedanken machen müssen, wie die Familie dieses Geld verwendet. Was wir ab Januar 2023 bekommen sollen, haben wir bereits im März 2022 ausgegeben. Nicht drüber nachdenken: Das ist auch eine Form von Entlastung.

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„Papatastisch“ ist ein Neu-Wort aus der Internet-Community. Es passt ganz gut zur Kolumne von Redakteur Thomas Raulf: Familie ist einfach toll, und ein „Papa“ schreibt darüber. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, beim Schreiben fließt hier und da auch ‘mal satirische Würze ein. Lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf unserer Internetseite: www.hellwegeranzeiger.de/schlagwort/papatastisch