Thomas Schütte hat Melonensäule für Marl errichtet
Ausstellung "The Hot Wire"
Die Skulptur-Projekte finden in diesem Jahr nur in Münster statt? Falsch. Die Ruhrgebiets-Stadt Marl hat einen Ableger der Super-Schau ergattert - und präsentiert eine luftig-leichte, teils richtig lustige Ausstellung rund um das dortige Skulpturenmuseum Glaskasten unter dem Titel "The Hot Wire".
Übersetzt heißt das "Der heiße Draht" und meint die erstmalige Kooperation von Münster und Marl. "Zwei Orte, die Parallelen haben, aber auch Unterschiede in der Stadtentwickelung", erklärte Georg Elben, Direktor des Skupturenmuseums Glaskasten Marl. Parallelen gibt es vor allem in Sachen Kunst. Denn die Stadt Marl kauft seit der Ausstellung "Stadt und Skulptur" anno 1970 Kunst für den öffentlichen Raum. An die 100 Plastiken stehen hier. In Münster sorgen die Skuptur-Projekte seit 1977 alle zehn Jahr für eine heiß diskutierte Schau.
Aber auch die Gegensätze sind offensichtlich: Während Münster das alte Stadtbild bewahrte, baute Marl eine visionäre Stadtmitte aus Beton, die jedoch verwahrloste und ab 2018 für 40 Millionen Euro saniert werden soll. Das Museum Glaskasten muss dem "Sozialen Rahaus" weichen und wohl in die nahe gelegene ehemalige Schule an der Kampstraße umziehen.
Hut ab dafür, dass Georg Elben in diesem Spannungsfeld für rund 240000 Euro eine Schau erarbeitet hat, die richtig Lust auf einen sommerlichen Ausflug in die unsanierte Marler Mitte macht. Die drei Schwerpunkte:
1. Kunst im Außenraum
Der Höhepunkt erwartet uns gleich zu Beginn. Star-Künstler Thomas Schütte hat passend zur legendären Kirschensäule in Münster eine Melonensäule für Marl geschaffen. Auf einem öden Parkplatz, weil der Künstler es sich so wünscht. Eine Wiederauflage erlebt auch Reiner Ruthenbecks Performance "Begegnung Schwarz-Weiß", die es in Münster 1997 gab. Jeden Sonntag ab 11 Uhr bewegen Barbara und Maya Tiemann den Schimmel "Santos" und den Rappen "Val Dieu" durch den Park hinter dem Museum und begegnen sich an einer Stelle gegenläufig wie Schachfiguren. Ja, auch das kann Kunst sein ...
Weitere Außenarbeiten von Samuel Nyholm und Lara Favaretto sind zum Teil in Marl, zum Teil in Münster zu sehen. Und als Leihgabe aus Münster ist das skurrile "Fahrradständermonument" von Richard Artschwager angereist.
2. Schule an Kampstraße
In die Abteilung "frech und lustig" gehört auch eine Kreidelinie von Joëlle Tuerlinckx, die die Museumstechniker Andreas Haffner und Dieter Dammer jeden Morgen um 10 Uhr neu werden ziehen müssen - vom jetzigen Museum in Richtung auf seine neue Heimat. In der Schule an der Kampstraße warten dann zwölf Videoarbeiten.
3. Modelle im Glaskasten
Nicht zu vergessen: das Museum Glaskasten selbst. Rund 50 Modelle der Skulptur-Projekte sowie Entwürfe für Marl begeistern dort den Betrachter - darunter ein Hund von Keith Haring aus Wellpappe.
Das alles ist nicht leicht aufzufinden, der Flyer hilft dabei nicht wirklich. Man arbeite an dem Problem der Beschilderung, versprach ein Stadtsprecher kurz vor der Eröffnung. Der Besuch aber lohnt sich allemal.