Kampf um Stimmen an den Laternen und im Internet
Bundestagswahl in Recklinghausen
Der Kampf um die Wählerstimmen für die Bundestagswahlen hat jetzt auch auf der Straße begonnen. Wie wichtig sind heute noch Wahlplakate? Das sagen Kandidaten und Wähler.

Wahlplakate an der Hertener Straße. © Oliver Kleine
Sechs Wochen sind es bis zur Bundestagswahl. Und das bedeutet, dass jetzt auch in Recklinghausen Wahlplakate aufgehängt werden dürfen. Die Parteien hatten sich nämlich vor der Kommunalwahl darauf geeinigt, die Straßenränder erst sechs Wochen vorher mit Plakaten zuzupflastern und diese spätestens zwei Wochen nach der Wahl wieder einzusammeln. Dies wurde inzwischen vom Stadtrat als Satzung beschlossen. Damit gilt dies also auch jetzt vor der Bundestagswahl am 26. September in Recklinghausen.
MLPD war wieder besonders früh unterwegs
Die ersten, die mit dem Start am 15. August die Laternenmasten in der Innenstand reihenweise belegten, waren wieder einmal die Wahlkämpfer der MLPD. Inzwischen hängen aber auch die ersten Köpfe und Slogans der Parteien, die größere Chancen auf den Einzug in den Bundestag oder ins Kanzleramt haben. Auf eine Begrenzung der Zahl hat man sich bislang aber nicht geeinigt.
Die Linke würde die Zahl der Plakate gerne begrenzen
Erich Burmeister von der Linken ist für weniger Plakate im Stadtbild. „Wir haben vor der Kommunalwahl einen Antrag gestellt, die Plakate zu reduzieren.“ Burmeister würde es begrüßen, wenn die Stadt wieder die Aufstellung von Großplakaten regelt, um Wildwuchs und Chaos einzudämmen. Die örtlichen Linken haben 150 Plakate in den Größen A0 und A1 bestellt. Mit dem Aufhängen soll aber frühestens in der nächsten Woche begonnen werden.
Grüne halten andere Medien für wichtiger
Die Grünen hätten entschieden, die Zahl ihrer Plakate zu reduzieren, erklärt Fraktionsvorsitzender Holger Freitag. Aus Kostengründen und weil andere Wege zunehmend wichtiger würden. „Wir sind der Überzeugung, dass nicht mehr diese Wirkung wie früher von den Plakaten ausgeht. Immer wichtiger werden soziale Medien, Podcasts“, sagt Freitag. Zusätzlich zu Großplakaten der Bundespartei haben die örtlichen Grünen 250 Plakate der Größe A2 geordert. „Wir würden uns freuen, wenn man sich auf eine allgemeine Reduzierung einigen könnte.“ Früher habe die Stadt selbst Plakatwände aufgestellt, da seien den Parteien Flächen zugeteilt worden. „Das war ein gutes System.“

Wahlplakate am August-Schmidt-Ring. © Oliver Kleine
SPD-Kandidat Anhänger des traditionellen Wahlkampfs
Ein Anhänger des klassischen Wahlkampfs ist nach eigener Aussage der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe. „Ich finde, dass ein traditioneller Wahlkampf sein muss. Und dazu gehören Plakate.“ Nicht alle Wähler seien im Internet zu erreichen. Die Plakate seien eine Anregung, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Schwabe ist nicht für eine Reduzierung wie beispielsweise in Waltrop „Da sieht man gar nicht, dass Wahlkampf stattfindet. Das finde ich falsch.“
CDU setzt auf eigene Großflächenplakate
Neben zehn Großflächenplakaten der Bundespartei stellt die örtliche CDU acht eigene mit ihrem Kandidaten auf. „Damit wollen wir Michael Breilmann aus Castrop-Rauxel hier bekannter machen.“ Auch Fraktionschef Benno Portmann sieht die neuen Medien als immer wichtiger an. „Deshalb sind wir zurückhaltend bei der Plakatierung. Aber ganz abhaken kann man das nicht. Es gibt auch Bürger, die sind nicht bei Facebook. Und sonst wäre ja auch im Stadtbild gar nicht erkennbar, dass Wahlkampf ist.“ Wohltuend findet Portmann, dass die Stadt nicht schon länger vor der Wahl voller Plakate hängt.
FDP ist für Gespräche über eine Reduzierung offen
„Wir wollen nicht alles zukleistern, aber wir müssen auch präsent für die sein, die nicht in den sozialen Medien unterwegs sind“, erklärt FDP-Kandidatin Marlies Greve. Insgesamt hängt der Stadtverband an rund 150 Standorten kleinere Plakate auf. „Ich würde mich bereit erklären, gar nichts mehr zusätzlich zu den Großplakaten aufzuhängen. Es muss mal ein Gespräch zwischen den Parteien stattfinden. Eigentlich wollen wir doch alle keinen großen Müll mehr produzieren.“
Und das sagen Bürger
Benedict Bösing findet es nach wie vor wichtig, die Bürger auch im Stadtbild über die Wahl zu informieren. „Für mich ist es aber nicht relevant. Ich informiere mich im Internet.“

Dominik Fröhlich. © Oliver Kleine
Dominik Fröhlich hat noch nie viel von den Wahlplakaten gehalten. „Da stehen nur Plattitüden drauf. Ich weiß nicht, ob sich davon jemand beeinflussen lässt. Ich informiere mich im Internet.“

Yvonne und Lara Asmussen. © Oliver Kleine
Yvonne Asmussen findet, dass es noch wichtig ist, Plakate aufzuhängen. „Es gibt auch viele ältere Bürger, die nicht online unterwegs sind. Hauptsache, sie werden nach der Wahl zügig wieder abgenommen.“
Lara Asmussen ist Erstwählerin: „Von Plakaten werde ich nicht so angesprochen. Ich bin viel in den sozialen Netzwerken. Da wird auch für die Wahl geworben. Da schaue ich schon eher hin, als auf ein Plakat, das an einer Laterne hängt.“
Ordnungsamt wacht über die Einhaltung der Regeln
Über die Einhaltung der Satzung zur Wahlwerbung wacht das Ordnungsamt. Tabuzonen für Wahlplakate gibt es nur wenige: jeweils einen Zehn-Meter-Radius um Straßenkreuzungen, auf dem Rathausvorplatz und – am Wahltag – an und in den Gebäuden, in denen sich ein Wahlbüro befindet. An Straßenlaternen und Bäumen dürfen die Parteien weiterhin Plakate mit Kabelbindern befestigen, an Ampelmasten und den Masten von Verkehrsschildern nicht. Bringt eine Partei ihre Plakate zu früh an oder lässt sie zu lange hängen, könnte ihr eine Rechnung des Ordnungsamtes ins Haus flattern.