Sirenenalarm in NRW Warntag erfolgreich - Handy-Warnung erreichte jedoch nicht alle

Sirenenalarm in NRW: Was die Warntöne bedeuten und wie die Handy-Warnung ablief
Lesezeit

Um 11 Uhr wurde es heute laut in NRW. Dann sind bundesweit in allen Städten und Gemeinden die Sirenen überprüft worden. Knapp 5700 Sirenen wurden am Warntag allein in NRW getestet. Seit 2018 findet der Warntag in NRW jährlich statt – zuletzt vor drei Monaten, am 8. September 2022.

Neben der Überprüfung der Sirenen ist das Ziel der Warntage, die Bevölkerung auf eine mögliche Gefahrenlage vorzubereiten und das Bewusstsein für die unterschiedlichen Warnmittel und -töne zu erhöhen. Das Proben für den Ernstfall sei sehr wichtig und diene der Sicherheit, so NRW Innenminister Herbert Reul vor dem zweiten Warntag. „Nur wer regelmäßig übt, weiß, welche Rädchen dann ineinandergreifen müssen und erkennt, wo es noch hakt.“

Eine erste positive Bilanz zum Warntag zog BBK-Präsident Ralph Tiesler am frühen Nachmittag. Das System habe gut funktioniert, dennoch gebe es womöglich „an der einen oder anderen Stelle Verbesserungsbedarf". Zahlreiche Nutzer beklagten nämlich, keine Warnung auf ihrem Mobiltelefon erhalten zu haben. Auch die stellvertretende Unionsfraktionschefin Andrea Lindholz (CSU) äußerte deutliche Kritik: „Eine flächendeckende Warnung der Bevölkerung sieht anders aus. Trotz des neuen Warnmittels Cell Broadcast wurden erhebliche Teile der Bevölkerung wieder nicht erreicht.“

Neben den Sirenen wurde die Bevölkerung auch über Warn-Apps, Radio und Fernsehen sowie über digitale Werbetafeln oder Verkehrsinformationssysteme gewarnt. Die Apps "Nina" und "Katwarm" versendeten per Push-Benachrichtigung Warnmeldungen an die Nutzer. Um 11:45 Uhr erfolgte dann auch wieder eine Entwarnungs-Mitteilung über die Apps.

Cell Broadcast: Alarm auf dem Handy kam nicht überall an

In diesem Jahr ist erstmals auch das neue Warnsystem Cell Broadcast getestet worden. Dabei werden Warnungen über das Mobilfunknetz übermittelt. Pünktlich um 11 oder bei manchen Nutzern, sogar schon ein, zwei Minuten vorher klingelten zahlreiche Handys. Ein schriller Ton über mehrere Sekunden ertönte dann, gefolgt von einer Textnachricht auf dem Bildschirm. Ein Reporter hat das Alarm-Konzert um 11 Uhr live begleitet.

Die Warnmeldung als Screenshot.
So sah die Warn-Nachricht des Cell Broadcast Systems auf vielen Handys aus. © Katharina Rieger

Auf vielen Handys aber eben nicht auf allen kam die Handy-Warnung an. Denn das Cell Broadcast System ist noch lange nicht mit allen Handys kompatibel. Und das obwohl eine Internetverbindung oder Warn-Apps für das Empfangen nicht erforderlich sind. Theoretisch kann jedes Smartphone, das in einer Funkzelle im deutschen Mobilfunknetz eingewählt ist, eine Warnmeldung als Textnachricht erhalten. Auch eine Mitteilungs-App muss nicht installiert oder geöffnet werden, da der Warntext ohne Zusatz-Anwendung auf dem Bildschirm erscheint. Und doch funktioniert die Cell Broadcast Technologie bislang nur auf Smartphones mit den neusten Betriebssystemen.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte über das neue Warnsystem: „Cell Broadcast in den Mix aus Warnmitteln aufzunehmen und damit auch den positiven Erfahrungen in zahlreichen Ländern zu folgen, war eine richtige und wichtige Entscheidung.“

