
Papapeinlich: Die alte Jeansjacke von Autor Thomas Raulf kommt nicht mehr so gut an. Kinder werden eben immer modebewusster – und dabei so herrlich unterschiedlich. © Raulf
„Fast Fashion“: Nicht mit uns! Aber Papas 90er-Jacke wird peinlich
Papatastisch
Kleidung für vier Kinder ist ein umfangreiches Projekt. Sparen und Ressourcenschonen wird schwieriger, je modebewusster die Kinder werden, fürchtet Papatastisch-Autor Thomas Raulf.
Meine Jeansjacke sitzt noch tadellos. Als sie mich in den 1990er Jahren als Schüler bekleidete, war sie eigentlich zu groß, heute eigentlich auch noch, aber egal. Die Aufnäher aus Schweden und Frankreich sind tolle Erinnerungen und machen dieses Kleidungsstück individuell.
Und diesen etwas abgewetzten Look trägt man doch heute, oder nicht? Aber ich darf sie gar nicht tragen: papapeinlich. Jetzt kannste mit dem Alten endgültig nicht mehr vor die Tür gehen.
Zwischen Shopping-Faulheit und „Used Look“
Kleidung ist ein Spezialthema in unserer Familie, obwohl – oder gerade weil – wir darum nicht so ein Aufheben machen. Ich bilde in der Regel die Mode von vor sechs Jahren ab, weil ich einfach zu faul zum Einkaufen bin. Solange eine Hose noch passt und kein Loch hat, ist sie gut. Schuhe kommen erst dann weg, wenn sie kaputt sind.
Meine jüngere Tochter ist das genaue Gegenteil. „Used Look“ (nennt man das noch so, wenn Sachen getragen aussehen?), so etwas hat die Elfjährige auch im Kleiderschrank. Eine aktuelle – neu gekaufte – Jeans ist nicht nur viel zu weit, sondern auch zu kurz abgeschnitten und ausgefranst. Das ist wirklich ein modebewusstes Kind.
Sie ist die Einzige von unseren Vieren, die schon einmal „ohne Mama“ shoppen war, weil es ihr Spaß macht. Wenn es um Einkaufen geht, fragt sie: „Wann darf ich und wie viel Geld bekomme ich mit?“ Ihre ältere Schwester fragt eher: „Och nee, muss ich da hin?“
Teenager – oder wie?
Wie bei vielen anderen Themen sind die Kinder hier herrlich unterschiedlich. Die Elfjährige muss hin und wieder etwas gebremst werden, damit sie nicht herumläuft wie eine 16-Jährige. Unsere Große hingegen mag es sportlich und vor allem unauffällig.
Der große Bruder wiederum verlangt aktuell nach weißen T-Shirts mit Sportartikel-Hersteller-Logo. Und weiße Tennissocken seien absolut angesagt. Guck an: Sowas trägt man also wieder auf dem Schulhof.

Ernsthaft: Teenager ziehen wieder weiße Socken an. © Raulf
Der Jüngste im Bunde hat etwas, das man vielleicht Umzieh-Tick nennen könnte. Er liebt es sich fürs Spielen zu kostümieren. Er kann aber auch vier Mal am Tag das T-Shirt wechseln, ohne erkennbaren Sinn. Natürlich ist er nicht in der Lage, etwas wieder zu falten und in seinen Schrank zurückzulegen. Innerhalb weniger Minuten schafft er es, ein gerade aufgeräumtes Zimmer in einen Wühltisch zu verwandeln.
Zu wenig Anziehsachen haben unsere Kinder jedenfalls nicht. Wobei ich der Haupt-Kleidungsverantwortlichen im Hause einen geld- und ressorcenschonenden Umgang mit Klamotten bescheinigen muss. Auch zu unserem Haus bringen Lieferwagen mal Pakete mit Sachen zum Anprobieren. Aber verglichen mit anderen ist das, glaube ich, überschaubar.
Ressourcen schonen: noch geht das
Schon als die Kinder klein waren, tauschte meine Frau mit anderen im Bekanntenkreis gut erhaltene Hosen, T-Shirts und Pullover für den Nachwuchs. Und das Prinzip, dass ein jüngeres Kind die Klamotten von älteren Geschwistern weiterträgt, funktioniert bei uns noch – in weiten Teilen und abhängig vom jeweiligen Modebewusstsein. Die gebrauchten waren jedenfalls immer gute Sachen, alle haben sich darin wohl gefühlt, und wir hatten ein bisschen das gute Gefühl: „Fast Fashion“ machen wir nicht mit. Man kann ja auch Geld sparen.
Warum also nicht Gutes weitertragen? Wenn es jetzt auf den Herbst zugeht, werde ich meinem Ältesten mal die gute alte Jeansjacke anbieten, sie ist ja noch tadellos und passt auch zu den neuen Tennissocken. Er freut sich bestimmt.
Jahrgang 1979, stammt aus dem Grenzgebiet Ruhr-Sauerland-Börde. Verheiratet und vierfacher Vater. Mag am Lokaljournalismus die Vielfalt der Themen und Begegnung mit Menschen. Liest immer noch gerne Zeitung auf Papier.
