Streik bei der Lufthansa: Das müssen Reisende am Mittwoch beachten
Flughafen-Streik
Verdi hat das Bodenpersonal der Lufthansa am Mittwoch zum Streik aufgerufen. Für Reisende bedeutet das: Der Flieger bleibt womöglich am Boden. Diese Rechte haben Urlauber in so einem Fall.
Im deutschen Luftverkehr geht das Chaos weiter. Die Gewerkschaft Verdi hat die rund 20.000 Beschäftigten des Lufthansa-Bodenpersonals für diesen Mittwoch (27. Juli) zu flächendeckenden Arbeitsniederlegungen aufgerufen, um den Druck in den laufenden Tarifverhandlungen zu erhöhen.
Passagiere müssen sich auf erhebliche Einschränkungen gefasst machen. Am Dienstag teilte die Fluggesellschaft mit, dass nahezu alle Flüge in Deutschland am Mittwoch ausfallen werden. Zudem könne es am Dienstag, Donnerstag und Freitag zu Flugabsagen kommen. Wie immer in Streiklagen wird ein Sonderflugplan ausgearbeitet.
Die Gewerkschaft rechnet mit verstärkten Flugausfällen und Verspätungen. Zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen sind ganz unterschiedliche Beschäftigtengruppen wie das Schalterpersonal, Flugzeugtechniker oder die Fahrer der riesigen Schlepper, die Flugzeuge am Flughafen auf die richtigen Positionen schieben. Ohne diese Dienstleistungen können die Jets ebenso wenig abheben wie ohne Piloten oder Kabinenpersonal. Da die Dienste auch anderen Fluggesellschaften außerhalb des Konzerns angeboten werden, sind auch dort Ausfälle möglich, hieß es bei Verdi.
Wann und wo wird gestreikt?
Die Warnstreiks sollen am frühen Mittwochmorgen, 27. Juli, um 3.45 Uhr beginnen und bis Donnerstag, 28. Juli, um 6 Uhr früh andauern. Betroffen sind alle Lufthansa-Standorte: also Frankfurt am Main, Düsseldorf, Köln, Hamburg, München, Berlin, Bremen, Hannover, Stuttgart und Köln.
Zum Streik aufgerufen ist am Mittwoch nur das Lufthansa-Personal. Ein Streik der Pilotinnen und Piloten könnte allerdings schon bald schon folgen – dieser könnte sich über mehr als nur einen Tag ziehen und noch größere Auswirkungen auf Reisende haben. Aber auch am Mittwoch müssen sich Urlauberinnen und Urlauber bei Flugreisen auf Einschränkungen einstellen.
Müssen Reisende mit langen Wartezeiten rechnen?
Nicht nur wegen des Streiks, sondern auch wegen der ohnehin angespannten Personalsituation bei Airlines und Dienstleistern sollten Reisende am Mittwoch viel Zeit einplanen. Aktuell kommt es an vielen deutschen Flughäfen zu langen Wartezeiten beim Check-in sowie den Sicherheitskontrollen.
Besonders betroffen von langen Wartezeiten sind Urlauberinnen und Urlauber, deren Flug zu den Stoßzeiten in den Morgen- oder Abendstunden geht. Damit der Flug rechtzeitig erreicht wird, rät unter anderem der Flughafen Frankfurt Reisenden dazu, mindestens zweieinhalb Stunden vor Abflug am Airport zu sein.
Welche Rechte haben Reisende bei Verspätungen und Flugausfällen?
Bei Annullierungen und Verspätungen von Flügen von mehr als drei Stunden sind Airlines auch bei Streiks in der Pflicht, die betroffenen Passagierinnen und Passagiere auf anderen Wegen an deren Ziel zu bringen. Bei Inlandsflügen können Flugreisende beispielsweise auf Bus und Bahn umgebucht werden.
In diesem Fall sollten Urlauberinnen und Urlauber ihre Zugfahrkarte besser nicht auf eigene Faust kaufen, sondern die Airline den Umtausch abwickeln lassen. Ist die Bahnfahrt teurer als der Flug laufen Reisende so nicht Gefahr, auf dem Differenzbetrag sitzen zu bleiben.
Wer nicht mit Bus und Bahn fahren will oder kann, weil das Reiseziel zu weit entfernt ist, kann sich selbstverständlich auch auf einen anderen Flug umbuchen lassen. Auch hier gilt: besser direkt an die Airline wenden und die Buchung nicht selbst in die Hand nehmen.
Das gilt für Pauschalreisen
Bei Pauschalreisen ist der Reiseveranstalter in der Pflicht, sich um eine alternative Beförderung zu kümmern. Laut der Verbraucherzentrale können Reisende bei einer Verspätung von mehr als fünf Stunden den Reisepreis mindern. Dazu sollte man die Verspätung dem Reiseveranstalter umgehend melden.
Unter bestimmten Umständen ist auch eine Stornierung der Reise denkbar - etwa, wenn sich ein Kurzurlaub durch den Streik erheblich verkürzt.
Haben Reisende Anspruch auf Entschädigung?
