Protest gegen Englisch-Prüfung in NRW hat Erfolg
Schulministerium lenkt ein
Der Protest gegen die Zentrale Abschlussprüfung der zehnten Klassen in Englisch hat Erfolg: Das Schulministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat eingelenkt und die am meisten kritisierte Aufgabe aus der Bewertung genommen. Außerdem gibt es für Lehrer und Schüler auch noch andere Möglichkeiten die Noten aufzubessern.

Aufzeigen und fragen wie im Unterricht ging nicht: Die Zentrale Abschlussprüfung im Fach Englisch brachte am vergangenen Donnerstag viele Schüler zur Verzweiflung.
Regelrecht unter Schock standen tausende Schüler, als sie am Donnerstag bei der Zentralen Abschlussprüfung der zehnten Klassen im Fach Englisch die Aufgaben sahen - und hörten. Die Kritik ging quer durchs ganze Land NRW und bezog sich vor allem auf eine Aufgabe im Hörverstehen zu einer Rede von Prinz Harry und eine Interpretationsaufgabe.
Die Online-Petition eines 16-jährigen Schülers aus Bergisch-Gladbach für eine Wiederholung der Englisch-Klausur für den Mittleren Abschluss an Real- und Gesamtschulen hatte bis Dienstagmittag knapp 45.000 Unterstützer. Auch Lehrer und Schulleiter unterstützten den Protest. Der Online-Petition zur Wiederholung der Prüfung hatten sich auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der den Realschulen nahe stehende Verband Lehrer NRW angeschlossen.
So hat das Schulministerium entschieden
Jetzt lenkt das Schulministerium ein: "Wir haben das Bewertungsraster neu aufgestellt", sagte ein Sprecher des Schulministeriums am Dienstagmittag. Teile der am meisten kritisierte Aufgabe zum Hörverstehen - das betreffe die Rede von Prinz Harry" - würden dazu aus der Bewertung ganz herausgenommen, teilte das Ministerium am Dienstag mit. Sollten Schüler diese Aufgabe dennoch richtig gelöst haben, bekämen sie Bonuspunkte.
Außerdem erhielten die Lehrer einen größeren Spielraum bei der Bewertung der Prüfungsergebnisse, sagte der Sprecher. Das beziehe sich auch auf die Interpretation. So sollen auch eigene, andere Interpretationen bei der Schreibaufgabe gelten können - nicht nur die Musterlösung.
Wer will, soll die Klausur aber auch freiwillig nachschreiben können. "Das geht allerdings nur nach der Beratung durch einen Fachlehrer", so der Sprecher des Ministeriums. Denn diese Option kann sich schnell als Fallstrick herausstellen: Die Nachschreibeklausur steht schon und sei laut Schulministerium vom Niveau der ursprünglichen Klausur gleichzusetzen. Ist also im Zweifel ebenfalls sehr anspruchsvoll.
Rede in Tonstudio neu eingesprochen
Vielen Schülern ging es am Donnerstag so, wie dem 16-jährigen Yannick Schallenberg aus Castrop-Rauxel. Und Yannick ist ein wirklich guter Englischschüler, mit einem „sehr gut“ auf dem Halbjahreszeugnis.
Doch auch er verzweifelte an Prinz Harrys Rede. „Die Rede in Südafrika war akustisch einfach nicht zu verstehen, da war so ein Echo drüber gelegt“, erzählt der Schüler der Janusz-Korczak-Gesamtschule. Während er sich durch die Prüfung kämpfte, weinten hinter ihm schon einige Mitschülerinnen verzweifelt. Ein Albtraum für jeden Schüler.
Dass die Rede schlecht zu verstehen gewesen sei, war im Schulministerium nicht nachzuvollziehen. "Es handelte sich nicht um den Orginalausschnitt der Rede von Prinz Harry, sondern die Rede wurde von einem professionellen Sprecher in einem Tonstudio nachgesprochen", sagte der Sprecher. "Grundsätzlich ist diese Aufgabe als sehr anspruchsvoll empfunden worden", drückte sich der Sprecher vorsichtig aus.
Tausende Schüler betroffen
Auffallend war, dass offenbar sogar Kinder von Eltern mit englischer Muttersprache Vokabeln der Prüfung nicht kannten und die Fragestellung nicht verstanden haben. Ein Problem, das auch Yannick Schallenberg hatte. „Die Fragen waren einfach nicht so formuliert, dass man sie hätte richtig lösen können.“
Die Kritik bestätigen zahlreiche Lehrer und Schulleiter in ganz Nordrhein-Westfalen. Auch Lambert Suwelack, Leiter der St.-Ursula-Realschule in Dorsten, bestätigte die Probleme mit dem ersten Teil der Aufgabe. Die St.-Ursula-Realschule gehört zur Arbeitsgemeinschaft der katholischen Realschulen im Bistum Münster, die sich zusammengeschlossen hätten und auf dem Dienstweg die Probleme mit der Abschlussprüfung angemerkt hatten.
"Die Schüler waren ziemlich geschockt", sagte der Schulleiter. Auch für Schulleiter Bernd Hinke von der Anne-Frank-Realschule in Düsseldorf ist die Sache klar: „Die Prüfung war zu schwer“, sagte er der Rheinischen Post.
Die ZAP-Note fließt zu 50 Prozent in die Abschlussnote der Schüler für das jeweilige Fach ein. Für Yannick Schallenberg und die anderen Zehntklässler geht es also um viel. Für die einen möglicherweise um die Qualifikation für die Oberstufe, für die anderen um ihren Ausbildungsplatz. „Ich habe eine Stelle gefunden, aber natürlich erwartet mein Arbeitgeber ein genauso gutes Zeugnis wie mein Bewerbungszeugnis vom Halbjahr“, sagte der Schüler. „Wie soll ich denn erklären, dass ich von Englisch 1 auf 3 gerutscht bin?“
Kein Wunder, dass dem 16-Jährigen nun ein Stein vom Herzen fiel. "Nachschreiben werde ich die Prüfung ganz bestimmt nicht", sagte er. Aber er hofft jetzt auf eine halbwegs gute Note. "Ich bin froh, dass das Ministerium eingesehen hat, um wie viel es bei den Schülern hier geht."