Slupek übt harte Kritik an laxer Einstellung „Können Luftballon nicht drei Mal hochhalten!“

Slupek übt harte Kritik an laxer Einstellung: „Können Luftballon nicht drei Mal hochhalten!“
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Bereut der zurückgetretene Trainer Marco Slupek sein erneutes Engagement in Mühlhausen, das mit der 2:5-Niederlage gegen Eving Selimiye Spor am Sonntag endete? Das wollen wir ziemlich am Anfang des Gesprächs von Marco Slupek wissen. Der 50-Jährige verneint. „Aber wenn ich gewusst hätte, in welcher Konstellation sich die Dinge entwickeln, hätte ich überlegt“, antwortet Slupek. Damals hätte er kurzfristig zu- oder absagen müssen. Der Club suchte einen Nachfolger des freigestellten Adrian Ruzok. Slupeks Rückkehr auf den Mühlhausener Trainerstuhl „war noch einmal eine Steigerung von dem, was ich schon mal in Mühlhausen erlebt habe.“

Welche Konstellation er genau meint, fragen wir nach: „Der Verein hat in den letzten 18 Monaten 8 Stammspieler verloren. Da waren die zwei nach Königsborn, die vier nach Massen und noch zwei, die aufgehört haben. Die neuen Spieler konnten das nicht kompensieren“, sagt Slupek. Vor allem das Aussortieren von Torjäger David Bernsdorf falle ins Gewicht. „Ohne die Tore von David Bernsdorf würde Mühlhausen in der Tabelle noch hinter Aplerbeck stehen“, sagt der Ex-Trainer.

„Wenn ich so jemanden abgebe, brauche ich adäquaten Ersatz oder bekomme sportlich ein Problem. Und das haben wir vom ersten Tag an bekommen. Man muss mal darüber nachdenken, was falsch gemacht wurde. Ich kenne keine Mannschaft in Deutschland, die in so wenigen Monaten fünf Trainer verschleißt.“

Immer wieder hatte Marco Slupek Kritik an der Mannschaft geübt - und war verbal hart mit ihr ins Gericht gegangen. Slupek spricht von anstrengenden Wochen. Dass der Auftritt beim Aufsteiger Eving nur der Tropfen auf den heißen Stein gewesen sei. „Die erhoffte Wende ist nicht gelungen“, sagt Slupek. Bereits nach dem 2:2 beim Ligaletzten Aplerbeck habe Slupek sich vorgenommen, dass in den nächsten zwei Spielen drei bis vier Punkte hermüssen, er sonst den Weg freimachen würde. „Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt, um noch einmal den Impuls zu setzen“, sagt Slupek.

Slupek hinterfragt Mühlhausen

Er stellte jedoch auch nach seinem Rücktritt die Qualitätsfrage: „Wenn du in der ersten Viertelstunde drei Gegentore bekommst, hat das nichts mit Konzentration oder der Einstellung zu tun.“ Letztere war es aber auch, die Slupek öfter mal kritisierte. „Ich bin unter anderen Voraussetzungen groß geworden. Wenn man unter 25 Leuten im Kader nicht seine Leistung gebracht hat, saß man am Wochenende auf der Tribüne. Heute kommen die Spieler mit bunten Schuhen zum Training, können einen Luftballon nicht drei Mal hochhalten und haben mit 18 Jahren irgendwelche Berater“, ärgert sich Slupek, „das ist kein Fußball mehr, der da in der Bezirksliga gespielt wird. Das ist Breitensport. Jeder, der den Ball auf dem Bolzplatz hochhalten kann, kann da rumkicken.“

Er spricht von einer anderen Generation als seiner eigenen. Und einem Buch, das er über Gründe für Absagen vom Training seiner Spieler schreiben könnte. Als Slupek im Januar 50 wurde, habe er seine Feier mit rund 40 Gästen verschoben, um ein Trainingslager zu realisieren. Dass die meisten Spieler sich etwas anderes vorgenommen hätten und nur sieben Feldspieler kamen, sei frustrierend gewesen.

„Du fühlst dich als Trainer machtlos, weil du auf die Spieler sonntags angewiesen bist, die sich von Dienstag bis Freitag versetzt haben und die die Mannschaft im Stich gelassen haben“, so Slupek - erst recht, wenn Spieler bereits mit anderen Klubs verhandeln. „Wenn ich fünf Spieler mit Abwanderungsgedanken in der Startelf habe, wer wirft sich denn da kurz vor Schluss noch in einen Schuss rein? Sie sind sowieso nächste Saison bei einem anderen Verein.“

Slupek sagt, was er denkt

Dass Slupek ein Trainer ist, der offen sagt, was er denkt, ist ihm bewusst. „Ein ehemaliger Trainer sagte mal zu mir: Gib nie einem Esel das Gefühl, ein Rennpferd zu sein. Daran halte ich mich. Warum soll ich einem Spieler sagen, wie toll er ist, wenn er unter Defiziten leidet?“ Mittlerweile ist der SSV Mühlhausen seit zehn Spielen ohne Sieg. „Die Mannschaft hat nur eine Chance“, findet Slupek, „dass sie kapiert, was los ist.“ Gegen Wethmar (16. April) und Körne (30. April) sowie in Geisecke (21. Mai) müsste der SSV mindestens sieben Punkte einfahren.

Marco Slupek und Dirk Eitzert betrachten das Spielfeld.
Marco Slupek und Dirk Eitzert (l.) diskutieren beim Heimspiel gegen BW Alstedde. © Reith

Der Ex-Trainer möchte nach den Strapazen nun freie Zeit genießen, sich Zeit für seine Hobbys nehmen. Dazu gehört auch ein Fahrzeuganhänger, von dem er und seine Frau bei Veranstaltungen Waffeln und Kaffee servieren. „Und ich werde wieder Harley fahren“, erzählt er. Slupek besitzt gleich zwei gut erhaltener Bikes. Bequemer als auf dem Trainerstuhl in Mühlhausen hat er es im Motorradsattel allemal.

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