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SG Massen wirft Stammspieler raus, der zum VfR Sölde wechselt: „Verhalten ist eine Vollkatastrophe“
Fußball
Ein Stammspieler wechselt von Massen nach Sölde – trotz Zusage. Das ärgert die Massener so sehr, dass sie den Spieler rausschmeißen. Die Antwort von Söldes Trainer Marco Nagel hat es in sich.
Fußball-Bezirksligist SG Massen hat einen Spieler aus dem Kader gestrichen, der offenbar zum Ligakonkurrenten VfR Sölde wechselt. Massen-Chef Roman Spielfeld ist verärgert, erhebt schwere Vorwürfe an die Sölder und wirft dem VfR Doppelmoral vor.
Alles dreht sich um die Personalie Timo Harbott, Schlussmann bei der SG Massen, die aktuell in der Bezirksliga Tabellendritter ist. In Gesprächen mit Trainerteam und dem Sportvorstand vor gut vier Wochen hatte Harbott den Massenern versprochen, in der neuen Saison an Bord zu bleiben. Als dritter Kapitän und Führungsspieler war es nicht ganz unbedeutend für die Planungen der SGM. Nun offenbarte Harbott am Montag in einem Telefongespräch mit Spielfeld, dass er in der neuen Saison seine Stiefel ausgerechnet für den Ligakonkurrenten VfR Sölde schnüren wird, der aktuell die Bezirksliga-Tabelle anführt.

Timo Harbott (r.) bei einem Testspiel im September an der Auswechselbank. © Schürmann
„Charakterlich ist das Verhalten von Timo eine Vollkatastrophe und er hat uns alle komplett ge- und enttäuscht. Es traf uns wie der Blitz aus heiterem Himmel und ich bin menschlich schwer enttäuscht von ihm. Auch von Spielern erwarte ich ein gewisses Maß an Verantwortungsgefühl gegenüber dem eigenen Verein“, schäumte Abteilungsleiter Roman Spielfeld noch Stunden nach der Mitteilung.
Roman Spielfeld geht mit Timo Harbott hart ins Gericht
„Von daher haben wir uns entschlossen, ihn mit sofortiger Wirkung freizustellen. Dies haben wir ihm am Dienstagabend vor dem Training mitgeteilt“, erklärte Spielfeld. „Wir sind am Ende froh, dass Timo sein wahres Gesicht gezeigt hat, und Spieler mit solch einem Charakter wollen wir hier nicht haben und denen bieten wir auch keine Plattform für ein weiteres halbes Jahr bis zum Saisonende.“
Nach dem Rapport am Dienstagabend äußerte sich auch der Torhüter selbst. Die Reaktion könne Harbott verstehen, teilte er mit. „Ich hatte in Massen zugesagt, das stimmt. Dann kam überraschenderweise noch ein Gespräch zustande mit Marco Nagel. Da war ich hin- und hergerissen, habe mir Gedanken gemacht und musste dann auch aus dem Bauch heraus entscheiden. Ich habe mich dann für Sölde entschieden und auch für eine Absage meiner Zusage, was natürlich nicht okay ist. Das ist nicht die feine englische Art und eigentlich auch nicht meine Art. Das schlechte Gewissen ist definitiv da“, sagte Harbott, der schon für Mühlhausen, Langschede und Holzwickede II gespielt hat.
So kommt in die übernächste Partie der SGM beim VfR Sölde neben der aktuellen Tabellensituation (Erster gegen Dritter) noch zusätzliche Brisanz. Der bisherige Torwart des VfR, Stephane Preuß, wird den Verein aus beruflichen Gründen verlassen. Doch auch die Verantwortlichen des VfR Sölde, Trainer Marco Nagel und der Sportliche Leiter Patrick Kunze, kommen bei Spielfeld nicht gut weg.

