Sonya Yoncheva kam, sang und siegte
Konzerthaus Dortmund
Sonya Yoncheva ist der neue Stern am Opernhimmel. Das Publikum im Konzerthaus Dortmund hörte am Mittwochabend, ob ihre Stimme an die von Maria Callas erinnert.

Wie die junge Callas: Sonya Yoncheva gab mit einer Verdi-Gala ein fulminantes Debüt im Konzerthaus Dortmund. Foto: Coddington © Petra Coddington Fotografenmeist
Ja, sie hat eine Zauberstimme, einen fantastischen Sopran. Und ja, wenn man die Augen schließt, klingt Sonya Yonchevas Stimme tatsächlich so wie die der jungen Maria Callas. Am Mittwochabend riss die 36-jährige Bulgarin im Konzerthaus Dortmund das Publikum mit einer Verdi-Gala von den Sitzen.
Die riesige Stimme war für den Saal fast zu groß
Als Anna Netrebko vor fast 13 Jahren an selber Stelle für ähnlichen Jubel gesorgt hat, war sie zwei Jahre jünger als die Sängerin aus Plowdiw. Sonya Yoncheva ist schon weiter, vor allem als „Traviata“ – vielleicht auch, weil sie die erste Schwangerschaft, die eine Sopranstimme fast immer größer und runder macht, schon hinter sich hat.
Ihr Luxussopran ist voll und rund, fließt wie warmes Öl aus der Kehle, hat eine ungeheure Leuchtkraft und Expressivität. Für den Saal in Dortmund war sie in manchen Arien schon zu groß. Gelegentlich, wie im Flehen der Leonora aus der „Macht des Schicksals“, hätte man sich an diesem stimmstarken Abend in Dortmund mehr leise Zwischentöne gewünscht.
Die beste Traviata der Welt
Seit zwei Jahren ist die Wahl-Schweizerin mit dem riesigen Lungenvolumen der neue Shootingstar der Opernszene. Sie kommt vom Barock, singt jetzt Belcanto mit einem Schmelz, der das Publikum sofort umarmt, und Verdi mit einer umwerfenden Leidenschaft und Dramatik.
Schon die ersten Töne der Arie der Leonore aus dem „Troubadour“ reichten, damit jeder im Saal wusste: Dies ist eine große Stimme mit perfektem Sitz und Präsenz, bei der man sich in den nächsten zwei Stunden sehr gut aufgehoben fühlt.
Die dunkle, farbenreiche Tiefe dieser Stimme, die mühelos ein Mezzo sein kann, ist außerordentlich, und ihr Samtton ist betörend – als Luisa Miller genauso wie als Elisabetta aus „Don Carlo“. Und was für eine Traviata singt die Bulgarin – die wohl beste der Welt, darin sind sich fast alle Kritiker einig. Kaum vorstellbar, dass diese Kurtisane, die ihre Lebensenergie so mächtig aushaucht, eine Schwindsüchtige ist.
Bruder Marin Yonchev segelt ein bisschen im Windschatten des Ruhms mit
Geschenkt, dass die Nordwestdeutsche Philharmonie aus Herford mit dem engagierten Italiener Francesco Ivan Ciampa am Pult nicht das Luxusorchester ist, das die Bulgarin von der Met oder Scala gewohnt ist.
Und verziehen, dass ihr Bruder Marin Yonchev mit kleiner, lyrischer Tenorstimme im Windschatten der großen Schwester segelte. So einen Alfredo aus der „Traviata“ können hiesige Stadttheater auch bieten. Das Ereignis ist Sonya Yoncheva.
Charme beim Signieren
Nach zwei Zugaben, darunter natürlich das „Brindisi“ aus der „Traviata“, verabschiedete sich die Primadonna, die nebenbei noch zwei elegante Roben und viel Charme vorführte. Ihre Fans ließ sie dann allerdings 20 Minuten warten, ehe sie im Konzerthaus-Foyer ihre Verdi-CD signierte.
„Schön, Sie zu sehen. Sie waren ein wunderbares Publikum“, begrüßte sie die Zuschauer, die geduldig in einer langen Schlange auf die Primadonna warten, freundlich lächelnd.
Wahrscheinlich war dieser Auftritt ein einmaliges Vergnügen in Dortmund, denn wenn sich die Karriere der 36-Jährigen weiter so kometenhaft entwickelt, wird das Konzerthaus – wie bei Anna Netrebko – ihre Gage nicht mehr bezahlen können.
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