The Dream Syndicate: Gitarrenrock hält jung

Laute, wilde Rockmusik hält jung - für diese These ist Steve Wynn ein gutes Beispiel. Mit 57 hat er jetzt seine einflussreiche Gitarrenband The Dream Syndicate wiederbelebt. Endlich mal eine Reunion, die wirklich funktioniert: Das Comeback-Album des Quartetts ist atemberaubend.

von Von Werner Herpell, dpa

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Berlin

, 12.09.2017, 06:06 Uhr / Lesedauer: 2 min
Mit The Dream Syndicate ist wieder zu rechnen. Foto: Anti/Chris Sikich

Mit The Dream Syndicate ist wieder zu rechnen. Foto: Anti/Chris Sikich

Mit ihrem rauen, psychedelischen Gitarrenrock waren The Dream Syndicate in den 80ern Außenseiter - und zugleich Wegbereiter für den Sound des nächsten Jahrzehnts. Doch da hatte sich das Quartett um Steve Wynn bereits aufgelöst.

Die Früchte ihrer Pionierleistung konnte die Underground-Band also nicht mehr gemeinsam genießen. Nun gibt es The Dream Syndicate wieder, weitgehend in 80er-Jahre-Besetzung sogar - mit umjubelten Konzerten und einem fantastischen neuen Album. 

„How Did I Find Myself Here?“ (Anti-) ist nach Wynns Einschätzung erneut eine laute, wilde Platte geworden. „Bewusstseinserweiternd im besten Sinne, eine Droge ohne Drogen. Wie einst bei John Coltrane oder John Lee Hooker - das war für mich schon psychedelische Musik, bevor der Begriff erfunden wurde.“

Tatsächlich kann man sich in den acht teilweise langen Songs auf einem faszinierenden Gitarrenrock-Trip ohne Reuegefühl verlieren. „Es sollte auf keinen Fall eine Art Imitation oder gar Parodie einer Dream-Syndicate-Platte der 80er Jahre sein, sondern der Aufbruch zu etwas Neuem“, betont ein extrem jungenhaft wirkender Steve Wynn (57) im Interview der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Und ich denke, das haben wir geschafft.“ Stimmt.

Der Kalifornier hat mit zahlreichen Alben unter eigenem Namen und mit Bands wie Gutterball, The Miracle 3 oder The Baseball Project noch am ehesten so etwas wie eine solide Indierock-Karriere hingelegt. Für das wiederbelebte Dream Syndicate verpflichtete er seinen jüngeren Kollegen Jason Victor an der zweiten Gitarre, außerdem sind von früher Mark Walton (Bass) und Dennis Duck (Schlagzeug) dabei.

Insgesamt macht das über 200 Lebensjahre - doch man hört es nicht. Die Glut aktueller Tracks wie „Out Of My Head“, „80 West“ oder des in allen Psychedelic-Farben schillernden elfminütigen Titelsongs würde auch jungen Garagenbands zur Ehre gereichen. Neil Young & Crazy Horse, Lou Reed oder The Doors lassen sich als Referenzen heraushören - aber eigentlich ist diese Truppe auch mit ihrem Comeback in einer ganz eigenen Umlaufbahn unterwegs.

Dabei begann der Neustart sehr zurückhaltend, vor fünf Jahren mit einigen Konzerten in Spanien. Wynn war zunächst noch vorsichtig. „Mal ehrlich: Wer kann sich schon an Bands erinnern, deren Platten nach einer Reunion so gut waren wie am Anfang? Wir wollten nur ein paar Konzerte mit den alten Songs spielen und ansonsten schauen, was passiert, dann hat uns die Reaktion der Fans zu mehr motiviert. Das Album soll nun zeigen, dass wir eine relevante Band wie in den alten Zeiten sind.“

Alle acht Songs hat Wynn einzig und allein für The Dream Syndicate geschrieben, „nicht für meine Soloplatten oder für andere Leute. Nur 'Like Mary' schwirrte mir schon ganz lange im Kopf herum, seit den 80ern, ich habe es jetzt wieder aufgegriffen.“

Es gebe nach den Sessions „noch viel mehr neues Material von The Dream Syndicate“, versichert der sichtlich stolze Bandleader. „Genug für ein weiteres Album.“ Angesichts der Klasse von „How Did I Find Myself Here?“ ist das eine sehr erfreuliche Nachricht.

Konzerte von The Dream Syndicate im Oktober: 19.10. Hamburg, Uebel & Gefährlich, 20.10. Bonn, Harmonie, 21.10. Berlin, Festsaal Kreuzberg, 28.10. Zürich, El Lokal

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