Roman Spielfeld: „Scheinbar gibt es Fairness für den VfR Sölde nur in eine Richtung und zwar in die eigene. Ich kann mich noch sehr gut an das Wehklagen der Sölder erinnern, als Andreas Heiß trotz Zusage beim VfR zum Ligakonkurrenten HSC II gewechselt ist.“ © Sebastian Reith
Für Roman Spielfeld sei es ein unerklärliches und erbärmliches Verhalten gegenüber anderen Vereinen, einen Spieler eines Vereins anzusprechen, der nachweislich bei seinem bisherigen Verein verlängert hat und im Wort steht, und ihn zum Wortbruch zu bewegen. „Scheinbar gibt es Fairness für den VfR Sölde nur in eine Richtung und zwar in die eigene. Ich kann mich noch sehr gut an das Wehklagen der Sölder erinnern, als Andreas Heiß trotz Zusage beim VfR zum Ligakonkurrenten HSC II gewechselt ist“, so Spielfeld.
Sölde ärgerte im August der Weggang von Andreas Heiß
Damals war Andreas Heiß kurz vor dem Ende des Transferfensters von Sölde nach Holzwickede gewechselt. Marco Nagel sagte damals: „In den vergangenen Wochen haben ja mehrere Vereine gezeigt, dass sie über Leichen gehen. So will und so werde ich nicht handeln. Die machen einen Spieler einfach zum Vertragsamateur und umgehen damit bestehende Vereinbarungen. Natürlich gehört auch ein Spieler dazu, der das mitmacht oder sogar forciert.“ Nagel sagte damals weiter: „Na klar, heißt es dann immer, der Spieler wollte wechseln. Wenn ein tolles Angebot kommt, gehen sie. Ohne Rücksicht auf Verluste.“

Marco Nagel lässt die verbalen Attacken aus Massen nicht auf sich sitzen und rechtfertigt das Vorgehen. © Schürmann
Im Fall Harbott bezog Marco Nagel Stellung und konterte im Gespräch mit der Redaktion die Vorwürfe aus Massen: „Die SG Massen sollte, wenn sie im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen. Massen hat unseren Ersatztorhüter Jan Strotmann angesprochen, der auch schon zugesagt hatte.“
Worauf Roman Spielfeld antwortete: „Wir hatten ein kurzes Telefonat, in dem es darum ging, ob sich Jan Strotmann einen Wechsel zur SGM vorstellen könnte. Strotmann teilte mir dann aber mit, dass er beim VfR Sölde im Wort steht. Damit war für uns das Thema durch.“
Nagel gab zu, dass der VfR Sölde nach dem angekündigten Abschied von Stephane Preuß mehrere Torhüter kontaktiert habe. „Darunter war auch Timo, weil ich ihn schon nach Sölde holen wollte, bevor er nach Massen gegangen ist“, sagte Nagel, der jedoch nicht gewusst habe, dass Harbott schon zugesagt hatte.
Torwart Timo Harbott bestätigte, dass er schon vor zwei Jahren Kontakt zu Sölde hatte. „Es ist damals ein attraktiver Verein gewesen und ist es heute immer noch. Damals habe ich abgesagt und bin nach Massen gewechselt“, sagte er.
Harbott hat Sölde zugesagt, obwohl er Massen zugesagt hatte
Als Nagel erfuhr, dass Harbott für die kommende Saison schon zugesagt hat, habe er Harbott schon absagen wollen. „Ich habe gesagt: Alles klar, dann bin ich zu spät“, so Nagel. Doch dann sei Harbott auf ihn mit einem eindringlichen Wechselwunsch zugekommen. „Er ist dann aus unterschiedlichen Gründen doch bei uns gelandet“, sagte Söldes Trainer, ohne ins Detail zu gehen.
„Durch Freunde ist ein größerer Bezug zu Sölde entstanden. Ich habe außerdem noch nie im Dortmunder Raum gespielt, immer nur im Unnaer Raum. Ich sehe das als kleine neue sportliche Herausforderung, auch die großen Turniere wie Stadtmeisterschaft und Hecker-Cup mitzuerleben. Ich bin 28 Jahre alt und weiß nicht, ob ich die Chance noch einmal kriege. Das hat mich zum Wechsel bewegt“, begründete Harbott.
An seine Worte aus dem August 2021 erinnert sich Nagel auch noch gut. Warum hat er Harbott dann nicht final abgesagt? „Vielleicht hätte ich das tun sollen. Aber er wollte unbedingt mal bei den Dortmunder Stadtmeisterschaften und dem Hecker-Cup spielen. Vielleicht muss man manchmal auch einfach an sich und seinen eigenen Verein denken, auch wenn es nicht die feine Art ist“, sagte Nagel. Auf jeden Fall liegt viel Brisanz in der Luft vor dem übernächsten Spieltag, wenn es zum Gipfeltreffen zwischen Sölde und Massen kommt.
Sportler durch und durch, der auch für alle Sportarten außerhalb des Fußballs viel übrig hat. Von Hause aus Leichtathlet, mit einer Faszination für Extremsportarten, die er nie ausprobieren würde. Gebürtig aus Schwerte, hat volontiert in Werne, Selm, Münster und Dortmund.

Ist mit seiner Kamera gerne und viel unterwegs im Kreis Unna – vor allem auf den Sportplätzen, aber auch als Blaulichtreporter.