Aus Sicht von Vodafone war der erste Test des neuen Katastrophen-Warnsystems Cell Broadcast „ein voller Erfolg“. Das Unternehmen teilte mit: „Wir werden nun alle Erkenntnisse aus dem Warntag auswerten und für die weitere Optimierung des neuen Warnsystems bis zum Start des Regelbetriebs in 2023 nutzen. Dann sollen auch mehr ältere Endgeräte in das Warnsystem einbezogen werden als heute bei der ersten Testwarnung.“

Zahlreiche Telekom-Kunden berichteten hingegen, dass sie keine Warnung erhalten hatten. Das Unternehmen räumte indirekt Probleme ein. „Mit dem heutigen Probelauf sehen wir, dass so ein Tag sehr wichtig für uns alle ist“, schrieb das Unternehmen auf Twitter. „Dafür ist der heutige Tag (...) gedacht. Fehler finden & analysieren, damit im Ernstfall alle erreicht werden.“

https://tools.pinpoll.com/embed/223310

Experte: Großteil kann Sirenensignale nicht unterscheiden

Dass jeder Bürger die verschiedenen Sirenentöne einordnen und verstehen kann ist ebenso wichtig wie das Funktionieren der anderen Warnkanäle. Nach Einschätzung von Bevölkerungsschützer Uwe Krischer vom Deutschen Roten Kreuz NRW könne das ein Großteil der Bevölkerung nämlich nicht.

Künftig solle die Sirene eigentlich nur noch eine "Weck-Funktion" erfüllen, sagte Krischer zu der Problematik. Sie müsse die Leute "wachrütteln, aufrütteln und aufmerksam machen". Der nächste Schritt wäre dann, dass Radio oder den Fernseher einzuschalten oder eine Warn-App aufzurufen, um genauere Informationen zum notwendigen Verhalten zu bekommen.

Sirenenalarm in NRW: Das bedeuten die unterschiedlichen Warntöne

Hier lernen Sie, wie die einzelnen Warntöne klingen und was sie bedeuten. Die Sirenensignale bestehen aus drei Tönen:

  • Warnung: Ein an- und abschwellender Dauerton ca. 1 Minute bedeutet "Warnung". Dieser Sirenenton kann auf Gefahren wie Hochwasser, Großbrände, Bombenentschärfungen Unwetter oder Chemieunfälle hinweisen. Bei diesem Signal sollen die Menschen schützende Gebäude aufsuchen, Fenster und Türen geschlossen halten, Ruhe bewahren und das Radio einschalten.
  • Entwarnung: Ein Sirenen-Dauerton von einer Minute bedeutet "Entwarnung".
  • Alarmierung der Feuerwehr: Drei Sirenen-Dauertöne binnen einer Minute bedeuten „Alarmierung der Feuerwehr“ – etwa bei größeren Einsatzlagen sowie bei Ausfall der Alarmierungsmöglichkeiten über individuelle Funkmeldeempfänger.

https://tools.pinpoll.com/embed/212768

Bundesweiter Warntag 2020: "fehlgeschlagen"

Den ersten bundesweiten Warntag gab es am 10. September 2020. Dabei ging jedoch einiges schief. Warn-Apps hatten erst eine halbe Stunde später Warnungen herausgegeben und auch die Sirenen waren an vielen Orten nicht zu hören. Auch Warnungen über Radio und Fernsehen kamen verzögert. Grund dafür waren "technische Probleme". Wäre dies tatsächlich ein Ernstfall gewesen, wären viele Bürger erst viel zu spät informiert worden. Aus diesem Grund hatte das Bundesinnenministerium den Probealarm damals als "fehlgeschlagen" bezeichnet.

