
Aus einem Sachstandsbericht im Sommer 2021 stammt diese Karte. Die grünen Flecken zeigen fertiggestellte Sirenenstandorte, die roten geplante. Vor allem Ickern ist ein "tauber" Fleck. © Stadt Castrop-Rauxel
Sirenen-Ausbau geriet ins Stocken: Rote Flecken auf Castrop-Rauxeler Karte
Katastrophenfall
Der Sirenen-Warntag hat den Beweis erbracht: In Castrop-Rauxel erreicht der Alarm nicht alle Haushalte. Die roten Flecken auf der Karte sind beträchtlich. Dabei sollte doch 2021 alles fertig sein.
Wenn der Katastrophenfall einträte, könnte man in Castrop-Rauxel nicht alle Haushalte über den Sirenenalarm erreichen. Das war bekannt, aber der Sirenen-Warntag betätigte das in der vergangenen Woche eindrücklich. Warum gibt es noch so viele rote oder taube Flecken in der Stadt? Wir hakten nach.
Stand August 2022 gibt es 16 Sirenen in Castrop-Rauxel. Nicht 13, wie wir vergangene Woche berichteten, sondern 16 Exemplare stehen auf Dächern verteilt im Stadtgebiet. Das sind drei mehr, aber weit weniger, als es eigentlich sein sollten: Bis Ende 2021 wollte die Stadt 28 Sirenenstandorte neu aufgerüstet haben. Nun wird es auch mit Ende 2022 knapp.
In den 1990er-Jahren, als der Kalte Krieg endete, gab der Bund das Warnsirenen-System auf, das recht flächendeckend in Deutschland über Telefonleitungen aktiviert werden konnte. In Castrop-Rauxel, wo einst über 70 Sirenen installiert waren, schrumpfte das Netz auf zwei aktive und funktionstüchtige Sirenenstandorte.
Seit 2015 aber hat sich der Trend gedreht: Das Land NRW wollte das flächendeckende und energie-autarke Warnsystem zurück. Denn was ist, wenn stadtweit der Strom, das Mobilfunknetz und alles andere ausfällt? Wie erreicht man dann noch die Menschen mit Warnungen? Am einfachsten über Sirenen.

Solche Sirenen stehen auf vielen öffentlichen Gebäuden im Stadtgebiet. Diese ertönt bei einem Alarm in Dingen. © Tobias Weckenbrock
Ausbau geht „je nach Verfügbarkeit an Material“ weiter
So gab es eine Anschubfinanzierung aus Landesmitteln und einen kommunalen Ausbauplan, der bis 2021 das Netz mit neuer digitaler Technik wieder aufbauen sollte. Und was sagt die Stadt nun, im Herbst 2022, dazu? „Der Ausbau weiterer Standorte geht je nach Verfügbarkeit an Material fortlaufend weiter“, antwortet Stadtsprecher Michael Nickel auf eine Anfrage unserer Redaktion.
„Leider lässt sich aber derzeit aufgrund der bereits aufgeführten Umstände kein verlässlicher Zeitpunkt einer kompletten Fertigstellung nennen.“
Und was sind die Gründe? „Zum einen waren zwischenzeitlich bei einigen Standorten weitergehende Prüfungen bzw. Änderungen zur Bauausführung erforderlich, die zu einer zeitlichen Verzögerung geführt haben“, erklärt Nickel. „Zum anderen tragen die weiter andauernden erheblichen Störungen der globalen Lieferketten und der Mangel an elektronischen Bauteilen, Stichwort Chipmangel, zur Verzögerung bei.“
Das sind die Faktoren für die Verzögerungen
Störungen der globalen Lieferketten, seit Februar herrschende Probleme durch den Ukraine-Krieg und volle Auftragsbücher bei gleichzeitigem Fachkräftemangel im Handwerk: „Das macht leider auch beim Ausbau der Sirenensysteme nicht halt“, so Nickel.

Aus einem Sachstandsbericht im Sommer 2021 stammt diese Karte. Die grünen Flecken zeigen fertiggestellte Sirenenstandorte, die roten geplante. Vor allem Ickern ist ein "tauber" Fleck. © Stadt Castrop-Rauxel
Ickern, der Bereich rund um den Stadtmittelpunkt, Pöppinghausen, Becklem: Die blinden Flecken liegen in manchen dicht besiedelten Bereichen ebenso wie im Außenbereich. So gibt es nun eine Ausbauliste, die nach Prioritäten erst Ickern und dann den Rest vorsieht:
- Turnhalle an der ehemaligen Hauptschule Uferstraße / Ickern-End
- Gärtnerunterkunft an der Friedhofstraße / Ickern
- Marktschule Ickern (Denkmalschutz, ggf Ausweich-Standort auf privatem Gebäude in der Nähe)
- Gesamtschule Ickern / Aapwiesen
- Rathaus (Umsetzung im Denkmalschutz)
- EUV, Westring
- Kita Swabedoo Grüner Weg / Obercastrop
- Hans-Christian-Andersen-Schule / Deininghausen, Dresdener Str. 20-22
- Center Pöppinghausen
- Kindergarten Waldstraße (Becklem)
- Bürgerzentrum Marienschule, Johannesstraße Merklinde
- Grundschule Am Busch / Habinghorst/Ickern (hier wird wegen baulicher Probleme ein Alternativstandort gesucht)
Der Ausbau von 28 Sirenenstandorten, die 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung mit dem Alarm erreichen sollen, kostet nach früheren Kalkulationen rund 340.000 Euro. Der Rest der Fläche soll mit drei mobilen Sirenen beschallt werden können, die schon beschafft wurden. 60.000 Euro Anschubfinanzierung kamen vom Land.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
