Pixelprojekt wagt den ehrlichen Blick auf Revier
Ausstellung in Gelsenkirchen
"Gedächtnis des Ruhrgebiets" wurde um 150 Fotos erweitert. Doch Menschen sind daruf selten zu sehen.

Typischer Anblick: Karsten Faltinski hat die Garagenhöfe des Ruhrgebietes fotografiert.
Immer mehr Fotografen vermeiden es, Menschen auf der Straße abzulichten. Der Grund sind juristische Bedenken. "Bildverwerter haben Angst, dass jemand auf sein Recht am Bild pochen könnte", sagt Peter Liedtke, der Leiter des Pixelprojektes Ruhr. Fatale Folge: Die völlig ungestellten Aufnahmen, wie sie etwa der Fotograf Chargesheimer nach dem Zweiten Weltkrieg im Ruhrgebiet gemacht hatte, würden heute wohl kaum noch entstehen.
Chargesheimer und Böll
Und das wäre ein herber Verlust. Denn Chargesheimers Serie "Im Ruhrgebiet", entstanden während einer Reise mit Heinrich Böll, ist einer der Höhepunkte der Ausstellung "Neuaufnahmen 2015/16" des Pixelprojektes Ruhrgebiet im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Allein Chargesheimers Bild von Kommunionkindern ist ein nostalgischer Hochgenuss: Weiße Kleidchen, aufwendiger Kopfputz, und Vati trug sogar Zylinder. Peter Liedtke ist stolz darauf, dass das Rheinische Bildarchiv Köln der Aufnahme dieses legendären Fotos ins Pixelprojekt zugestimmt hat.
Aber auch zeitgenössische Künstler drängen zuhauf in das renommierte Projekt, das als "Gedächtnis des Ruhrgebietes" gilt. 108 Bewerbungen hatte die Jury zu sichten. 21 Serien mit 150 Fotos sind in Gelsenkirchen zu sehen. Zum Schmunzeln verführen die "Garagenhöfe der 1950/1960er Jahre" von Karsten Faltinski. Wer kennt sie nicht, die Hinterhöfe mit den bunten Blechschachteln fürs Auto?
Trist und trostlos
Oft genug gilt allerdings das Motto "Bonjour, Tristesse", was die Schau sehr ehrlich macht. Entgegen aller Beschwörungen ist das Unionviertel in Dortmund immer noch streckenweise trostlos, wie Eisenhart Keimeyer mit seiner Fotoserie beweist. Drei Serien dokumentieren den Abbruch von Duisburg-Bruckhausen.
Ein leichter Hauch von Wehmut liegt auch über der Duisburger "Kohleninsel", die Andreas Langfeld von 2010 bis 2013 fotografiert hat. Noch während dieser Zeit erfuhren die melancholisch dreinblickenden Mitarbeiter, dass dieser Bereich des Hafens nicht länger gebraucht werden würde.
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