Wenn Städte und Gemeinden Straßen ausgebaut haben, dann mussten sie bislang die Anwohner an den Kosten anteilig beteiligen. In reinen Wohnstraßen zahlten die Anlieger einen sehr hohen, in Straßen mit einer gewissen Erschließungsfunktion auch für andere Teile der Stadt einen geringeren Anteil. Doch egal, wie hoch der Anteil auch war, die Beiträge waren sein vielen Jahrzehnten ein Ärgernis für die Anwohnerinnen und Anwohner, die zur Kasse gebeten wurden.
De facto hat die nordrhein-westfälische Landesregierung diese Anliegerbeiträge bereits 2018 abgeschafft. Seither übernimmt sie die von Anwohnern zu leistenden Beiträge. Mit den entsprechenden Förderprogrammen haben man, so teilte das NRW-Bauministerium mit, seit 2018 bis heute Grundstückseigentümer um 75,1 Millionen Euro für Straßenausbaumaßnahmen entlastet.
Jetzt soll es eine endgültige Lösung geben. Dazu hat die Landesregierung vor wenigen Tagen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die generelle Abschaffung der Anliegerbeiträge zum 1. Januar 2024 vorsieht. Er soll in den nächsten Wochen vom Landtag beschlossen werden, damit das Gesetz auch mit dem neuen Jahr in Kraft treten kann.
Anliegerversammlung vor dem Ausbau nicht mehr verpflichtend
„Der Gesetzentwurf führt ohne Umwege geradeaus zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Bürgerinnen und Bürger bekommen volle Rechtssicherheit und der Aufwand der Kommunen wird reduziert“, lobt Bauministerin Ina Scharrenbach den von ihr vorgelegten Gesetzentwurf.
Was die Ministerin in der Pressemitteilung ihres Ministeriums allerdings verschweigt, sind einige Details, die bei Bürgerinnen und Bürgern mancherorts gar nicht gut ankommen werden. Bislang ist es so, dass die Stadt oder Gemeinde vor dem Ausbau einer Straße die Anwohner zu einer Versammlung einladen musste. Das war gesetzliche Pflicht. Dabei mussten die Ausbaupläne vorgestellt und mit den Bürgern diskutiert werden.
In solchen Anliegerversammlungen ging es in der Vergangenheit immer wieder hoch her. Über die Art der Pflasterung wurde dabei ebenso heftig gestritten wie über Fragen wie „Wo kommt ein Pflanzbeet hin?“, „Wie viele Parkbuchten werden angelegt und wo?“, „Warum muss der Baum ausgerechnet vor meinem Fenster stehen?“ oder „Kann die Straßenlampe nicht vor meinem Haus aufgestellt werden statt beim Nachbarn zwei Häuser weiter?“
Die Kommune musste den in solchen Versammlungen geäußerten Ideen, Anregungen und Vorschlägen zwar nicht folgen, in vielen Fällen aber ließen sich mit kleinen Kompromissen und Planänderungen aufgebrachte Gemüter beruhigen.
Es wird auch Bürokratie abgebaut
Solche Anliegerversammlungen kann es zwar auch weiterhin geben, verpflichtend sind sie allerdings nicht mehr. Die Kommune kann sich die mit erheblichem Vor- und Nachbereitungsaufwand verbundenen Anliegerversammlungen einfach sparen. Die Räte der Städte und Gemeinden können dann alleine entscheiden, wo wie was gebaut wird.
Auch ein Straßen- und Wegekonzept muss künftig nicht mehr erstellt werden. All das ist zwar auch eine Form des Bürokratieabbaus, aber: Vielen betroffenen Anwohnern dürfte es nicht gefallen, dass sie nicht mehr gehört werden, wenn es darum geht, wie Straßen und Wege vor ihrer Haustür aussehen sollen.
Aber das neue Gesetz hat auch einen sicherlich von allen begrüßten Effekt, denn: Es wird auch Bürokratie abgebaut, die niemand vermissen wird. So entfällt beispielsweise die bisher geltende Pflicht, für jeden Straßenausbau eine eigene Satzung zur Erhebung der Anliegerbeiträge aufzustellen. Dagegen werden sicherlich weder die Beamten im Rathaus noch die Bürgerinnen und Bürger protestieren.
Das Geld, das den Städten und Gemeinden künftig durch die wegfallenden Anliegerbeiträge fehlen wird, wird ihnen vom Land erstattet.
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