Eine Mitteilung der Notfall-Informations- und Nachrichten-App "Nina" auf einem Smartphone.
Warn-Apps wie NINA und KATWARN sendeten die Mitteilung 2020 viel zu spät. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Der bundesweite Warntag heute, am 8. Dezember 2022, ist jedenfalls erfolgreicher verlaufen, auch wenn es immer noch Lücken gibt. „Der heutige Warntag war ein großer bundesweiter Testlauf für die Warnsysteme - und ein wichtiger Schritt für weitere Verbesserungen im Bevölkerungsschutz“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Faeser kündigte zudem weitere Maßnahmen an, um die Menschen besser auf Krisenlagen vorzubereiten. Ab 2023 werde es einen jährlichen „Bevölkerungsschutztag“ geben. „An diesem Bevölkerungsschutztag können wir für Schutzmaßnahmen des Staates, aber auch für die Vorsorge, die jeder selbst treffen kann, werben.“

Um das Warnnetz, insbesondere bezüglich des neuen Cell Broadcast Kanals, aber auch das Sirenennetz, jedoch weiter auszubauen und zu optimieren, setzt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) auch verstärkt auf Feedback der Bevölkerung. In einem Fragebogen sollen Menschen über ihre Erfahrungen am Warntag 2022 berichten. Die Umfrage dauert 5-10 Minuten, ist anonym und auf dieser Seite abrufbar. Ergebnisse dazu sollen spätestens im Januar vorliegen.

Sirenen in der Region

In Dortmund sind im September 32 Sirenen worden. Am bundesweiten Warntag im Dezember sollen rund 50 Sirenen getestet worden sein. Der Ausbau des Sirenensystems dauert, weil es schwierig sei, geeignete Standorte für Sirenen zu finden, berichtete Feuerwehrsprecher Andre Lüddecke. Diese Karte zeigt, wo mittlerweile überall Sirenen in Dortmund stehen.

Karte von Dortmund mit roten Markierungen, wo die Sirenen stehen.
An diesen Standorten stehen die 32 Sirenen im Dortmunder Stadtgebiet. © Stadt Dortmund

In Haltern beispielsweise heulten im September 18 Sirenen, weitere sieben hat die Stadt danach im Stadtgebiet installiert. In Castrop-Rauxel gibt es an 16 Standorten Sirenen. Eigentlich wollte die Stadt bis 2021 auf 28 Sirenen aufgerüstet haben, doch der Ausbau stockt. In Recklinghausen heulten 23 Sirenen, damit vier mehr, als beim Warntag im September. Auch hier sollte es bereits über 30 Sirenen sein, bis 2023 soll das Sirenennetz dann fertig sein. Das Sirenennetz im Kreis Recklinghausen befindet sich generell noch im Aufbau. Diese Karte zeigt die verschiedenen Sirenenstandorte im Kreis Recklinghausen und der Stadt Gelsenkirchen.

Bis Anfang der 1990er-Jahre gab es ein flächendeckendes Sirenennetz des Bundes, das ursprünglich die Bevölkerung vor möglichen Luftangriffen warnen sollte. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde das Sirenennetz jedoch aufgegeben. Nur wenige Kommunen haben die Anlagen daraufhin übernommen, was zum Abbau vieler Sirenen geführt hat. Inzwischen werden viele Anlagen wieder von den Kommunen installiert. Der Aufbau läuft aber in einigen Kommunen schleppend.

mit dpa

NINA, Warnwetter, Katwarn – die besten Warn-Apps in der Übersicht

Cell Broadcast kam heute beim Warntag zum Einsatz: So funktioniert die Handy-Warnung

Bundesinnenministerium bezeichnet Probealarm als „fehlgeschlagen“ - erste Erklärungen

Probealarm: 32 Warn-Sirenen werden Donnerstag in Dortmund getestet

Probealarm in Dortmund – Warum an vielen Orten nichts zu hören war

Warntag zeigt Lücken im Dortmunder Sirenen-Netz – Feuerwehr kündigt Ausbau an

Stadt Haltern installiert im September sieben neue Sirenen

Sirenen-Ausbau geriet ins Stocken: Rote Flecken auf Castrop-Rauxeler Karte