Ruhrgebiets-Kommunen leiden unter RWE-Verlusten

Aktien und Dividende

Der angeschlagene RWE-Konzern bereitet den kommunalen Aktionären zunehmend Sorgen. In den vergangenen drei Jahren ist die Dividende pro Aktie von 3,50 auf einen Euro gesunken. Allein Dortmund bekommt dadurch Jahr für Jahr circa 50 Millionen Euro weniger von RWE als noch 2010, ebenso die Stadt Essen. Und mit einer möglichen Kapitalerhöhung drohen den Städten weitere Probleme.

von Benedikt Reichel

ESSEN/DORtMUND

, 05.03.2014, 18:21 Uhr / Lesedauer: 2 min
RWE produziert einen Großteil seines Stroms mit konventionellen Kohlekraftwerken wie hier in der Nähe von Rommerskirchen. Das treibt das Unternehmen in die Roten Zahlen und bereiten den kommunalen Aktionären Sorgen.

RWE produziert einen Großteil seines Stroms mit konventionellen Kohlekraftwerken wie hier in der Nähe von Rommerskirchen. Das treibt das Unternehmen in die Roten Zahlen und bereiten den kommunalen Aktionären Sorgen.

Jetzt lesen

Nach der bereits angekündigten Dividendenkürzung auf einen Euro pro Aktie droht nun auch noch eine Kapitalerhöhung, um Investitionen zu finanzieren oder sich vor einer Übernahme zu schützen. Zähneknirschend wollen die kommunalen Aktionäre einem entsprechenden Vorratsbeschluss zustimmen, um den Energiekonzern auf Kurs zu halten. "Das ist dann noch keine Kapitalerhöhung, es kann aber zu einer führen", sagt Essens Kämmerer Lars-Martin Klieve. Mit einem einfachen Aufsichtsratsbeschluss könnte RWE dann mehr Aktien auf den Markt werfen, um zusätzliche Gelder einzusammeln.

Jetzt lesen

 "Diese Verwässerung des Kapitals ist letztlich auch eine weitere Dividendenkürzung", sagt Manfred Busch, Kämmerer der Stadt Bochum. Und: Sind mehr Aktien auf dem Markt, verlieren die Kommunen zugleich an Einfluss. Mehrere kommunale Aktionäre – zum Beispiel die Städten Dortmund, Essen, Mülheim und Bochum – haben sich in der RW Energie-Beteiligungsgesellschaft (RWEB) zusammengeschlossen. Gemeinsam halten sie so mehr als 15 Prozent der RWE-Aktien und haben eine Sperrminorität, können also bestimmte Unternehmensentscheidungen verhindern. "Wir sind bereits jetzt nur knapp über den 15 Prozent", sagt Manfred Busch. Mit einer Kapitalerhöhung würde der Anteil weiter gedrückt. Denn, dass die Städte weitere Aktien kaufen, um die 15-Prozent-Grenze zu halten, "ist kaum zu erwarten", sagt Busch und ergänzt mit Blick auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens: "Das könnte man keinem erklären."

Bei weniger als 15 Prozent der Aktien geht die Sperrminorität verloren. Zudem müssten die Städte dann plötzlich Gewerbe- und Kapitalertragssteuer auf ihre RWE-Erlöse abführen, "für jeden Euro Dividende etwa 17 bis 18 Cent", sagt Hendrik Dönnebrink von der Beteiligungsholding der Stadt Mülheim. In Dortmund erwartet man in diesem Fall Belastungen in einem "deutlich siebenstelligen Bereich", sagt Bernd Winkelmann, Sprecher der Dortmunder Stadtwerken.  Strittig ist unter den Kommunen, ob sich die RWE-Einnahmen mit Verlusten in anderen Bereichen verrechnen lassen, sodass unterm Strich keine Abgaben anfallen würden. "In diesem Fall kämen wir mit einem blauen Auge davon", sagt Dönnebrink. Andernfalls müsste Mülheim knapp zwei Millionen Euro an Steuern auf die RWE-Dividende zahlen, Bochum etwa 1,2 Millionen Euro, Dortmund zwischen drei und vier Millionen. Die Dortmunder halten die Verrechnung mit Verlusten für nicht machbar und warnen energisch vor einer Kapitalerhöhung.

Das diese kommt, sei aber "gar nicht so unwahrscheinlich", sagt Essens Kämmerer Lars-Martin Klieve. Er spricht sich dafür aus, dass die Aktionärsstädte in diesem Fall alles versuchen sollten, um ihren Anteil von 15 Prozent zu halten. "RWE ist nicht irgendein Unternehmen in der Region, sondern ein wichtiger Arbeitgeber", so Klieve. Der Einfluss sei gerade für Städte mit RWE-Standorten wie Dortmund oder Essen wichtig. In Bochum fragt sich Kämmerer Manfred Busch hingegen, ob eine Beteiligung an RWE weiter sinnvoll ist. Man müsse die Frage nach dem strukturellen Wert der Aktie stelle, sagt er. Bereits vor sieben Jahren hatte er die 6,8 Millionen Bochumer RWE-Aktien mal verkaufen wollen. Damals hatten sie noch einen Wert von fast 500 Millionen Euro – heute sind es nur noch 170 Millionen.  

Geplante Dividendenkürzung
Zwar muss die angekündigte Dividendenkürzung noch genehmigt werden, doch das scheint eine Formalie zu sein. Selbst die Kommunen, die dadurch deutlich weniger Geld bekommen als zuvor, wollen zustimmen. Im Vergleich zur Dividende 2012 verliert Dortmund circa 19 Millionen Euro, in Essen sind es 18,7 Millionen in Mülheim 10 und in Bochum knapp 7 Millionen Euro weniger. Problem: Die RWE-Einnahmen waren in den auf Kante genähten Haushalten der Kommunen zumeist fest eingeplant. Sie müssen jetzt an anderen Stellen mehr Geld einsparen.