Im Fall von streikbedingten Verspätungen oder Flugstreichungen dürfen Reisende nicht immer auf Entschädigungszahlungen hoffen. Bei dem angekündigten Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals am Mittwoch gibt es für betroffene Reisende allerdings gute Nachrichten: Bei einem Streik des eigenen Personals können sich Airlines nicht auf sogenannte „außergewöhnliche Umstände“ berufen, die sich von Entschädigungszahlungen befreien.
Wie hoch die Entschädigung ausfällt, hängt von der Länge der Flugstrecke ab:
- Kurzstrecke bis 1500 Kilometer: 250 Euro pro Person
- Mittelstrecke 1500 bis 3500 Kilometer: 400 Euro pro Person
- Langstrecke über 3500 Kilometer: 600 Euro pro Person
Das entsprechende Formular stellt die Lufthansa auf ihrer Website bereit. Ansonsten können Reisende beispielsweise auch das Musterschreiben des ADAC nutzen.
Erstes Angebot der Lufthansa abgelehnt
Der erste Streik bei Lufthansa nach dem Corona-Schock kommt vor dem Hintergrund eines teilweise chaotisch verlaufenen Neustarts der Branche. Personalengpässe und eine starke Urlaubsnachfrage haben schon ohne Streiks zu erheblichen Abfertigungsproblemen in diesem Sommer geführt. Verdi macht dafür vor allem Missmanagement bei Flughäfen und Airlines verantwortlich.
Die Lufthansa liegt damit mit zweien ihrer drei Gewerkschaften über Kreuz. Bei der „Vereinigung Cockpit“ läuft bereits die Urabstimmung über unbefristete Piloten-Streiks bei den Airlines Lufthansa und Lufthansa Cargo, die am 31. Juli ausgezählt wird. Bei der als sicher eingeschätzten Zustimmung der Stammpiloten wäre die VC ab August voll streikfähig. Das muss nicht automatisch zu einem schnellen Arbeitskampf führen, sondern soll zunächst den Druck auf das Unternehmen in den festgefahrenen Tarifverhandlungen erhöhen.
Stimmung im ganzen Unternehmen aufgeheizt?
Auch die Flugbegleiter-Organisation Ufo berichtet von einer aufgeheizten Stimmung unter ihren Mitgliedern, weil Lufthansa beim Neustart den Bogen überspannt habe. Mit dem jüngst abgeschlossenen „Tarifvertrag Sommer“ hat die Ufo-Tarifkommission aber einen Streikverzicht bis Ende Oktober akzeptiert. Die Kabinengewerkschaft will die grundlegenden Themen im Herbst angehen.
Die permanente Überlastung, die hohe Inflation und ein dreijähriger Lohnverzicht würden die Beschäftigten immer mehr unter Druck setzen, erklärte hingegen Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle. „Sie brauchen dringend mehr Geld und sie brauchen Entlastung - für sich selber und für die Passagiere“, sagte die Verdi-Vize-Vorsitzende. Sie bat die Fluggäste um Verständnis. Man habe frühzeitig über den anstehenden Warnstreik informiert, damit sich die Passagiere darauf einstellen und möglicherweise umorientieren könnten.
Die Lufthansa bezeichnete den geplanten Ausstand als „unzumutbar“ für Kundschaft und Mitarbeitende. Eine Arbeitsniederlegung von dieser Dauer über alle Standorte hinweg könne kaum noch als Warnstreik bezeichnet werden, erklärte Personalvorstand Michael Niggemann laut einer Mitteilung. „Das ist umso unverständlicher, als die Arbeitgeberseite bereits hohe und sozial ausgewogene Vergütungserhöhungen angeboten hat - trotz der nach der Corona-Krise wirtschaftlich für die Lufthansa weiter angespannten Situation, hoher Schuldenlasten und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft.“
Lufthansa hat nach eigenen Angaben bei einer Laufzeit von 18 Monaten eine zweistufige pauschale Gehaltserhöhung um zusammen 250 Euro angeboten, zu der ab Juli kommenden Jahres noch eine gewinnabhängige Steigerung um 2 Prozent käme. Bei einem monatlichen Grundgehalt von 3000 Euro ergäbe sich daraus eine Steigerung von 9 bis 11 Prozent, rechnete das Unternehmen vor.
Deutlich mehr als 12 Euro pro Stunde
Die Gewerkschaft fordert hingegen bei 12 Monaten Laufzeit 9,5 Prozent mehr Geld in den Lohntabellen, mindestens aber 350 Euro. Bei einer Laufzeit von 12 Monaten sollen die unteren Lohngruppen besonders profitieren. Zusätzlich sollten sich alle Stundenlöhne deutlich vom gesetzlichen Mindestlohn absetzen, der im Oktober auf 12 Euro pro Stunde steigt.
Aus Sicht der Beschäftigten scheint die Zeit des allgemeinen Abfertigungschaos günstig, hohe Tarifsteigerungen durchzusetzen. Neben der coronabedingten Lohnpause setzen der Personalmangel sowie der demnächst erhöhte gesetzliche Mindestlohn den Rahmen. In kleineren Haustarifen hat Verdi nach eigenen Angaben an den Flughäfen Düsseldorf und Köln durchgehend zweistellige Lohnerhöhungen durchgesetzt, in der Spitze waren in unteren Lohngruppen sogar über 20 Prozent drin.
RND mit dpa
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