Rainer Wendt als Polizist bezahlt aber nicht gearbeitet
Kritik und Empörung
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), soll aus NRW-Landesmitteln jahrelang als Polizist bezahlt worden sein, aber nicht als Polizist gearbeitet haben. Das sorgt für Empörung - auch bei der konkurrierende Polizeigewerkschaft. Der jeweilige NRW-Innenminister sei darüber aber immer informiert gewesen, stellte er klar.

Der Bundesvorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, erhält eine Besoldung als Hauptkommissar, obwohl er diese Tätigkeit nicht ausübt.
Kurz bevor er aus dem nordrhein-westfälischen Polizeidienst ausscheidet, räumte Rainer Wendt räumte laut ARD-Politikmagazin "Report München" ein, er bekomme eine Besoldung als Hauptkommissar, obwohl er diese Tätigkeit nicht ausübe. Nach Wendts Angaben waren sowohl der aktuelle NRW-Innenminister Ralf Jäger als auch dessen Vorgänger Ingo Wolf (FDP) darüber informiert.
Der 60-Jährige hatte nach Auskunft des NRW-Innenministeriums Ende Februar einen Antrag auf vorzeitigen Ruhestand gestellt, dem das Land entsprochen habe. Über das vorzeitige Ausscheiden von Wendt aus dem Polizeidienst hatte auch die "Rheinische Post" (Freitag) berichtet. Er bleibe aber Bundesvorsitzender der Gewerkschaft, sagte Wendt der Zeitung.
Faktische statt offizieller Freistellung
Nach Angaben des NRW-Innenministeriums war er bereits vor mehr als zehn Jahren faktisch vom Dienst freigestellt worden, um sich der Gewerkschaftsarbeit widmen zu können. Wendt sagte im Interview von "Report München", dass durch seine Besoldung die Arbeit der DPolG unterstützt werden sollte, da diese bei den Personalratswahlen nicht genug Stimmen bekommen hatte, um zu erreichen, dass Personalräte offiziell freigestellt werden. Das Innenministerium hat sich auf die Fahne geschrieben, Gewerkschaftsarbeit im Allgemeinen zu unterstützen.
Wendt wurde dem Bericht zufolge im Jahr 2010 vom Polizeipräsidium Mönchengladbach ins Landesamt für Polizeiliche Dienste in Duisburg versetzt und dort zum Hauptkommissar befördert. Der Beamte hatte nach eigenen Angaben eine Teilzeitstelle auf der Basis von 28 Wochenstunden, berichtet "Report" weiter. "Natürlich arbeite ich dort nicht aktiv", sagte Wendt dem Magazin.
Stattdessen widmete er sich seiner Tätigkeit für die DPolG mit Sitz in Berlin, deren Bundesvorsitzender er seit dem Jahr 2007 ist und die ihm eine Aufwandsentschädigung bezahle. Wendt war nach Angaben des Ministeriums zuvor und drei Jahre parallel der Landesvorsitzende der Gewerkschaft in NRW. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezahlt ihren Landesvorsitzenden aus eigener Tasche.
Reaktionen auf den Fall
"Große Töne spucken - aber mit der Wahrheit auf Kriegsfuß", kritisierte der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner am Samstag auf Twitter.
Tja, der Herr Wendt von der Polizeigewerkschaft - nicht von der richtigen GDP ;-) - große Töne spucken aber mit der Wahrheit auf Kriegsfuß.
— Ralf Stegner (@Ralf_Stegner)
Der Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow schrieb, ihm falle dazu das Kinderbuch "Die Raupe Nimmersatt" ein.
Warum nur, warum nur, fällt mir da das Kinderbuch ein: "die Raupe Nimmersatt" https://t.co/m7H4i6WUQH
— Bodo Ramelow (@bodoramelow)
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Der wohl lauteste Mahner für mehr Law and Order nimmt es in eigener Sache wohl nicht so genau." Doch auch die Besoldungs- und Freistellungspraxis des nordrhein-westfälischen Innenministeriums müsse hier hinterfragt werden. "Es braucht jetzt maximale Transparenz und Aufklärung in dieser Sache."
Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Frank Tempel, forderte weitergehende Konsequenzen. "Wenn das so stimmt, dann wäre der Straftatbestand der Untreue zu prüfen, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Und die Untreue geht von dem aus, der das Geld auszahlt und die Auszahlungen legitimiert, also vom nordrhein-westfälischen Innenminister."
„Wir nehmen die aktuelle öffentliche Debatte zum Anlass, die bisherigen Regelungen zu überprüfen und mit den betroffenen Gewerkschaftsvorsitzenden und den Dienststellen zu sprechen. Eine faktische Freistellung wie bei Herrn Wendt wird es für die Zukunft nicht mehr geben“, erklärte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums am Samstagabend. Der innenpolitische Sprecher der Linken in NRW, Jasper Prigge, teilte mit, Wendt habe mehrere hunderttausend Euro aus der Landeskasse NRW erhalten, ohne dafür eine Gegenleistung als Polizeibeamter zu erbringen. Eine rechtliche Grundlage für diese Zahlungen sei nicht zu erkennen. Die Sache sei damit ein Fall für den Staatsanwalt und ein politischer Skandal.
Auch konkurrierende Gewerkschaft äußert sich
Die „rechte“ Deutsche Polizeigewerkschaft sei zu Lasten der wesentlich größeren DGB-Gewerkschaft GdP gestärkt worden. „Dass Wendts Propagandashow durchweg von der SPD/Grünen-Landesregierung in NRW finanziert wurde, ist mehr als schäbig“, so Prigge.
Sprecher der Duisburger und der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft wollten sich zu dem Vorgang am Samstag nicht äußern. Wendt soll offiziell beim Duisburger Landesamt der NRW-Polizei beschäftigt gewesen sein.
„Wir bezahlen unseren Landesvorsitzenden selbst und das ist auch richtig so, um kein Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber entstehen zu lassen“, sagte der NRW-Landesvorsitzende der konkurrierenden Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert. Er lasse sein Amt als Polizist seit 2012 ruhen, sagte Plickert.
von dpa